Montag, 30. April 2012

Die erste Erleuchtung des Jetzt

Dōgen kommt zu der Schlussfolgerung, dass die Wirklichkeit, die Gegenwart als Zeit und das Handeln unauflösbar miteinander verbunden sind. Nur wenn wir das in unserem Leben praktisch realisieren, leben wir in der Wirklichkeit und Wahrheit; dies sind der Buddha-Dharma und das Erwachen. Eine solche Erfahrung kann man besonders klar bei der Zazen-Praxis erleben und ich möchte dies mit Nishijima Roshi als die erste Erleuchtung bezeichnen.

Der Zen-Buddhismus legt großen Wert auf das tägliche Leben, in dem sich sowohl in der Zazen-Praxis als auch beim alltäglichen Handeln die Sein-Zeit als erste Erleuchtung ereignet. Erleuchtung ist nämlich kein erträumter Idealzustand des Geistes, der unabhängig vom Körper und von der Zeit existiert. Erleuchtung ist auch keine psychische Ekstase, sondern im Gegenteil Ruhe und Gleichgewicht im Alltag und in der Praxis. Ein wahres Erleuchtungserlebnis können wir bei jeder Zazen-Praxis haben! Nishijima Roshi unterstreicht, dass wir ohne die existenzielle Erfahrung der Sein-Zeit die Lehre und Praxis des Buddhismus nicht „verstehen" können“.

Das am Anfang des Kapitels zitierte Gedicht drückt die Einheit der Sein-Zeit mit allen Bereichen und Dingen im Leben und in der Welt aus. Beispielhaft werden der höchste Berg und der tiefste Ozean, der Tempelwächter und das Bildnis des stehenden und liegenden Buddhas genannt. Sie alle haben sowohl eine räumliche, konkrete Dimension als auch eine tiefe spirituelle Bedeutung im Buddhismus. Das Gedicht schließt mit einem erneuten Hinweis auf die Erde und den Raum. Gemeint sind die ganze Welt, die Erde, das Leben und überhaupt alles im Universum. Das besagt, dass die Sein-Zeit des Jetzt unauflösbar mit all diesem verbunden ist und dass das eine ohne das andere überhaupt nicht sein und existieren kann. Wenn wir eine solche Erfahrung haben, ist das ein Erleuchtungserlebnis. Sonst verpassen wir die Wirklichkeit.

Sein und Zeit bilden eine großartige Einheit, die in der erfahrenen und erlebten Wirklichkeit nicht getrennt werden dürfen. Sie unterliegen einem unauflösbaren Koexistenz-Zwang. Eine Trennung wird nur in unserem Verstand durch Überlegungen und unterscheidendes Denken konstruiert. Dann haben wir allerdings die Wirklichkeit des Buddha-Dharma bereits verlassen. Es ist die zentrale Aufgabe der Zazen-Praxis, uns aus derartigen, häufig unbewussten, spekulativen und abstrakten „Denknestern“ und Fantasiegebilden zur Wirklichkeit des Hier und Jetzt zurückzuführen und die sinnlose Flucht aus der Realität zu beenden. Dann erreichen wir einen tiefen Frieden und sind ausgeglichen.

Nur in der Wirklichkeit des Hier und Jetzt kann der Mensch nämlich ein erfülltes, freudiges und kreatives Leben führen. Dies bedeutet aber nicht, dass es verboten wäre, zu denken, zu überlegen und zu planen. Ganz im Gegenteil. Wir sollten uns aber stets darüber im Klaren sein, wann wir Vorstellungen haben, die von Gier oder Angst gesteuert sind und wann wir „schönen oder erbaulichen“ Illusionen nachhängen, wann wir unter Resignation und Depression leiden, und wann wir in der wirklichen Welt leben und denken. In der Wirklichkeit des Jetzt leben wir bei weitem am besten.



Montag, 23. April 2012

Kernaussagen der Sein-Zeit

Die Kernaussage von Dôgens Shôbôgenzô zur Sein-Zeit lautet, dass unser Leben und Handeln, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, niemals und auf keinen Fall von der Zeit und dem Augenblick getrennt werden können. Immer wenn wir dies vergessen, verlieren wir unwiederbringlich wertvolle Augenblicke unseres Lebens.

