Donnerstag, 30. August 2012

Neues Buch: Erwachen und Erleuchtung im ZEN



Erwachen und Erleuchtung im Zen
Verschrotte den eigenen Käfig
Yudo J. Seggelke

Die Kernpunkte des Buddhismus und Zen sind ohne Zweifel Erwachen und Erleuchtung. Was ist aber authentisch und verlässlich und was ist fehlerhaft und führt in die Irre? Darauf gibt dieses Buch eine wirklich fundierte Antwort.
Mit diesem Buch habe ich die zentralen Texte des großen Meister Dōgen zu diesem Thema zusammengestellt und erläutert. Bisher gab es eine solche verlässliche und dabei verständliche Zusammenfassung noch nicht.
In diesem Buch wird das Erwachen und die Erleuchtung nach den Methode des Zen-Buddhismus praktisch und klar beschrieben.
Inhalt:

Der frühe Buddhismus Gautama Buddhas und Dōgens Shōbōgenzō – eine Verbindung
Die acht Wahrheiten eines wirklich großen Menschen (Hachi-dainingaku)
Erwachen und Erleuchtung
Drei Erleuchtungsgeschichten
Die große Bedeutung des Willens zur Wahrheit (Dōshin)
Die Erweckung des Wahrheits-Geistes am Beginn des Buddha-Weges (Hotsu bodaishin)
Das große Erwachen (Daigo)
Der große Schatz von Buddhas Sūtras (Bukkyō)
Die Übertragung des Buddha-Dharma von Angesicht zu Angesicht (Menju)
Die 37 Elemente des Erwachens
Nach dem Erwachen
Leben und Handeln nach dem Erlangen der Buddha-Wahrheit (Butsu kōjō no ji)
Der Alltag im Hier und Jetzt (Kajō)
Große erleuchtete Meister (Gyōji)

Wie kann man dabei am besten vorgehen, und welche Grundlagen des Zen müssen herangezogen und aufgearbeitet werden? Die Antwort lautet: Wir müssen auf die authentisch überlieferten und zuverlässig übersetzten Texte der großen Zen-Meister zurückgreifen und die Kommunikation mit einem wahren lebenden Meister suchen! Heute sind wir tatsächlich in der glücklichen Lage, Zugang zu authentischen Zen-Dokumenten zu haben: Eine umfassende, tiefgründige und absolut zuverlässige Beschreibung des chinesischen und japanischen Zen-Buddhismus bieten dabei die Werke von Meister Dōgen. Diese Einschätzung ist in der Fachwelt völlig unbestritten. Nishijima Roshi und ich möchten vor allem Dōgens Hauptwerk Shōbōgenzō hervorheben.
Der Stellenwert Dōgens für den ostasiatischen Buddhismus und für die gesamte Weltkultur der Gegenwart kann kaum überschätzt werden. Aber es ist nicht einfach, die schwierigen und miteinander vielfach vernetzten Kapitel und Themen des Shōbōgenzō für sich selbst zu erarbeiten und zu „verstehen“. Die Kapitel Meister Dōgen wurden von jeweils einzeln geschrieben, als Dharma-Reden vorgetragen und erst später zusammengestellt.
Nishijima Roshi und ich wollen daher das Shōbōgenzō für einen größeren Kreis von Interessierten in einer gut verständlichen Sprache zugänglich machen.
Den Leserinnen und Lesern wünsche wir nun viel Engagement, wenn sie diesen Band in die Hand nehmen und sich darin vertiefen. Wir sind sicher, dass es für viele ein großer Gewinn ist.

Bestellung per Internet, z. B. :


