Donnerstag, 31. März 2011

Vertrauen in die Zazen-Methode


Dōgen betont in aller Klarheit, dass ein solides Grundvertrauen in die Zazen-Methode notwendig ist, denn misstrauische und unbelehrbare Menschen würden keinen Zugang finden, selbst wenn sie einem wahren Lehrer begegneten:


„Als allgemeine Regel sollten wir (dann) üben und in der Praxis lernen, wenn das richtige Vertrauen in unserem Geist gewachsen ist; sonst sollten wir uns für eine Weile ausruhen. Wenn du möchtest, kannst du die Tatsache bedauern, dass der Dharma seit alten Zeiten trocken (und nüchtern) war.“

Wir sollen also auf die Wirkung des Zazen vertrauen, wenn wir praktizieren. Vertrauen heißt aber nicht blind zu glauben, sondern wir sind aufgefordert, die Wirkung der Zazen-Praxis bei uns selbst genau zu beobachten. Buddhismus ist kein spiritueller Glaube und schon gar kein mythischer Wunderglaube, sondern wie es hier heißt, eher nüchtern und trocken. Trotzdem basiert er auf dem Vertrauen, dass diese Methode ihren großen Wert für uns und unsere Entwicklung hat.


Nishijima Roshi erläutert hierzu, dass Dōgen ein unerschütterliches Vertrauen in die Zazen-Praxis besaß und sie für das Wesentliche des Buddhismus überhaupt hielt.

Es hat keinen Sinn, die Zazen-Praxis wie einen sportlichen Konkurrenzkampf zu betreiben, nach dem Motto, wer sie am längsten durchhält und sich Schmerzen nicht anmerken lässt, ist der Beste. Bei Dōgen findet sich an keiner Stelle ein Hinweis auf die heldenhafte Überwindung der Schmerzen, wie es in der neueren Zen-Literatur manchmal dargestellt wird. Es ist daher zu vermuten, dass es in der damaligen Zeit ganz natürlich war, auf dem Boden oder auf einem Kissen zu sitzen, und dass dabei keine nennenswerten Schmerzen auftraten.


Ganz unsinnig ist es, die Zazen-Praxis als Askese zu betreiben, um die Schmerzen und Qualen des Körpers zu überwinden und dadurch zur „Freiheit durchzubrechen“. Gautama Buddha selbst hatte bekanntlich festgestellt, dass die Askese als Weg zur Befreiung und Erleuchtung völlig sinnlos ist. Da Körper und Geist immer eine Einheit sind, ist mit der Qual des Körpers auch gleichzeitig die Qual für den Geist verbunden. Wenn man die Askese gegen die Natur des Körpers weiter vorantreibt, werden Körper und Geist immer schwächer und labiler. Wir können dadurch auf dem Weg des Buddha-Dharma immer schwieriger gehen und er endet in einer fatalen Sackgasse.

Sonntag, 27. März 2011

Karma im Zen

Liebe Zen-Freundinnen und -Freunde, kürzlich haben wir im Zen-Gesprächskreis das Thema des Karmas und des Gesetzes von Ursache und Wirkung im ZEN-Buddhismus behandelt. Ich habe dazu einen Einführungsvortrag gehalten, aus dem ein Ausschnitt in das Internet eingestellt wurde. Dabei sind zwei neue Schwerpunkte besonders interessant: Nishijima Roshi stellt die Tat und Handlung in das Zentrum und weniger die Person. Joanna Macy betont das Karma der ökologischen Folgen für spätere Generationen; dies ist äußerst aktuell, z. B. bei der Strahlungs-Katastrophe in Japan. Bitte hier anklicken zu Youtube Mit herzlich Grüßen Yudo J. Seggelke

Freitag, 18. März 2011

Neues Buch zum ZEN-Buddhismus

Liebe Zen-Freundinnen und -Freunde,

heute möchte ich Ihnen mein neues Buch „Strahlende Zeit zum Handeln“ vorstellen.



Darin habe ich die beiden zentralen Kapitel des Shobogenzo:

Die Sein-Zeit der Wirklichkeit im Hier und Jetzt (Uji),
Wahres und reines Handeln der Buddhas (Gyōbutsu yuigi)


im Einzelnen behandelt und, wie ich hoffe, gut verständlich kommentiert.
Beide Kapitel sind Kernbereiche des Zen-Buddhismus und eine wichtige Grundlage zur Erschließung des großartigen Gesamtwerkes Shobogenzo von Meister Dogen.
Das Buch ist im Buchhandel erhältlich und kann im Internet online bestellt werden, z. B. bei

Amazon

Libri.


Und nun viel Freude beim Lesen! Wenn Sie Fragen oder Anmerkungen haben, zögern Sie bitte nicht, mich zu kontaktieren.

Mit herzlich Grüßen
Yudo J. Seggelke

Sonntag, 13. März 2011

Wie wichtig sind Sūtra-Lesen und das Rezitieren?


