Dienstag, 20. November 2007

Goethes Faust und die vier Lebensphilosophien des Buddhismus

Tempelwächter in Datong

Bei einem kürzlichen Besuch in Tokyo erklärte mir Nishijima Roshi , dass er Goethes Faust außerordentlich schätzt und dass er in seiner ersten größeren Veröffentlichung im Jahr 1975 beschrieben hat, wie er die vier buddhistischen Lebensphilosophien aus dem großen Werk die Schatzkammer des wahren Dharma-Auges (Shôbôgenzô) von Dôgen in Goethes Faust wieder entdeckte. Goethe ist in der Tat ein ganz außergewöhnlicher Mensch, Handelnder, Dichter und wenn man so will, auch Philosoph des Westens, der sich kaum in eine der Hauptströmungen des westlichen Geistes und insbesondere der Philosophie einordnen lässt. Es ist sicher bekannt, dass Goethe im Japan der heutigen Zeit eine ganz hohe Wertschätzung entgegen gebracht wird und dass vor allem der „Faust“ wohl zu den bekanntesten Werken der westlichen Dichtung zählt. Nishijima Roshi sagte mir auch, dass er mit seinen Deutsch-Kenntnissen den Faust in deutscher Sprache gelesen habe, und ich ihm daher eine CD besorgte, in die er regelmäßig hineinhört.
Goethe war zweifellos ein umtriebiger Mensch, Dichter und Denker, der auch in der praktischen Politik als Minister Verantwortung trug und sich außerordentlich für Naturwissenschaften interessierte und durch damals extreme Naturerlebnisse, wie zum Beispiel die Besteigung des Brockens im Harz, bekannt wurde. Er hat zeit seines Lebens am Faust gearbeitet und umformuliert und seine verschiedenen Lebensphasen dort eingebracht. Bevor wir auf die von Nishijima Roshi herausgearbeiteten vier Lebensphilosophien aus dem Shôbôgenzô eingehen, wollen wir uns noch einmal kurz den Inhalt des Faust vergegenwärtigen.

Ganz zu Anfang äußert Goethe seine Zurückhaltung gegenüber Worten, denn er verwirft den Satz: "Am Anfang war das Wort" und sagt stattdessen: "Am Anfang war die Tat." Er setzt sich damit ganz deutlich von der Wortgläubigkeit mancher Religionen ab, die den religiösen Inhalt z. T. zurückstellen und die Worte selbst als Heiligtum ansehen. Wenn man bedenkt, dass die aufgeschriebenen Texte meist zunächst mündlich überliefert wurden und dann von autorisierter Stelle oft nach mehrfachen Übersetzungen aus verschiedenen Sprachen in eine kanonisierte Form gebracht wurden, sind in der Tat erhebliche Zweifel anzumelden, ob die Worte allein den religiösen, spirituellen Inhalt übermitteln können.
In Goethes Faust kommt dann die berühmte Stelle:

"Habe nun, ach! Philosophie
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie!
Durchaus studiert mit heißem Bemühn.
Da steh´ ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor."


Damit erteilt Goethe dem theoretischen Wissen und auch der Theologie eine deutliche Absage und sagt im Kern, dass man durch Ideen und Gedanken nicht zur Wahrheit vorstoßen kann und dass selbst eifriges und unaufhörliches Studieren der Schriften und Theorien nicht viel weiter hilft. Er sagt damit im Klartext, dass man durch Denken, Philosophie und die Sprache allein die Wirklichkeit nicht erfassen kann, so nützlich diese Bereiche auch sein mögen. Goethes Faust beschäftigt sich dann auch nicht weiter mit Theorien und Philosophien, sondern will diesen staubigen Bereich der Studierstube verlassen, um ins volle Menschenleben ein zu treten.