In verschiedenen Varianten erklärt Dōgen, dass das Sein aller Menschen, aller Lebewesen und überhaupt aller Dinge und Phänomene des Universums mit der wirklichen Zeit unauflösbar zu einer Einheit verschmolzen ist. Es gibt also kein Erleben, kein Handeln und nichts anderes außerhalb der Zeit, wenn wir von der Wirklichkeit und Wahrheit des Lebens und der Welt ausgehen und diese in den Mittelpunkt der Erfahrung und des Denkens stellen.

Das unmittelbare, volle Erleben und Handeln geschieht nur in der Gegenwart, also im Hier und Jetzt. Demgegenüber sind, wie Nishijima eindrucksvoll betont, die Vergangenheit und Zukunft nur Erinnerungen, Erwartungen, Vorstellungen, Gedanken, Bilder, Hoffnungen und oft auch Rückblicke im Zorn, Rachegelüste oder Ängste und Panikattacken im Hinblick auf die Zukunft. All diese Vorstellungen und Gefühle sind aber nicht die Wirklichkeit selbst, sondern höchstens eine psychische „Wirklichkeit“, an der wir leiden. Sie sind sozusagen das Wetterleuchten in unserem denkenden Geist und unseren Emotionen, aber nicht das Wetter selbst; sie „zeigen auf den Mond“, sind aber nicht der Mond.

Wie erklärt und begründet Dōgen nun diese zunächst eigenartig klingenden Aussagen zur Sein-Zeit? Welche praktische Bedeutung hat eine solche Erkenntnis für unser eigenes Leben und Handeln mit all den Mühen, aber auch den Augenblicken der Freude?

Wenn wir es mit der Wirklichkeit und Wahrheit des Lebens und der Welt ernst meinen und uns nicht in Gedanken, Spekulationen, Hoffnungen und Ängsten verlieren, findet diese Wirklichkeit nur in der Gegenwart statt. Wie Nishijima feststellt, ist Buddhismus die Lehre und Praxis der Wirklichkeit, also des umfassenden Realismus, und unauflösbar mit dem Handeln und mit der Zeit als Gegenwart verbunden. Jede Flucht aus der Wirklichkeit führt letztlich zu psychischem Leiden und Verdrängungen, die zwar kurzfristig ein Überleben ermöglichen können, aber langfristig kleine und große psychische Schäden anrichten. Dies erschwert dann die Bewältigung des Alltags oder schließt sie sogar aus; auf jeden Fall erleichtert eine solche Flucht aus der Wirklichkeit niemals unser Leben, wie wir vielleicht meinen, sondern ist die Täuschung, von der im Buddhismus so häufig gesprochen wird.

Montag, 16. April 2012

Reden und Wollen in der Sein-Zeit

Dogen untersucht den Zusammenhang der Sein-Zeit mit dem, was wir wollen und was wir tatsächlich sagen. Er zitiert Meister Kisho, der zunächst einfach feststellt, welche Kombinationen es zwischen Wollen und Reden überhaupt geben kann, aber wohlgemerkt in der Einheit mit der wahren Zeit des Augenblicks.

Damit werden betrügerische Absichten, verbale Verführungen z. B. in der Politik und Falschdarstellungen in der Werbung z. B. für den ungerechtfertigten Profit der Wirtschaftsunternehmen ausgeschlossen. Aber auch aufgeregte Schein-Kontroversen, die wir heute von Talkshows kennen, haben mit der Sein-Zeit nicht viel zu schaffen. Kisho sagt:

„Manchmal, zur Sein-Zeit, ist der (wahre) Wille anwesend, aber die Worte sind nicht anwesend,
manchmal, zur Sein-Zeit, sind die (wahren) Worte anwesend, aber der Wille ist nicht anwesend,
manchmal, zur Sein-Zeit, sind der Wille und die Worte beide anwesend (und wahr),
manchmal, zur Sein-Zeit, sind der Wille und die Worte beide nicht anwesend‘.“

Das sind die verschiedenen Möglichkeiten, die genauer untersucht werden müssen. Meister Kisho bringt mit seinem Gedicht den Zusammenhang zwischen dem Gewollten und damit der mentalen Absicht einerseits und den wirklich geäußerten Worten andererseits zum Ausdruck. Beides steht mit der existenziellen Sein-Zeit in Verbindung, oder besser gesagt: Beides ist die wirkliche Sein-Zeit, wenn nicht gelogen und betrogen wird.