Dienstag, 21. August 2012

Der fundamentale Unterschied von Täuschung und Handeln



 Nach Dōgen wird das wahre Handeln im Alltag vollzogen, zum Beispiel wenn wir etwas holen und forttragen, oder wenn wir „ein öffentliches Tor verlassen und betreten“, sodass alle dies sehen können. Er erläutert dann, dass die ganze Welt niemals verborgen war, weil sich die Wirklichkeit sich im Handeln offenbart. Im Handeln besteht auch die Einheit der Wirklichkeit mit der buddhistischen Lehre. Es gibt beim Handeln keine philosophischen Geheimnisse und nichts Verborgenes, sondern in der Gegenwart existieren die direkte Erfahrung, das direkte Handeln und die direkte Dharma-Übertragung. Darauf folgt ein Gedicht über die Schwierigkeiten im Alltag:
„Ich gehe hinaus durch das (gedachte) Tor, nur Gras.
Ich komme herein durch das (gedachte) Tor, nur Gras.
(Handeln:) Zehntausend Meilen weit, kein bisschen Gras.“
Gras ist im Buddhismus häufig ein Symbol für Unkraut beziehungsweise die Widerstände oder Widrigkeiten des täglichen Lebens. Die ersten beiden Verse bedeuten also, dass man im Leben unter vielen Problemen leidet, vor allem wenn man eine idealistische Weltanschauung hat und das Handeln vernachlässigt. So interpretiere ich den Begriff „Tor“. Dieser Begriff wird häufig für die Erleuchtung und Befreiung im sogenannten idealistischen Buddhismus verwendet. Aber er ist dann nur ein Wort und eine Vorstellung, die sich von der Wirklichkeit entfernt hat und in der Theorie und Denken verliert.
Die dritte Zeile geht auf ein berühmtes Kōan-Gespräch zurück, das ein großer Meister am Ende des wichtigen Sommer-Retreats seinen Schülern übermittelte. Sie scheint zunächst den Aussagen der ersten beiden Zeilen zu widersprechen. Aber dieser dritte Vers drückt aus, dass durch das Handeln der Buddhas und insbesondere die Zazen-Praxis das „Unkraut“ und die Widerstände des Lebens in der bisherigen Form verschwinden. Dann gibt es das Unkraut des realitätsfernen Denkens nicht mehr
Der zweite Teil des Gedichts lautet:
„Das Wort ‚hereinkommen‘
und das Wort ‚hinausgehen‘
sind nutzlos an diesem Ort
und nutzlos an jenem Ort.“
Dōgen stellt hier das Tun in den Mittelpunkt und verdeutlicht, dass den Worten meist keine große Bedeutung zukommt. Gegenüber der Wirklichkeit des Handelns im Augenblick und an diesem Ort sind Wörter ohne großen Nutzen. Eine solche Einschätzung wird von westlichen Philosophen wohl kaum geteilt.
Dōgen erläutert, dass unser scheinbares Verstehen und Begreifen meistens nicht auf dem Handeln basieren, sondern eher mit einem Traum, einer Illusion zu vergleichen sind – oder, wie es an anderer Stelle im Shōbōgenzō heißt, mit gedachten Blumen im Raum.
Im Gegensatz zum Träumen macht man beim Handeln allerdings manchmal Fehler. Demnach unterscheiden sich Träume und Hoffnungen einerseits, denn sie erscheinen meist fehlerlos, von der Wirklichkeit anderseits, die auch Irrtümer und reale Bedingungen hat. Aber das konkrete Handeln die Unwirklichkeit soll und kann die Täuschungen des Denkens und der Illusionen aufklären.
Aber wie können wir die Fehler beim Handeln vermeiden und durch einen Lernprozess des Handelns zur befreienden Wirklichkeit gelangen? Wenn wir in Illusionen und Träumen stecken bleiben und vor der Wirklichkeit davonlaufen, sind keine Lern- und Befreiungsprozesse möglich.
Schließlich hebt Dōgen noch einmal die Fehler beim Denken und die häufig dadurch entstehende Ausweglosigkeit hervor:
„Ein Schritt vorwärts ist (beim Denken) ein Fehler, ein Schritt rückwärts ist (beim Denken) ein Fehler.
(So) ist ein Schritt ist ein Fehler und sind zwei Schritte Fehler, daher ist (solches Denken) in jedem Augenblick ein Fehler.“
Beim Träumen und bei Illusionen kann man nicht überprüfen, ob es sich um Fehler handelt oder nicht, aber die Wirklichkeit wird sich irgendwann durchsetzen und das ist der Grund, warum Idealisten so häufig enttäuscht sind im Leben. Nishijima Roshi betont, dass sie immer leiden, weil sie sich der Wirklichkeit durch ihre Träume und Ideen zu entziehen versuchen. Der Unterschied zwischen Denken und Handeln ist laut Dōgen so groß wie der zwischen Himmel und Erde. Diese Formulierung verwendet er auch im Fukan zazengi, um die Übungspraxis des Zazen von Theorien und illusionärem Denken abzugrenzen.

Montag, 13. August 2012

Die Befreiung der handelnden Buddhas




Dōgen untersucht das reine, wahre Handeln der Buddhas ganz genaun. Ein solches Handeln umfasst genauso das Ich wie das Du.
„Das wahre Handeln im Gleichgewicht, wenn es hier und jetzt als Buddha und hier und jetzt als Selbst gekommen ist, ist genau die Befreiung.“

Mit dieser Aussage bezieht sich Dōgen auf das Kapitel über das „Etwas“, das die intellektuelle Unfassbarkeit der Wirklichkeit und vor allem des Menschen behandelt, wobei das „Etwas“ in der ganzen Wirklichkeit gegenwärtig ist. Dieses Etwas ist mit dem Denken nicht fassbar, aber es ist genau die Wirklichkeit. Dōgen fordert uns auf, uns immer die Grenzen unseres Denkens vor Augen zu führen; wir sollen uns nicht durch falsche und konkretistische Vorstellungen von Ich und Du einengen. Denn wenn wir uns auf diese Weise eingrenzen, erfahren wir nicht die ganze Fülle der Wirklichkeit bei den Begegnungen mit anderen Menschen im Augenblick.

