Sonntag, 22. März 2009

Zuflucht zu den drei Schätzen Buddha, Dharma und Sangha (Teil 2)

Kloster Kosho-ji in Japan

Dogen sagt am Anfang des Kapitels:
"Im westlichen Himmel (Indien) und im östlichen Land (China) haben die buddhistischen Vorfahren im Dharma in aller Klarheit die hohe Verehrung für Buddha, Dharma und Sangha authentisch übermittelt. Wenn wir nicht Zuflucht zu ihnen nehmen, verehren wir sie nicht, und wenn wir sie nicht verehren, können wir zu ihnen nicht Zuflucht nehmen."
Damit fasst er den Kern dieses Kapitels zusammen und betont das klare und vorbehaltlose Bekenntnis zu diesen drei Schätzen des Buddhismus. Wer sich nicht klar für sie entscheidet, bleibt schwankend und vergeudet wertvolle Kräfte durch Unsicherheit und Zweifel. Dogen betont, dass der Wert dieser Zuflucht in jedem Alter, an jedem Ort und in jedem Land wirksam ist. Wir sind dadurch auf dem Weg zum Erwachen und zur Erleuchtung und stärken die notwendige Ausdauer, um täglich und ausdauernd Zazen zu praktizieren. Er sagt weiter:

"Auch wenn es sich ereignet, dass wir von schlechten Freunden geführt werden und (starke) Widerstände durch die Dämonen erleiden, sodass wir zeitweise zu einem Menschen werden, der seine guten Wurzeln abschneidet ..., werden wir schließlich die guten Wurzeln erneut entwickeln, deren Verdienste sich herausbilden werden."

Die Zuflucht zu den drei Juwelen ist in den 16 Bodhisattva-Gelöbnissen enthalten und bildet dort den Anfang. Dies ist also die Grundlage für die Weiterentwicklung auf dem buddhistischen Weg überhaupt.

Dogen vergleicht dies mit einem guten Panzer, der uns im Kampf und in den Gefahren des Lebens schützt, sodass wir vor schweren Verletzungen bewahrt werden. Obgleich der Buddhismus eine Religion der Emanzipation und Entwicklung zur Eigenständigkeit ist, haben Hingabe und Vertrauen in den Buddha-Dharma und einen wahren Lehrer eine zentrale Bedeutung für die positive Entwicklung. Hingabe darf aber nicht mit Unterwerfung und Unselbstständigkeit verwechselt werden.
Leider gibt es jedoch einige buddhistische Lehrer und „Meister“, die genau dieses verlangen und mit Bestrafung und Belohnung bei ihren Anhängern versuchen, dies durchzusetzen. Dies sind aber Fehlentwicklungen, die am Wesentlichen des Buddhismus vorbeigehen und ihn in sein Gegenteil verkehren.

Dogen unterstreicht, dass die drei Schätze sinnvoll und ausreichend für den Weg des Buddha-Dharma sind und dass sie für die eigene Entwicklung genau diejenige Unterstützung und Hilfe bringen, die wir benötigen. Weitere Bereiche der Zuflucht seien nicht erforderlich. Er wiederholt, dass der Dharma auch das Gesetz des Universums, also die Wirklichkeit selbst, bedeutet, und dass es wichtig ist, dass wir uns an diesem Gesetz orientieren und danach leben. Der Sangha ist die harmonische und unterstützende Gruppe, ohne die der grundlegende Lernprozess nach der Lehre des Buddhismus nur schwer zu leisten ist.

Der erste Sangha bildeten die Gefährten Gautama Buddhas aus der Zeit der Askese, die zunächst Buddha verachteten, weil er aus ihrer Sicht der Härte der Askese nicht mehr gewachsen war und versagt habe. Nach seiner Rückkehr bemerkten sie allerdings sofort seine großartige und strahlende Wandlung und wurden seine ersten Schüler.

Die drei Schätze sollen nach Dogen praktisch erfahren und verstanden werden, sollen also nicht im theoretischen Bereich verbleiben, sondern das ganze Leben des Menschen im Alltag durchdringen und umgestalten. Nishijima Roshi betont in aller Klarheit, dass der wahre Buddhismus sich im Alltagsleben verwirklicht und nicht als ideeller geistiger oder esoterischer Bereich isoliert entwickelt werden kann.

Im Lotus-Sutra werden die Menschen bedauert, die zu ihren Lebzeiten keine Kenntnis von den drei buddhistischen Schätzen haben, ihnen nicht begegnen und bei der Suche nach der Wahrheit und dem Sinn ihres Lebens auf vielen Irrwegen herumtasten. Dogen schätzt das Lotus-Sutra außerordentlich und hält es für "den großen König" der Sûtra und Schriften überhaupt. In ihm sei die Wahrheit genau und praxisnah beschrieben. Die meisten anderen Sûtra behandeln nämlich Teilbereiche oder geben kaum praktische Hilfen für den Buddhaweg.
Wie bereits erwähnt bedeutet Zuflucht nicht das Fliehen vor der Welt in einsame Gegenden, in tiefe Wälder oder in die Berge, denn eine solche Zuflucht sei nicht konstruktiv und habe keinen positiven Wert. Dogen zitiert Gautama Buddha dazu:

"Es ist nicht möglich, sich durch ein solches Streben nach Zuflucht von den vielen Arten des Leidens zu befreien."

Er warnt, dass die Menschen dem Druck der Welt entfliehen und sich zu den verschiedenartigsten Gottheiten und Dämonen in der Hoffnung bekennen, dort Schutz und Hilfe zu erhalten. Eine solche Zuflucht sei der falsche Weg und würde zumindest längerfristig schaden und Abhängigkeiten erzeugen, die gerade nicht zur Befreiung führen können.