Ein untrügliches Zeichen für Wahrheit und Ehrlichkeit ist dadurch gegeben, wie der Mensch wirklich handelt. Wenn wir genau und achtsam beobachten und Widersprüche erkennen, ist sicher Vorsicht geboten. Dann fallen Reden und Handeln auseinander und Handeln ist eher die Wirklichkeit: Reden kann man alles, ob es stimmt oder nicht!

Es geht hier offensichtlich sehr konkret um einzelnen Menschen, um das, was sie wollen und was sie sagen. Damit sind Situationen bei einer Dharma-Übertragung und während einer Sesshin genauso gemeint wie unser Verhalten im Alltag. Was ist dabei die Realität? Manchmal ist der Wille vorhanden etwas zu tun und manchmal nicht. Manchmal besteht Übereinstimmung zwischen dem, was man denkt und sagen will, und dem, was man tatsächlich mit Worten formuliert und ausspricht, und manchmal nicht.

Häufig gelingt es uns nämlich nicht, das was wir sagen wollen, in die richtigen Worte zu fassen. Aber manchmal bedarf es gar keiner Worte und man handelt direkt intuitiv, durch den Willen geleitet. Und oft kann das Gewollte viel besser ohne Worte ausgedrückt werden.

Im Zusammenhang mit der Sein-Zeit geht es hier auch um ganz konkrete und realistische Erfahrungen beim Reden – insbesondere bei Dharma-Reden: Ein Lehrer hat z. B. bestimmte Vorstellungen und Absichten, was er den Schülern übermitteln will, und versucht, dies in Worte zu fassen, die den Sinn des von ihm Beabsichtigten treffen und andererseits bei den Schülern „ankommen“, also bei ihnen Kraft und Resonanz erzeugen. Eine solche Kraft ist dringend notwendig, damit ein Lernprozess angestoßen wird und sich das Verhalten des Menschen dauerhaft ändert. Sonst sind die Worte kraftlos und unnützes Gerede.

Meister Kisho will mit diesem Gedicht gerade kein oberflächliches und von Gier gesteuertes Gerede charakterisieren, sondern es geht ihm um Absichten und Worte des ehrlichen Buddha-Dharma. Darauf legt der Zen-Buddhismus großen Wert: gerade im Alltag, in der Familie, unter Freunden, im Beruf und nicht zuletzt bei Interessenskonflikten, die es zu lösen gilt. Kisho bezieht sich auch nicht auf verbale Täuschungsversuche, die unternommen werden, wenn jemand zum Beispiel seinen eigenen Vorteil, den Missbrauch seiner Macht oder den verdeckten Hass gegenüber anderen in beschönigende Worte kleiden will, also unaufrichtig und unmoralisch handelt. In diesem Fall wäre der Wille korrupt und entspräche nicht der buddhistischen Lehre.

Es geht ihm um das ehrliche Bemühen, Absichten und Worte in Übereinstimmung zu bringen. Es geht aber auch darum, klar zu sagen, dass es verschiedene Varianten der Übereinstimmung oder der Abweichung zwischen dem Willen und den Worten gibt. Viele wesentliche Inhalte bei der Kommunikation werden ohne Worte besser übermittelt! Wörter sind gerade in sehr existenziellen und lebensbedrohlichen Situationen oft weniger wichtig als unmittelbares helfendes Handeln: Im Augenblick des selbstlosen Bodhisattva-Handelns verwirklicht sich die Sein-Zeit unmittelbar, über das bloßes Denken und Reden hinaus. Dann kommt der selbstlose Wille zu helfen, direkt in der Gegenwart an.

