Samstag, 30. März 2013

Ankündigung einer ZEN- Sesshin



Einführung in das Schwerpunktthema Erleuchtung und Erwachennach Dogen
Zenjis Shobogenzo
Judo Seggelke Roshi

In dieser Sesshin möchte ich eine praxisnahe Einführung zur Erleuchtung nach
dem wohl größten japanischen Zen-Meister Dogen geben.

In dem spirituellen Tal der Altbäckersmühle von KyuSei und GenKi Roshi
werden sich bestimmt für alle Teilnehmer wichtige Eindrücke ergeben, die das
eigene Leben prägen können.

Beginn
Donnerstag, 09.05.2013, 17:00 Uhr
Ende
Sonntag, 12.05.2013, 13:00 Uhr

Veranstaltungsort
Altbäckersmühle
Adresse
Altbäckersmühle, 56379 Singhofen
Anmeldung und Info: Tel. 02604-5847, Mail: altbaeckersmuehle@me.com
www.altbaeckersmuehle.de
Veranstalter
Sei-Sui-Zendo
Altbäckersmühle (Zengemeinschaft des Stillen Wassers)
Kosten
€ 140 zzgl. Übernachtung und Verpflegung

Mittwoch, 27. März 2013

Die Fünf Hemmnisse der Achtsamkeit und des Erwachens



In der großen Lehrrede von den Grundlagen der Achtsamkeit beschreibt Buddha auch die Fünf Hemmnisse des Erwachens:

1. auf Sinnlichkeit gerichtetes Wollen,
2. Übelwollen,
3. Erstarren und Trägsein,
4. Aufgeregtheit und Unruhe,
5. Zweifelsucht.

Diese Hindernisse und Blockaden, die sich uns auf dem Weg zum Erwachen entgegenstellen, umfassen in der Tat das ganze Spektrum menschlichen Handelns und Denkens und werden auch von Dōgen in vielen Kapiteln behandelt. Im Abschnitt über die geistigen Gegebenheiten sagt Buddha über die Fünf Hemmnisse:

Da weilt, ihr Mönche, ein Mönch bei den geistigen Gegebenheiten in Betrachtung der geistigen Gegebenheiten, und zwar bei den fünf Hemmnissen.“

Peter Gäng hat bei seiner wörtlichen Übersetzung die Wiederholungen im Text Gautama Buddhas akkurat beibehalten, obwohl der Satz für uns deshalb etwas umständlich klingt. Wir müssen aber bedenken, dass es sich um einen mündlichen Vortrag handelte und Gautama Buddha ungewöhnlich hohe pädagogische Fähigkeiten besaß, die nicht immer einfach zu verstehenden Inhalte rhetorisch so aufzubauen, dass sie wirklich zu tiefgreifenden Veränderungen des Lebens bei den Zuhörern führten. Dazu sind Wiederholungen unumgänglich.

Beim ersten Hemmnis handelt es sich um das auf Sinnlichkeit gerichtete Wollen. Damit sind starke sinnlich-psychische Energien gemeint, die eine vollständige Dominanz erreichen können. Gautama Buddha betont, dass es sehr wichtig ist, dabei seine eigenen Motive wirklich klar zu erkennen und sich nicht mit Selbsttäuschungen zufriedenzugeben. Sicher ist es gerade für einen Mönch, der dem Zölibat verpflichtet ist, nicht leicht sich einzugestehen, dass in ihm sinnliches Wollen – auch in sexueller Hinsicht – die Oberhand gewonnen hat. Aber Buddha beschreibt die notwendige Vorgehensweise relativ sachlich:

Der Mönch erkennt ein solches Wollen bei sich selbst, oder er stellt fest, dass es nicht vorhanden ist. Weiterhin erkennt er, „wie nicht entstandenes auf Sinnlichkeit gerichtetes Wollen entsteht“, wie es also überhaupt dazu kommen kann, oder wie bereits entstandenes Wollen dieser Art wieder vergeht.

Dann überlegt er, „wie vergangenes auf Sinnlichkeit gerichtetes Wollen künftig nicht mehr entsteht“.

In der Psychologie würde man dieses von Buddha geschilderte Wollen als triebgesteuertes Wollen bezeichnen, und es gibt selbstverständlich eine Vielfalt von sinnlichen Genüssen, auf die sich die Gier oder Sucht der Menschen beziehen kann, zum Beispiel auf Essen und Trinken oder Luxusgegenstände. Auch die nicht steuerbare Spielsucht treibt Menschen und ihre Familien in furchtbare Probleme, nicht zuletzt mit den modernen Techniken des Internet.