Jemand fragt Dōgen kritisch:


„Das Lesen der Sūtras und Rezitieren der Namen der Buddhas mögen anders als (beim Zazen) auf natürliche Weise die Ursachen und Bedingungen der Erleuchtung werden. Aber wenn man nur nutzlos herumsitzt und nichts tut: Wie kann das ein (wirksames) Mittel dafür sein, Erleuchtung zu erlangen?“



Bevor die Zazen-Praxis durch Meister Dōgen nach Japan kam, bestand die Übung der Mönche wesentlich aus dem Lesen der Sūtras und dem Rezitieren der Namen der Buddhas. Dies ist auch heute noch in abgeschwächter Form in buddhistischen Tempeln üblich. Dōgen kannte diese Praxis selbst aus den Klöstern, in denen er vor seiner China-Reise gelernt hatte, und er stellte fest, dass auf diese Weise das Gleichgewicht und die Erleuchtung nicht dauerhaft zu erlangen waren. Aber manche Kritiker sahen die Zazen-Praxis dennoch als nutzlose Zeitverschwendung an, zumal sie von außen beim stummen Sitzen der Praktizierenden nicht viel erkennen konnten. Dōgens Antwort lautet:



„Wenn du jetzt denkst, dass der Samādhi der Buddhas, (also) der höchste und größte Dharma, nur nutzloses Sitzen sei, ohne dass man dabei irgendetwas tut, bist du ein Mensch, der das große Fahrzeug empfindlich herabsetzt.“



Für Dōgen ist die Zazen-Praxis der zentrale Kern des Mahāyāna-Buddhismus oder – wie er auch genannt wird – des großen Fahrzeugs. Wer dies nicht anerkennt, entwertet aus seiner Sicht den Mahāyāna-Buddhismus unwiderbringlich, denn Zazen ist keinesfalls nur sinnloses und untätiges Herumsitzen auf dem Sitzkissen. Ein solch grundlegender Irrtum macht es nach Dōgens Überzeugung unmöglich, dass der wahre Buddhismus verwirklicht werden kann. In diesem Sinne fährt er mit seiner Antwort fort:



„(Eine solche) Täuschung ist so tiefgehend, dass es dem gleichkommt zu sagen, dass es kein Wasser gibt, wenn man sich (mitten) im Ozean aufhält. (Im Zazen) sitzen wir schon stabil und dankbar im Samādhi der Buddhas und empfangen und nutzen unser Selbst. Ist dies nicht (wahrhaftig) die Vollendung der weiten und großen Tugend?“



Er hält die Aussage, Zazen sei nutzloses Herumsitzen, also geradezu für unsinnig und grotesk. Seine Antwort enthält wieder eine ganz zentrale Feststellung zur Zazen-Praxis: „Im Samādhi empfangen und nutzen wir unser (wahres) Selbst“. Auch hier ist nicht das abgegrenzte Ich gemeint, sondern das Selbst, das unser wahres Leben ist. Durch die Einheit mit dem Universum und seinen Energien empfangen wir unser wahres Selbst, das wir in unserem täglichen Leben dann benutzen können, indem wir im Hier und Jetzt im Gleichgewicht und in Klarheit handeln und unsere Aufgaben erledigen. Dies bedeutet gleichzeitig ethisches Handeln und Tun, denn der Buddhismus ist niemals isoliert von Ethik und Moral, sondern unauflösbar mit ihr verbunden. Er ist keine von der Praxis abgelöste theoretische Philosophie, sondern identisch mit der Praxis selbst und dem moralischen Handeln. Nishijima Roshi formuliert hierzu ein wichtiges Grundprinzip:


„Denken und Wahrnehmung sind nicht so wichtig wie Handeln (im Zazen).“


Und er ergänzt, dass wir es meist gewohnt sind, das Handeln geringer zu schätzen als Denken, und dass dies insbesondere auf die intellektuelle Kultur im Zeitalter des alten Griechenlands zurückzuführen sei. Meister Dōgen baut natürlich nicht auf der griechischen Philosophie auf, sondern hat seine Wurzeln im indischen Buddhismus Gautama Buddhas.

Sonntag, 6. März 2011

Warum ist Zazen das authentische Tor zm Buddha-Dharma?

Dōgen geht in einem fiktiven Gespräch auf verschiedene Argumente und Kritikpunkte zum Thema Zazen ein. In diesem großen Mittelteil des Kapitels Bendowa werden die wesentlichen Fragen und Streitpunkte zitiert und von Dōgen treffend beantwortet.

Die Zazen-Praxis war vor ihm in Japan unbekannt und er wurde sicherlich mit erheblichen Widerständen von etablierten Organisationen, Klöstern und konservativen Buddhisten konfrontiert, die der neuen Methode kritisch gegenüberstanden.

Frage an Dōgen
Auf die erste Frage, warum allein die Zazen-Praxis das authentische Tor des Buddha-Dharma sei, antwortet Dōgen mit der einfachen Feststellung, dass diese Methode authentisch von Gautama Buddha über Meister Bodhidharma und Tendō Nyojō auf ihn selbst übertragen worden sei. Für ihn besteht kein Zweifel, dass genau diese Praxis den Schlüssel zum Erwachen im Buddhismus darstellt.


Und da er selbst den erwachten, großen Meister Tendō Nyojō kennengelernt hatte, der ihn in allen Bereichen des Buddha-Dharma überzeugte, ist diese Frage für Dōgen mit dem Hinweis auf eine authentische Übertragungslinie unmissverständlich zu beantworten. Diese Übertragungslinie ist eine überprüfbare, historische Tatsache und gehört nicht in den Bereich des Glaubens und der Spekulation.
Die Antwort Dōgens


„Der große Meister Shākyamuni übermittelte diese tiefgründige Methode, um den Zustand der Wahrheit zu erlangen, als authentische Tradition ganz genau. Die Tathāgatas der drei Zeiten erlangten alle durch Zazen die Wahrheit. Auf diese Weise ist die Tatsache übertragen und empfangen worden, dass (Zazen) das authentische Tor (zum Erwachen) ist.“

Nishijima Roshi betont, dass Meister Dōgen als Realist hier keine theoretische Begründung aufzeigen möchte und deshalb einfach auf die geschichtliche Tatsache in der Vergangenheit hinweist.