Durch den Pakt mit dem Teufel lässt er sich dann bekanntlich verjüngen und begegnet bald der schönen und für ihn außerordentlich attraktiven jungen Frau, nämlich Gretchen. Damit beginnt eine leidenschaftliche und „wilde“ Liebesbeziehung zwischen zwei doch sehr verschiedenen Menschen. Faust mit seinem gewaltigen Fundus an Wissen und seiner Fähigkeit der schöpferischen Sprachgestaltung auf der einen Seite und Gretchen in ihrem täglichen Arbeitsablauf und der einfachen Lebendigkeit des Alltags. Diese Phase im Leben von Faust gehört also der sinnlichen Welt, der Freude an der Sexualität, der Liebe, des Schönen und überhaupt an der lebendigen Vielfalt des pulsierenden Lebens. Sie bewundert die geistige Kraft und das großartige Wissen von Faust, und er bewundert ihre einfache Klarheit und Schönheit des Lebens ohne äußeren Glanz und äußeren Reichtum und erkennt in der eigentlich ärmlichen Umgebung ihres Lebens so viel Fülle und Schönheit. Die sinnliche Welt wird also keineswegs nur durch Reichtum und äußeren Glanz in einer materialistischen Oberflächlichkeit gezeigt und dargestellt, sondern mit großer menschlicher Tiefe und Fülle.

Die Phase der Sinnlichkeit endet bei Faust bekanntlich damit, dass Gretchen das ihr anvertraute Kind versehentlich vergiftet, um sich der Liebe mit Faust hinzugeben und gemeinsam die Welt der Sinne zu genießen. Wir wissen, dass Goethe tief von einer solchen dramatischen Entwicklung mit schlimmem Ausgang durch einen damals laufenden Prozess gegen eine junge Frau ergriffen war und ihn dieses Schicksal außerordentlich bewegte. Faust versucht dann noch Gretchen mithilfe des Teufels aus dem Kerker zu befreien, aber Gretchen lehnt dies ab, weil ihr Faust unheimlich geworden ist und sie sagt, dass sie sich vor ihm graut. Ganz offensichtlich will Goethe mit dieser zweiten Phase im Leben des Faust sagen, dass auch die Sinnlichkeit des Lebens nicht zur Wahrheit und Wirklichkeit hinführt und dass es sehr leicht passieren kann, dass sich das Leben der Betroffenen auf Katastrophen zubewegt, die nicht mehr rückgängig zu machen sind.

So kann man vielleicht das Gleichnis des getöteten Kindes auch als die vergebliche Hoffnung interpretieren, durch die Sinnlichkeit, also durch äußere Form und Schönheit zur Wahrheit vorzustoßen. Dieses Kind ist genau dadurch gestorben, dass vielleicht zu viel Raum für die Sinnlichkeit geschaffen werden musste, und es durch eine überhöhte Dosis von Schlafmitteln ruhig gestellt werden sollte.
Faust tritt dann in eine nächste Lebensphase ein und gewinnt durch aktives und schöpferisches Handeln große Macht und großen Reichtum. Damit ist er in die Phase des Tuns oder wie Goethe es am Anfang nennt, der „Tat“, eingetreten. Faust übernimmt damit Verantwortung für viele Menschen, die in seinem Herrschaftsbereich leben und schafft durch seine Tatkraft und sein schöpferisches Unternehmertum große Werte, die nicht nur für ihn, sondern auch für andere Menschen wichtig und notwendig sind und nicht zuletzt deren Lebensgrundlage bilden. Nach der Lebensphase des Denkens und der Sinnlichkeit zeigt uns Goethe also die Höhen und Tiefen, die Möglichkeiten und Abgründe und das ganze bunte Durcheinander des Handelns in der mittleren Lebensphase des Menschen. Faust wird in dieser Phase auch von großem Ehrgeiz erfasst und vergisst teilweise seine Menschlichkeit und Humanität, indem er zum Beispiel das friedliche alte Ehepaar Philemon und Baucis von ihrem kleinen Besitz vertreiben will, um diesen in sein großes Reich eingliedern zu können, weil es dort angeblich noch fehlen würde.
Am Ende wird Faust trotz oder wegen seines pulsierenden, turbulenten Lebens erlöst, denn er hört die Stimme:

"Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen."

