Donnerstag, 26. Juli 2007

Ist Zazen-Praxis eine bestimmte Art der Meditation?

Zazen-Praxis ist nach Meister Dôgen und Meister Nishijima keine gedankliche Meditation im Geist, sondern es ist ganzheitliches Handeln in der Haltung des halben oder ganzen Lotussitzes mit gestrecktem Rücken und ohne Vorstellungen und Begriffe. Die Zazen-Praxis ist vor allem keine Konzentration auf etwas Bestimmtes.
Bei dieser Zazen-Paxis in der richtigen Sitzhaltung entsteht ein inneres und äußeres Gleichgewicht im Hier und Jetzt, bei dem die üblichen Gedanken, Begriffe und Vorstellungen verschwinden und, wie Meister Nishisjima immer wieder betont, das vegetative Nervensystem ins Gleichgewicht kommt. Zazen ist in dieser Form die erste Erleuchtung und nur das Sitzen selbst (Shikantaza). Es ist nicht die Konzentration auf ein bestimmtes Thema, ein Bild, auf Gefühle oder auf einen spirituellen Inhalt. Zazen-Praxis ist also keine Meditation.
Allerdings werden auch im Zen-Buddhismus einige Formen der Meditation, also bestimmte Konzentrationsübungen praktiziert. In diesem Zusammenhang sind drei verschiedene Arten zu nennen: Die Konzentration auf den Atem, die Konzentration auf das Zählen und die Arbeit an einem Koan, also an jenen paradox formulierten Fragen, die typisch für die Rinzai-Linie sind. Wir wollen im Einklang mit Meister Dôgen und Meister Nishijima dies jedoch nicht als Zazen-Praxis bezeichnen, sondern es dem Oberbegriff der Meditation zuordnen. Denn bei diesen Übungsformen werden geistige Inhalte bearbeitet, es sind also Konzentrationsübungen, so dass Dogen auch von „Konzentrations-Zen“ spricht, das er aber nicht dem Zazen zuordnet.
In der Dogen-Sangha soll mit Zazen-Praxis nur das Sitzen im Gleichgewicht ohne unterscheidendes und begriffliches Denken genannt werden. Meister Dôgen hält diese Übungspraxis für zentral im Buddhismus und dies entspricht auch seiner eigenen Erfahrung, da ihm nach eigenen Aussagen bei der Theorie und den oben genannten Formen des Zen der Kern des Buddhismus leider verschlossen blieb.
Erst als er nach intensiven vergeblichen Versuchen zunächst in Japan und dann in China seinen eigenen Meister Tendo Nyojo fand und dieser ihn die wahre Zazen-Praxis lehrte, war seine Suche nach der Wahrheit im Buddhismus am Ziel angelangt. Er sah es als seine große Aufgabe an, diesen wahren Buddhismus der Zazen-Praxis nach Japan zu bringen und auch genau zu beschreiben. Uns heutigen Menschen stehen damit neben dem möglichst engen Kontakt zu einem wahren Meister die beiden wesentlichen buddhistischen Bereiche der Zazen-Praxis und der buddhistischen Lehre, vor allem in den Werken von Gautama Buddha, Nagarjuna und Dôgen mit "Die Schatzkammer des wahren Dharma-Auges" (Shôbôgenzô) zur Verfügung. Wie Meister Nishijima immer wieder in aller Klarheit betont, sind diese beiden Bereiche wesentlich, um Buddhist zu werden und zu bleiben, nämlich die tägliche Zazen-Praxis und das genaue Studium der Schriften von Meister Dôgen.
Die Zazen-Praxis ist umfassend in Dogens erstem schriftlichen Werk: "Allgemeine Richtlinien zum Zazen" (Fukan-Zazen-Gi) sowie im Shôbôgenzô niedergelegt. Darin bezeichnet er Zazen als

"das Tor des Friedens und der Freude zum Dharma", als das "Nicht-Denken"

und er beschreibt genau die richtige Sitzhaltung im halben oder ganzen Lotussitz mit gestrecktem Rücken. Wir erleben und erfahren dann, dass wir

"Körper und Geist fallen lassen",

also die einengenden üblichen Vorstellungen von unserem individuellen Körper und Geist überschreiten und uns so befreien. Ein solches Zazen sei der "König" der Zazen-Praxis oder des Samadhi. Wir sollten uns dabei daran erinnern, dass gerade die körperlichen Merkmale der Zazen-Praxis von maßgeblicher Bedeutung sind und dass es sich auf keinen Fall um rein geistiges Schauen, Vorstellen oder Konzentrieren handelt (siehe auch die Kapitel hierzu unter http://gudoblog-d.blogspot.com/).
Die Praxis des Zazen wird leider im Westen im Gegensatz zu dem oben Gesagten häufig der Meditation zugeordnet. Eine solche Meditation und Konzentration mag sicher ihren eigenen Wert haben, ist aber keine Zazen-Praxis.
Zusammenfassend gilt, dass die Zazen-Praxis im Sinne von Meister Dôgen und Nishijima keine Meditation ist, also keine Vorstellung oder Konzentration, sondern sie ist Handeln als ganzheitliches Zazen-Sitzen im Hier und Jetzt.
Dann wird die Trennung von Subjekt und Objekt aufgehoben und es verwirklicht sich die Einheit mit dem Universum. Dies ist die erste Erleuchtung und eine Übungspraxis von unschätzbarem Wert.