Mittwoch, 11. April 2012

Die Sein-Zeit existiert in den Bergen und Meeren

Dōgen kennzeichnet das richtige, angemessene Handeln des großen Meisters Baso:
„Er war damit vertraut, das Rechte zu sein, und er wurde durch die Lehre geleitet. Wenn man sich selbst (vom Handeln) abhält, ist das (aber) nicht (immer) identisch damit, recht zu sein. Und wenn man sich selbst dazu bringt (aktiv zu handeln), ist das nicht (automatisch) das selbe, recht zu sein. Alle diese (verschiedenen Situationen) sind Sein-Zeit.“

Baso hat also gelernt, in vollem Einklang mit der buddhistischen Lehre das Rechte zu tun und das Unrechte zu vermeiden. Dōgen behandelt dieses Thema besonders tiefgründig in einem anderen wichtigen Kapitel „Erzeugt kein Unrecht und erlangt die Freiheit!“ Darin betont er besonders, dass wir allgemeine Ideologien zur Moral vermeiden sollten und immer auf den ganz konkreten Einzelfall eingehen sollen.

Denn: Unüberlegter Aktionismus kann großen Schaden anrichten, weil er nicht auf dem Gleichgewicht beruht. Was angemessen ist, hängt von der jeweiligen Situation und nicht zuletzt von den Menschen ab, mit denen wir es man zu tun haben und die wir unterstützen wollen.
Nishijima Roshi verweist an dieser Stelle auf die große Bedeutung des wahren ethischen Handelns, damit unser Selbst und das Universum verwirklicht werden. Ein solches Handeln geschieht im gegenwärtigen Augenblick:

„Ohne solche Anstrengungen gibt es überhaupt keine Chance für uns, irgendetwas Wirkliches im gegenwärtigen Augenblick zu erzeugen, das auf der Sein-Zeit beruht.“

Aber Dōgen vertritt nicht den Aktionismus um jeden Preis, denn es ist nicht in jedem Einzelfall richtig: manchmal ist es besser, nichts zu tun: Unterlassen ist daher nicht immer falsch. In diesem Fall sind wir auch und gerade in der Einheit mit den anderen Menschen und dem Universum. Auch ein solches Geschehen-Lassen ohne Aktionismus ist Wirklichkeit und keine Trägheit oder Faulheit.
Dōgen fährt zur Sein-Zeit fort:

Ohne Zeit können die Berge und Meere nicht existieren: Wir sollten nicht verneinen, dass Zeit in den Bergen und Meeren hier und jetzt existiert.“

Am Ende dieses Abschnitts fasst Dōgen die von ihm beschriebene Lehre der Sein-Zeit noch einmal in einigen Kernsätzen zusammen: Im Buddhismus gibt es eine unauflösbare Verbindung mit der Natur, für die hier stellvertretend die Berge und Meere genannt werden. Die Natur soll nicht als unabhängig von uns selbst und unabhängig von der Zeit verstanden und erfahren werden. Durch unsere Anstrengung in der Praxis auf der Grundlage der buddhistischen Lehre – zum Beispiel im Zazen – erfahren wir die Identität mit Zeit und Universum und damit die Überwindung der Dualität.

„Wenn die Zeit untergeht, gehen die Berge und die Meere unter. Wenn die Zeit nicht dem Untergang unterworfen ist, sind auch die Berge und Meere nicht dem Untergang unterworfen.“

Mit dieser Feststellung bekräftigt Dōgen noch einmal die unauflösbare Identität von Zeit und Natur. Sie haben immer dasselbe Schicksal und befinden sich immer in Koexistenz. Das ist für westliches Denken eine ganz neue Wahrheit von großer Tragweite!

Sonntag, 8. April 2012

Ostern




Liebe Freundinnen und Freunde des Buddhismus,

zu Ostern möchte ich Ihnen allen eine erfüllte Sein-Zeit wünschen:


Ganz im frischen Augenblick“, wie M. Ricard und W. Singer es in ihrem Buch „Hirnforschung und Meditation“ nennen.


Von unserem Zen-Gesprächskreis in Frankfurt habe ich einen Ausschnitt zum Thema der vier Himmlischen Verweilungen: Liebevolle Zuwendung, Mitfreude, Mitgefühl und Gleichmut in Youtube eingestellt. Hier der Link:



Himmlische Verweilungen

Mit herzlichen Grüßen
Yudo J. Seggelke

Dienstag, 3. April 2012

Das Zeichen mit dem Auge – ein Symbol für die Dharma-Übertragung



Da die Aussage von Meister Baso, dass er ein Zeichen mit den Augen gibt, nicht leicht zu entschlüsseln sind, möchte ich die Interpretation anhand einer zweiten Textstelle vertiefen. In der buddhistischen Literatur habe ich dazu bisher nichts gefunden.