Goethe will damit offensichtlich sagen, dass wir uns mit vorschneller Kritik zurückhalten müssen, selbst wenn in der Phase der Sinnlichkeit und der Schaffensperiode böse Fehler und Vergehen passieren und sich der Mensch nach landläufiger Vorstellung "schuldig macht."
Ich erinnere mich an meinen Deutschunterricht in der Schule, in dem wir den Faust "durchgenommen" haben und unser Deutschlehrer damals versuchte, uns den Inhalt klarzumachen oder besser gesagt, seine Interpretation des Faust vortrug.

Er war ein äußerlich eher zurückhaltender und bescheiden auftretender Lehrer, der allerdings bei uns Schülern leider kein hohes Ansehen genoss. Er gab grundsätzlich verhältnismäßig schlechte Zensuren, ließ sich aber zum Teil nach längeren Diskussionen mit den jeweils betroffenen Schülerinnen und Schülern darauf ein, die Zensuren zu verbessern. Dies hat natürlich nicht dazu beigetragen, sein Ansehen zu verbessern. Manche staunten dann allerdings, als sie ihre schlechten Abitur-Noten in Deutsch sahen, denn nun war nichts mehr zu machen. Ich gehörte übrigens auch dazu. Er war fest im protestantischen Christentum verwurzelt und hatte sicher die besten Absichten, Ideale und Vorstellungen vom Leben und seiner Tätigkeit als Lehrer.

Aber Schülerinnen und Schüler der Oberstufe in der Umbruchzeit nach dem zweiten Weltkrieg ließen sich nicht so leicht irgendwelche schönen Sprüche und Ansichten ohne Widerspruch vorlegen, denn sie hatten als Kinder noch die gewaltigen Propagandasprüche des Faschismus und Nationalsozialismus in den Ohren und trauten auch vielen Aussagen des Christentums nur in recht begrenztem Umfang. Viele von uns hatten noch mit den Resten der Munition aus dem zweiten Weltkrieg gespielt und waren ohne Vater aufgewachsen, weil diese im Krieg umgekommen oder verschollen waren. Wir hatten schon als Kinder Tod, Vertreibung und Katastrophen kennen gelernt.
Wir kommen nun zu dem berühmten Pakt des Fausts mit dem Teufel, in dem es heißt, dass der Teufel die Seele endgültig behält, wenn Faust folgendes sagt:


"Werd´ ich zum Augenblicke sagen:
Verweile doch! du bist so schön!"


In unserem Deutschunterricht wurde dies so interpretiert, dass Faust in seinem ganzen vielfältigen pulsierenden Leben keinen einzigen Augenblick erlebt hatte, der so schön war, dass er ihn festhalten wollte und zu diesem Augenblick gesagt hätte: „verweile doch, du bist so schön“. Das Resümee wäre also, dass das ganze Leben wie es Faust exemplarisch für die Menschen gelebt hatte, keine schönen Augenblick aufweist. Sein Leben ging durch große Höhen und Tiefen, denn zunächst war er ein berühmter Wissenschaftler und Philosoph, dann hatte er eine tief gehende Liebesbeziehung und wurde ein mächtiger Politiker und Wirtschaftskapitän. Dass ein solches Leben keinen einzigen Augenblick hoher Qualität enthält, zu dem man sagen könnte, „Augenblick du bist so schön“, bleibe noch eine Zeit lang bestehen, ist sicher sehr unwahrscheinlich. Der Pakt könnte also bedeuten:

„Wenn ich nur einmal in meinem ganzen Leben einen solchen Augenblick genießen dürfte, dann bin ich bereit, meine Seele dem Teufel zu übergeben.“

Aber einen solchen Auzgenblick soll Faust angeblich niemals erlebt haben. Es wird deutlich, dass dies ein ausgesprochen pessimistisches, um nicht zu sagen depressives Weltbild ist, in dem Philosophie, Sinnlichkeit, Handeln und Tatkraft so gering geschätzt werden, dass sich kein einziger schöner Augenblick ergeben kann.
Am Schluss wird Faust dennoch durch den Engel mit den Worten:

