Donnerstag, 29. Oktober 2020

Die Sieben Weisheiten deiner wahre Mitte: Mache sie lebendig und stark


Was ist die zentrale Botschaft des berühmten Mittleren Weges des großen Meisters Nagarjuna? Antwort: Die wahre Mitte des Menschen ist ein dynamisches lebendiges Ganzes im Gleichgewicht. Es ist kein verkümmertes Schein-Ich und auch keine doktrinäre Schein-Substanz (in Sanskrit âtman). Was ist nun unsere wahre Mitte und welche Funktion hat sie? Sie kann in Sieben Weisheiten zusammengefasst werden. Und der Mittlere Weg ist ein Gedicht und ein Gesang, also die Verbindung von Weisheit und Poesie!

1) Lebendiges Entstehen in Wechselwirkung kontra lebensfeindliche doktrinäre und starre Schein-Substanzen.

Der Mensch ist mehr als ein Haufen fiktiver ausgedachter Bausteine von angeblichen Eigen-Substanzen. Die Dinge und Phänomene der Wirklichkeit sind gerade nicht statisch, nicht Schein-substanzhaft und fixiert, sondern veränderlich, dynamisch, lebendig und wechselwirkend, und in  Balance. Das ist die Voraussetzung zur eigenen Befreiung aus dem Leiden. Buddha und Nagarjuna sind aus meiner Sicht die ersten Denker der Menschheit, die systemisch und wechselwirkend analysiert und gedacht haben. Das ist das wahre lebendige Ich. Die aktuelle Gehirnforschung basiert ebenfalls auf dem Prinzip der Vernetzung, Rückkopplung und dynamischen Veränderung. So funktioniert unser Geist.

2) Das richtige Verständnis von Leerheit bedeutet, dass die doktrinäre Schein-Substanz ein fundamentaler Irrtum des Lebens ist.

Leider gibt es viele Fehl-Interpretationen der Leerheit. Häufig wurde Leerheit mit dem Nichts und Nihilismus verwechselt oder verschwommen vermischt. Das ist ziemlich falsch. Der entsprechende Vers bei Nagarjuna lautet in genauer Übersetzung wie folgt: „Was gemeinsames Entstehen in Wechselwirkung hat, dieses sehen wir als Leerheit an." Denn dieses wunderbare Ganze ist von Natur aus ohne unheilsame Doktrinen und Ideologien.

3) Die Kraft für den inneren Frieden kommt aus der Mitte. Übertreibungen, Extreme und Radikalisierungen blockieren Erwachen, Befreiung und Freude.

Buddha und Nâgârjuna warnen eindringlich vor allen isolierten Extremen, zum Beispiel bei dem Geist, dem Körper und bei den Gefühlen. Die wahre Natur hat keine isolierten Extreme, weil sie dynamisch vernetzt und deswegen im Gleichgewicht ist. Extrem-Ideologien sind typisch für brutale Gruppierungen. Wie heißt es dagegen bei Buddha, wenn Extreme überwunden sind? "Unabhängig lebt er und haftet an nichts in der Welt". Und wie findet man seine Mitte? Antwort: Jeden Tag meditieren, in sich Frieden und Ruhe entstehen lassen. sein inneres Gleichgewicht finden und aktiv handeln. Während des Tages im Gleichgewicht bleiben. Dann braucht man keine Dogmen. 

Und was geschieht im digitalen Zeitalter? Wer zu viel in den sozialen Netzen unterwegs ist, wird radikalisiert, sagt der Gehirnforscher Manfred Spitzer. Denn genau so sind die Netze wie facebook, Youtube usw. programmiert. Durch die Radikalisierung der angebotenen links sollen wir so  lange wie möglich online fest gehalten werden, weil so die profitablen Werbedaten der Nutzer abgegriffen werden können. Und dabei werden wir selbst radikalisiert. Das ist das Gegenteil der stabilen und heilsamen Mitte des Buddhismus. Denn aus der Mitte heraus werden wir lebendig, ausgeglichen und nutzen unsere Energien wirklich sinnvoll. Und die Mitte ist nicht mittelmäßig! Beweis: Das Japanische Bogenschießen. Kung Fu usw. gelingen nur aus der Mitte. Durch diese Zen-Übungen verbessern wir maßgeblich unser Freude-Management. Bis zur Erleuchtung!

4) Die Sehnsucht der Menschen nach der ewigen unzerstörbaren Eigen-Substanz kann zur fatalen Illusion werden. Sie wird häufig von anderen missbraucht.

Die ungesteuerte menschliche Sehnsucht nach Unveränderlichkeit und Ewigkeit führt häufig zu Illusionen, Schein-Wirklichkeiten und Täuschungen. Das gilt besonders für ein narzistisches grandioses Ego. Aber auch für das Gegenteil: Das Jammer-Ich. Dann kann es keine Befreiung und Erleuchtung geben.

5) Wahres Handeln und Karma sind heilsames Leben. Es befreit von doktrinärem Ballast und erzeugt neue Energien und Lebensfreude.

Eine gute und heilsame Veränderung des Menschen gelingt durch  praktischen Tun und Handeln im Flow. Im Mahâyâna-Buddhismus wird das Bodhisattva-Handeln genannt. Dieses Handeln ist heilsam für andere Menschen aber auch für uns selbst. Die guten Früchte sind das Handeln für dich und mich. Sie verwirklichen sich klar und genau in diesem Augenblick der Wechselwirkung.

6) Nirvâna ist die wirkliche Befreiung hier und jetzt, genau in diesem Leben, wie Nagarjuna sagt.

Nirvâna ist keine total jenseitige Welt des Menschen, in der er irgendwann nach unendlich vielen Wiedergeburten das grenzenlosen Glück erfährt. Das ist eine unrealistische Doktrin. Sie ist Illusion und überwindet nicht das jetzige Leiden. Der heutige digitale Stress, die Corona-Angst und der aufgeregte Kampf-Modus sollten nämlich hier und jetzt überwunden werden. Man braucht sie gar nicht.

7) Durch die zwölf Glieder der großen Befreiung kann nach Buddha das Leiden schrittweise zur Ruhe kommen

Nâgârjuna nennt zwölf Glieder und Phasen der menschlichen Entwicklung, an deren Anfang der „umhüllte“ Mensch steht Wenn es schlecht geht, ist er weiter verblendet von Unwissen und unheilsamen Doktrinen. Das bewirkt Erstarrung und Abhängigkeit von Gier, Hass und Verblendung. Umgekehrt gibt es in jeder Phase unseres Lebens die reale Möglichkeit der Emanzipation und Befreiung von einer solcher unheilsamen Zwangsläufigkeit. Wir gehen dann auf dem Weg der zunehmenden Freiheit. Leiden und Schmerzen kommen zur Ruhe.

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Rezitation und Gesang Mittlerer Weg