Alle Arten von Übertreibungen und Abhängigkeiten, die eine Selbststeuerung der Affekte und des sinnlichen Wollens ausschalten, gehören in diesen Bereich. Es leuchtet ein, dass in solchen Fällen eine freie Willensentscheidung auch nach ethischen Gesichtspunkten kaum zu erwarten ist. Besonders dramatisch sind Suchtabhängigkeiten wie Drogen-, Alkohol- oder Tablettensucht.

Donnerstag, 21. März 2013

Wie wird die intuitive Weisheit Prajna beschützt?




Die intuitive Klarheit existiert im Gleichgewicht des Zazen und ist beim täglichen Handeln möglich, sie führt auch in existenziellen komplexen Lebenssituationen zu ganz klaren schnellen Entscheidungen, die vom linearen Verstand niemals geleistet werden könnten.

Dōgen zitiert einen Mönch aus dem Orden von Shâkyamuni Buddha, …
„… der für sich allein dachte: Stets werde ich mich in Verehrung vor dem tiefen Prajñā-Pāramitā verneigen“.

Nishijima Roshi erläutert dieses Zitat in dem Sinne, dass das aufrichtige Handeln des Mönchs die Weisheit Prajñā selbst sei und dass diese sich in seiner achtungsvollen Verbeugung offenbare. Dieses Verhalten sei äußerlich nicht immer klar erkennbar. Dōgen sagt:

„Denn genau in diesem Augenblick der Verneigung verwirklicht sich (die Weisheit) Prajñā, dass durch die Gelöbnisse, das Gleichgewicht und die Weisheit bis hin zur Erlösung aller Wesen erklärt und verstanden werden kann.“

Er spricht in diesem Zusammenhang auch ganz einfach davon, dass „so es ist, wie es ist“, und meint damit die Soheit ohne irgendwelche Verzerrungen und Zusätze, also die Wirklichkeit der Welt und des Universums selbst.

Dôgen führt für die Untersuchung der Prajñā-Pāramitā das Gleichnis des Raumes an und lässt den Schüler des Buddha Gautama zum Gott Indra sagen:

„Hochverehrter Indra, wenn die Bodhisattva Mahasattvas die tiefe Prajñā-Pāramitā erforschen wollen, sollen sie es wie den Raum erforschen.“

Der Raum ist im jetzigen Augenblick allgegenwärtig, und in gleicher Weise existiert Prajñā, die großartige Vernunft und Weisheit im ganzen Universum. So kann die Vorstellung des Raumes das intuitive Verstehen von Prajñā erleichtern, und dies ist möglich, wenn wir im gegenwärtigen Augenblick das Gleichgewicht verwirklichen, zum Beispiel im Zazen.

Auf die Frage Indras, wie man die intuitive Weisheit beschützen könne, antwortet der Mönch Subhuti, die Prajñā-Pāramitā werde beschützt, wenn die Menschen sie leben und lehren. Und Nishijima Roshi fügt hinzu:

„Daher kann ein Mensch Buddha genannt werden, der immer den Zustand des Gleichgewichts aufrechterhält.“

Im Buddhismus wird nach Dōgen Prajñā empfangen, bewahrt, gelesen und rezitiert. Er sagt weiter, dass man „mit (tiefer) Einsicht darüber nachdenken soll“. Schließlich zitiert Meister Dōgen Shâkyamuni Buddha, der zu seinem Schüler Shāriputra sagt:

„Die höchstverehrten Buddhas sind Prajñā-Pāramitā. Warum sage ich dies? Ich sage es, Shāriputra, weil der richtige, wahre und ausgeglichene Zustand der Wahrheit, den alle Tathāgatas (Buddhas) haben, sich immer durch die Tugend des Prajñā-Pāramitā offenbart.“

Wenn die Formen und das Materielle mit dieser intuitiven Weisheit gesehen und erfahren werden, können sie im Zustand des Gleichgewichts als leer von allen Ideologien und Begierden bezeichnet werden. Sie sind dann so, wie sie sind. Dies kann zum Verständnis der Aussage, „Form - Leerheit, Leerheit genau Form“ beitragen. Es darf sich jedoch nicht allein auf das verstandesmäßige Denken verengen, denn es geht um die große intuitive Weisheit und Vernunft.

Mittwoch, 13. März 2013

Herz-Sutra: Das Gleichgewicht ist Leere und Freiheit



Der Begriff „Leere“ hat eine ähnliche Bedeutung wie bei uns im Westen der Begriff der „Freiheit“, allerdings in einem umfassenden auch spirituellen Sinn. Nishijima Roshi erklärt hierzu, dass sich in diesem Zustand das vegetative, also autonome Nervensystem im Gleichgewicht des Zazen befindet und dass sich dadurch Ausgeglichenheit und Ruhe einstellen. Es gibt dann im Bewusstsein keine Störungen mehr, und dadurch wird das Universum genau so erfahren, wie es ist. Damit ergibt sich eine Identität von Leere und dem Zustand in der Zazen-Praxis.