"Wer immer strebend sich bemüht,
Den können wir erlösen"


aus den Fängen des Teufels befreit. Allerdings bin ich mir überhaupt nicht sicher, ob unser damaliger Deutschlehrer dem wirklich zugestimmt hätte. Aus seiner Sicht muss das Leben von Faust weitgehend fehl gelaufen sein. Er selbst würde vermutlich ein frommes Dasein und ein stilles und unauffälliges Leben abseits von den Pulsschlägen der Welt und des Lebens vorgezogen haben. Sicher hat ihn auch gestört, dass im ganzen Faust die christliche Religion nur eine geringe Rolle spielt und dass ganz am Anfang die Theologie sogar als inhaltsleer und letztlich sinnlos abgelehnt wird.

In dieser negativen Interpretation des Faust, in der es keinen einzigen schönen Augenblick gegeben haben soll, ist allerdings doch die „Lebensphilosophie“ des Augenblicks grundsätzlich anerkannt worden. Das verblüfft wirklich! Es ist also ein ganz besonderes Verständnis der Zeit erkennbar, denn es wird nicht auf eine Zeitstrecke, sondern eben auf einen Augenblick abgehoben. Schon wenn es einen einzigen schönen Augenblick gäbe, und dies müsste ja eigentlich in einem weit ausgreifenden, pulsierenden Leben möglich sein, bekommt der Teufel die Seele des Menschen. So wird zwar der Ansatz des wichtigen Augenblicks anerkannt, aber es soll keinen schönen Moment im Leben geben, der sich lohnen würde. Wenn man einmal von dem spezifischen Pakt zwischen Faust und dem Teufel absieht, kann es wohl kaum eine Weltanschauung geben, die einen größeren Pessimismus enthält, so düster ist und von einem wirklich freudlosen Dasein kündet. Dies kann aber nicht im Sinne von Goethe sein.

Im Faust ist es Tatsache, dass der Teufel die Seele nicht bekommt, obgleich man sicher feststellen kann, dass Faust in seinem vielfältigen Leben so manche moralisch bedenkliche Tat begangen hat und dass sein Handeln immer wieder für andere Menschen große Probleme und sogar Katastrophen herbeigeführt hatte. Wollte Goethe damit zum Ausdruck bringen, dass ein solches turbulentes Leben letztlich nicht moralisch verurteilt werden kann? Dachte er möglicherweise dabei auch an sein eigenes Leben, das ja durchaus ähnliche Bereiche durchlaufen hatte?
Wir wollen noch einmal den Satz genau untersuchen: "Augenblick verweile doch, du bist so schön". Wenn man ihn mit denselben Worten etwas anders gliedert, kann man sagen:

"Augenblick, du bist so schön, verweile doch."

Da aber ein Augenblick bekanntlich niemals verweilen kann, ist es also unmöglich, dass er überhaupt fortdauert. Denn dies ist genau sein typisches Kennzeichen, weil es sich nicht um eine Zeitstrecke, sondern eben nur um einen Augenblick in der Gegenwart handelt. Man kann also auch sagen, der Augenblick ist schön aber es liegt in seiner Natur, dass er nicht verweilen kann, denn sonst wäre es ja auch kein Augenblick sondern eine Zeitdauer. In diesem Fall hätte der Faust den Teufel ganz cool überlistet, denn er konnte viele schöne Augenblicke in seinem Leben haben und hat diese sicher auch genossen, aber der Teufel konnte seine Seele nicht erobern, weil diese Augenblicke von Natur aus gar nicht andauern konnten, also niemals verweilen würden. Faust hätte mit dieser Klugheit und tiefen Lebensweisheit das Böse also ausgetrickst, weil der Teufel an die Dauerhaftigkeit der Zeit glaubte und Faust wusste und erfahren hatte, dass das Leben immer nur aus Augenblicken besteht, und dass wir nur je im Augenblick die Wirklichkeit, Wahrheit und Schönheit des Lebens, der Welt und des Universums erleben und erfahren können.