Diese Formulierung kommt im Shōbōgenzō auch im Kapitel über die äußerst seltene Udumbara-Blume vor, als Gautama Buddha seinem ersten Nachfolger Mahākāshyapa die Dharma-Übertragung gibt: „Der Weltgeehrte hob eine Udumbara-Blume hoch und machte ein Zeichen mit den Augen.“ Diese erste Weitergabe des Buddha-Dharma hat für den Buddhismus eine fundamentale Bedeutung, denn sie bezeichnet den Beginn der weltweiten Verbreitung von Buddhas Lehre. In Ostasien wird diese Begebenheit besonders geschätzt, weil sie den Beginn der authentischen Übertragung von einem Meister zum anderen darstellt, also von Gautama Buddha über Mahākāshyapa zu Bodhidharma.

Das wortlose Zeichen mit dem Auge nimmt eine ganz zentrale Stellung ein beim Erwachen und der Übertragung des Dharma auf einen authentischen Nachfolger. In diesem Kapitel über die Udumbara-Blume geht es um das Erwachen Buddhas:

„Ein Zeichen mit den Augen beschreibt den Moment, in dem der leuchtende Stern an die Stelle von Buddhas Augen ging, während er unter dem (Bodhi-)Baum saß.“

Dōgen berichtet weiter, dass man genau in dem Augenblick, in dem der Tathāgata ein Zeichen mit den Augen gab, seine (alten) Augen schon verloren hat. Dieses Zeichen sei genau das Drehen der Blume des Buddha-Dharma. Es kann zur Unterstützung für den anderen Menschen dienen oder sogar die Bestätigung des Erwachens sein.
Zurück zu Meister Baso: Wenn es genau in der Situation richtig und angemessen ist, macht er ein Zeichen mit den Augen, und wenn es in der jeweiligen Situation nicht richtig ist, unterlässt er es. Nishijima erläutert dazu, dass es immer auf den jeweiligen Zustand im Augenblick ankommt.

In der zitierten Geschichte heißt es, dass die Worte Basos bei seinem Schüler Yakusan Igen eine explosive spirituelle Kraft erzeugten, die bei ihm jäh das große Erwachen zur Wirklichkeit auslöste. Dies ist ein Augenblick höchster Bedeutung und die Sein-Zeit der wahren Existenz. Dōgen hebt die Wichtigkeit von Basos Antwort hervor:

„Was Baso sagt, ist nicht gleichzusetzen mit (dem), was andere (sagen können). (Seine) Augenbrauen und seine Augen mögen die Berge und Meere sein, weil die Berge und die Meere (seine) Augenbrauen und Augen sind. Indem er sich veranlasst (eine Augenbraue) zu heben, mag er auf die Berge schauen, und indem er sich veranlasst, ein Zeichen mit dem Auge zu geben, mag er den Meeren vorstehen.“

Hier werden symbolisch die Augenbrauen mit den Bergen und das Zeichen der Augen mit den Meeren gleichgesetzt. Diese kraftvolle poetische Formulierung symbolisiert die Überwindung von Subjekt und Objekt, überschreitet also den Dualismus der gewöhnlichen Wahrnehmung. Damit werden die Kraft und Klarsicht dieses Meisters deutlich gemacht und die große Einheit des erwachten Menschen mit dem Universum im Augenblick der Sein-Zeit wird angesprochen.
Die Bemerkungen Dōgens über Baso drücken gleichzeitig seine hohe Wertschätzung und Bewunderung der Berge und der Meere aus die man in seinen Texten häufiger findet und die auch für seinen eigenen Lehrer Tendō Nyojō bezeichnend sind.

Nishijima Roshi sagt zu dem Zitat von Dōgen:
„Das subjektive Symbol der Augenbrauen und der Augen mag eine Einheit mit dem objektiven Symbol der Berge und Meere sein, weil das objektive Symbol der Berge und Meere eine Einheit mit dem subjektiven Symbol der Augenbrauen und Augen sein mag. Wenn er daher sagt, dass er die Augenbrauen hochzieht, mag dies bedeuten, die (wahren) Berge zu sehen, und wenn er ein Zeichen mit den Augen gibt, mag dies bedeuten, das (wahre) Meer zu bewundern.“