Das sind Gleichgewicht und Soheit. Dôgen sagt folgerichtig zu den Begriffen von Form und Leere über das obige Zitat hinaus, dass die Form auch die Form und die Leere auch die Leere ist. Dadurch wird die Soheit von beiden besonders betont.
Ich hoffe, dass diese Ausführungen nicht allzu verwirrend sind; wichtig ist dabei, dass es sich um die übergreifende Weisheit jenseits des gewöhnlichen Denkens handelt, die sich nach der Lehre des Buddhismus in der gegenstandslosen Zazen-Meditation beim Menschen unmittelbar im Hier und Jetzt ereignet.

Die intuitive, grenzüberschreitende Prajñā-Weisheit ist auch für die Wahrnehmung wirksam. Ein erwachter Mensch haftet bei der Sinneswahrnehmung, zum Beispiel beim Sehen, nicht mehr an der äußeren Form und an der Trennung von Subjekt und Objekt, sondern überschreitet diese. Die Wahrnehmung wird nach altindischer Tradition mit den sechs Formen der Sinne und den jeweiligen Objekten erfasst.

Auch die Vier Edlen Wahrheiten des Gautama Buddha werden von dieser intuitiven Weisheit (Prajñā-Pāramitā) durchdrungen. Dasselbe gilt für die überlieferten sechs Arten des Bodhisattva-Handelns: Freizügiges Geben, Einhalten der Gelöbnisse, Geduld, Ausdauer, Achtsamkeit und Samādhi.
Dōgen betont die Verwirklichung im gegenwärtigen Augenblick (Sein-Zeit) und fügt die drei verschiedenen Arten der linearen Zeit, nämlich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hinzu.

Auch die altindischen Arten der materiellen Elemente: Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum sowie die vier Tätigkeiten des Alltags werden durch die große intuitive Weisheit erfasst, von ihr durchdrungen, und dadurch werden das herkömmliche Leben und Denken überschritten.

Vielleicht ist es an dieser Stelle hilfreich, sich die Herkunft des Sanskrit-Begriffes shūnyatā zu vergegenwärtigen: Peter Gäng zufolge wurde kurz vor der Zeitenwende von indischen Mathematikern, die damals führend in der Welt waren, die Null im System der positiven und negativen Zahlen entdeckt. Die Null heißt auf Sanskrit shūnyatā. Die Null ist in der Mitte zwischen den positiven und negativen Zahlen angeordnet und ermöglicht so das „Gleichgewicht“ und die Funktionsfähigkeit des gesamten Zahlensystems.

Zur gleichen Zeit wurden von mehreren großen indischen Meistern die Lehren des Mahāyāna-Buddhismus ausgearbeitet und interpretiert, wobei Meister Nāgārjuna diesbezüglich einen Höhepunkt und eine „goldene Periode“ prägte. Er verwendete für die Kennzeichnung des Mittleren Weges, also des Gleichgewichts, vor allem den Begriff shūnyatā und hat dies im Gesang des Mittleren Weges näher beschrieben. In älteren buddhistischen Lexika wird Nâgârjuna allerdings z. T. als Nihilist bezeichnet, der angeblich durch den Inhalt von shûnyatâ alle Logik und alles Denken außer Kraft gesetzt hat und eine Auflösung im „Nichts“ lehren würde.

Dies ist aber nach heutiger weitgehend vorherrschender Sicht unrichtig, denn es geht um die intuitive, das unterscheidende Denken überschreitende Weisheit, die in der Praxis des Zazen erfahren wird. Dann verschwinden täuschende Ideen und materialistische oberflächliche Wahrnehmung.

Nishijima Roshi hat zuweilen den Eindruck, dass diese intuitive Weisheit, wie auch überhaupt die Intuition, im Westen nicht für wichtig genug genommen und nicht richtig anerkannt werden. Oft wird ein scheinbarer Gegensatz von rationalem Denken und Intuition konstruiert und letztere in den Bereich der Esoterik und der Mystik verbannt, die wiederum eher abwertend beurteilt werden. Dies ist meines Erachtens jedoch ganz unsinnig.