Nishijima Roshi hat mir seine Interpretation genau so erläutert. Sie hat damit eine weitgehende Übereinstimmung mit Dôgens vier Phasen der menschlichen Entwicklung, die sich wie folgt gliedern:

1. Ideen, Glauben, Gedanken, Denken, Theorie aber auch Ideologien, Sekten, usw. In den Idealen sind zwar moralische Ziele enthalten, die jedoch kaum in die Wirklichkeit umgesetzt werden können, denn sie sind nur im Geist.

2. Wahrnehmung, Naturwissenschaft, sinnliche Genüsse, sich dem Genuss hingeben, Schönheit der äußeren Formen und Farben, materielle Vorteile, also materielles Genuss, aber auch Gier, Egoismus und Oberflächlichkeit.

3. Handeln, Aktivitäten, schöpferisches Schaffen, Aufbauen, Einheit von Körper und Geist im Handeln und Überwinden der gedachten Trennung von Subjekt und Objekt.

4. Höchster Lebenszustand, intuitive Weisheit, intuitive Entscheidungskraft und moralisch richtiges Handeln im Hier und Jetzt. Dies ist die Sein-Zeit des Augenblicks, die den Menschen die höchste Erfüllung und die größte Lebensfreude bringt. Im Buddhismus wird dies als Erwachen, Erleuchtung, Gleichgewicht oder Leerheit bezeichnet.

In der Tat sind die Ähnlichkeiten mit dem Lebensablauf in Goethes Faust verblüffend. Wir können annehmen, dass Goethe noch keine Kenntnis der buddhistischen Lehre hatte. Zwischen Europa und dem damals überwiegend buddhistischen Indien und Afghanistan war nach der Antike die Verbindung abgerissen und unterbrochen. Die Renaissance, die Goethe so viel bedeutete, bezog sich auf die griechische und römische Antike und hatte keinen erkennbaren Bezüge zum buddhistischen Indien. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in kleineren, oft esoterischen Kreisen, eine Renaissance der indischen Kultur und auch die ersten Übersetzungen der buddhistischen Lehre, zum Beispiel das großartige Werk von Karl Eugen Neumann „Die Reden Gotama Buddhos“. Diese Texte wurden gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts aus dem Pali übersetzt und können zumindest im deutschen Sprachraum, als die ersten verlässlichen Basistexte des Buddhismus angesehen werden.

Wesentliche Fortschritte ergaben sich zum Beispiel durch den Philosophen Herrigel, der mit seinem Büchlein "Die Kunst des Bogenschießens" im 20. Jahrhundert eine große Breitenwirkung erreichte. Interessanterweise gibt Herrigel in seiner Literaturliste jedoch das große Werk „Die Schatzkammer des wahren Dharma-Auges“ (Shôbôgenzô) von Dôgen nicht an und es scheint so, dass er dieses Werk überhaupt nicht kannte. Gleichwohl werden seine Beschreibungen des Zen-Buddhismus auch von den meisten Japanern sehr geschätzt. Dies nicht zuletzt, weil er in den verschiedenen Phasen, in denen er die Kunst des Bogenschießens erlernt, die typische Lebensform des japanischen Buddhismus schildert, und weil er diese auch selbst erfahren hat.

Selbst ein kritischer Geist tut sich meines Erachtens schwer, die Analogie von Goethes Faust und der im Buddhismus formulierten Wahrheit der vier Lebensphasen oder Lebensphilosophien einfach abzulehnen. Eine Falsifizierung ist daher kaum möglich. Umgekehrt sind die Parallelen und Ähnlichkeiten in der Tat verblüffend, vor allem weil wir davon ausgehen können, dass keine kulturellen und kommunikativen Brücken zwischen dem damaligen Europa und dem ostasiatischen Buddhismus bestanden. Daher bleibt uns nur der Schluss, dass Goethe als Geistes- und Lebensgenie zu einer ähnlichen Wahrheit vorgestoßen ist, die in Indien vor ca. 2500 von Gautama Buddha gefunden und formuliert wurde und die später nach Ostasien, also China, Japan und Korea, gekommen ist.