Freitag, 8. März 2013

Die große intuitive Weisheit, die das Denken überschreitet (Herz-Sutra)



Meister Dōgen beschreibt im zweiten Kapitel des Shōbōgenzō das Herz-Sūtra und interpretiert es nach seinem eigen tiefen Verständnis. Auf Sankrit heißt es die „prajna pāramitā“ Sutra (japanisch Makahannya haramitsu), dabei bedeutete prajna kluge Erkenntnis und paramita das andere Ufer erreichen und transzendieren; also geht es hier um die umfassende vollkommene Erkenntnis, die das gewöhnliche Denken und Fühlen überschreitet.

Häufig wird dafür auch die „vollkommene Weisheit „ gesagt, die jenseits des gewöhnlichen materiellen und ideellen Denken ist. Damit ist gleichzeitig die Leere gemeint, also die Freiheit von den üblichen Fesseln, das ist das Gleichgewicht des Lebens wie in der Zen-Meditation. Diese vollkommenen Erkenntnis der natürlichen Wirklichkeit und damit der Wahrheit ist zusammen mit dem richtigen Handeln die Voraussetzung für die Erleuchtung. Und Zen-Geist ist Anfänger-Geist, wie Shunryu Suzuki sagt.

Dogen stellt das berühmte Sūtra, das mit den Begriffen „Form und Leere“ verbunden ist, an den Anfang seiner umfassenden Lehre des Buddhismus.

Das Herz-Sūtra ist eines der kürzesten aber wohl auch das aussagekräftigste, aus einer Reihe von zirka vierzig Sūtras des Mahayana zu diesem Thema. Es wird in den buddhistischen Gruppen der meisten ostasiatischen Traditionen wie auch bei uns in Berlin-Kreuzberg heute noch regelmäßig rezitiert.

Pāramitā bedeutet wörtlich das „Erreichen des anderen Ufers“, also das Erwachen und Überschreiten des üblichen Denkens, Fühlens und der gewöhnlichen Wahrnehmung. Prajñā pāramitā ist mit dem Begriff der Leerheit (shūnyatā) verbunden, der vor allem von Meister Nāgārjuna tiefgründig interpretiert wurde. Der Begriff der Leerheit hat allerdings immer wieder zu großen Missverständnissen geführt, weil oft die Vorstellung von Nihilismus und Ablehnung von Vernunft und Logik damit verbunden wird. Dies ist aber total falsch.

Prajñā kennzeichnet vielmehr Qualitäten unseres Geistes, die beim linearen, eindimensionalen Denken und der Trennung von Subjekt und Objekt nicht zum Zuge kommen. Ich selbst habe das Herz-Sūtra wieder und wieder rezitiert und hatte zunächst erhebliche Mühe, überhaupt dessen Sinn zu erfassen, besonders deswegen, weil es am Schluss heißt, dass dieses Sūtra mit seiner Kraft „alles Leiden wegnimmt“. Wie kann man das Leiden überwinden, wenn es wörtlich heißt, „Form - Leere, Leere genau Form“ und dass Augen, Ohren usw „leer sind“? Das war mir in der Tat völlig unklar. Nishijima Roshi sagt zu diesem Kapitel:

„Prajñā wird intuitiv und unmittelbar erfahren, wenn Körper und Geist im Zustand des Gleichgewichts sind, und Zazen ist die Übungspraxis, durch die Körper und Geist in diesen Zustand gelangen. So ist die Pāramitā der großen Weisheit die Essenz des Zazen.“ Denn Zazen ist ungegenständliche Meditation: dann ist unser Geist schon leer von rotierenden Ideen und Gedanken und auch emotionsfrei, das ist die erste Erleuchtung

Nishijima Roshi verwendet für den Begriff der Leerheit häufig den Zustand des ganzheitlichen Gleichgewichts von Körper und Geist, also des ganzen Menschen und auf keinen Fall nur seines Verstandes.

Dōgen beginnt dieses Kapitel wie folgt:
„Währen der Bodhisattva Avalokiteshvara die tiefgründige Prajñā-Pāramitā praktiziert, reflektiert der ganze Körper, dass die fünf Komponenten des Menschen (skandha) vollständig leer sind.“

Nishijima Roshi erläutert hierzu sein, das man bei der Zazen-Praxis erfährt: „Das ganze Universum ist so, wie es ist“. Die fünf Komponenten des Menschen und der Welt sind nach seiner Deutung Körper (Form), Sinne (Wahrnehmung), Denken, Handeln und Bewusstsein. Beim Zazen werden das Denken und die Wahrnehmung überschritten, sodass sich das Bewusstsein ganz für das Hier und Jetzt öffnet und den Stress, die Gedanken und aufgeladenen Gefühle abschüttelt. Man ist leer von den üblichen oft bohrenden und störenden Gedanken und Gefühlen.