Der handelnde Buddha ist nicht von den konkreten zehn Himmelsrichtungen des Raumes und der Welt getrennt, sondern er bildet damit eine Einheit. Sein Handeln ist das verwirklichte Universum und die Befreiung.

Das Nachdenken über weit entfernte Orte, das mehr Fantasie als Wirklichkeit ist, sollten wir daher aufgeben und zum konkreten Ort zurückkehren und vor allem hier und jetzt handeln. Es geht in diesem Zusammenhang auch um allzu abstraktes Denken über unser Leben und unsere Umwelt. Die obige Aussage wird dem großen Meister Wanshi zugeschrieben, der von Tendō Nyojō und Dōgen außerordentlich geschätzt wurde und etwa 100 Jahre vor ihnen gelebt hat. Dōgen fährt dann fort:
„Wenn wir schon diesen Zustand bewahren und uns auf ihn verlassen, sind (uns) alle Dharmas, Körper, alle Handlungen und alle Buddhas vertraut und direkt.“

Das heißt, dann entfällt alles Überflüssige und es wird nichts hinzufantasiert und wir werden nicht getäuscht. Die Wirklichkeit erscheint einfach so, wie sie ist, und offenbart sich im Augenblick des Handelns. Es geht dann nur um das Handeln selbst. Durch diese scheinbare Beschränkung und Fokussierung ergibt sich gerade unsere Befreiung als direkte Erfahrung.

Dōgen spricht auch von einer Fokussierung auf die Augen und meint damit, dass wir die Dinge genau so sehen, wie sie sind, und sie nicht durch Täuschung und Illusionen verzerren sollen. Eine solche klare Wahrnehmung selbst eröffnet uns also den Blick für die Wirklichkeit, die dann unverschleiert und unverzerrt gesehen werden kann. Dies ist ein wichtiger Teil der Befreiung! Gleichzeitig erfährt man bei dieser umfassenden Wahrnehmung, welche die Dualität überschreitet, die große Einheit, sodass wir Objekte nicht getrennt und isoliert von uns erleben.

Mittwoch, 8. August 2012

Wie sich Handeln und Denken unterscheiden



In der Augenblicklichkeit des Entstehens und Vergehens handelt Buddha, und in diesem Augenblick erzeugt Buddha genau das sinnvolle Tun und Handeln. Dabei kann es vorkommen, dass der Körper sich der Dharma-Wirklichkeit, unterordnet und weniger wichtig ist, dass wir also nicht einseitig an unserem Körper hängen. Es gibt aber auch das Umgekehrte: Wir benutzen den Körper für die Dharma-Wahrheit, wobei der Körper hier für die Wirklichkeit steht und im Gegensatz zur ideellen Lehre zu verstehen ist.

Damit fordert uns Dōgen auf, nicht den eigenen Körper und das eigene Leben anzubeten, sondern beides in den Dienst des Handelns und des Buddha-Dharma zu stellen. Das bedeutet aber keinesfalls, dass der Körper und abgewertet verachtet wird, wie es bisweilen im Idealismus und in den idealistischen Religionen zu beobachten ist!

Den Begriff und die Lehre des „Dharma“ sollten wir für die reale Wirklichkeit des Hier und Jetzt aufgeben. Darin zeigt sich das wahre und reine Handeln, bei dem wir die Theorie der Buddha-Lehre für das konkrete Gleichgewicht des klaren Körper-und-Geistes aufgeben. Nishijima und Cross erläutern diese Darlegung Dōgen in einer Fußnote zum Shōbōgenzō: „Meister Dōgen spricht eine konkrete Situation an, in der ein buddhistischer Mönch zum Beispiel sein Gelöbnis bricht, nach dem Mittag nichts mehr zu essen, um den Zustand des Gleichgewichtes und der Zufriedenheit des Geistes (im Zazen) aufrechtzuerhalten.“ Der Mönch nimmt hier also das Gleichgewicht der Zazen-Praxis wichtiger als formale Vorschriften, die sich aus den Gelöbnissen ergeben. Das formale Einhalten der Gelöbnisse reicht demnach für das reine, wahre Handeln nicht immer aus. Das ist eine mutige Aussage. Wenn wir in bestimmten Situationen etwas weniger Wichtiges aufgeben, kann das natürlich nicht einfach quantitativ gemessen werden. Eine solche Aufgabe entzieht sich im Übrigen jeder Messbarkeit.

Dōgen grenzt das Handeln sogar ganz klar von den Überlegungen und vom Denken des Buddhas ab. Auch die Buddhas können die große Wahrheit durch das Denken nicht umfassend ausloten und abschätzen:
„Überlegungen (und Denken) durch die Buddhas sind (nur) ein bestimmter Aspekt (der Wirklichkeit), genau so wie die sich öffnenden Blumen (als Erscheinung).“

Die sich öffnenden Blumen stehen in diesem Zitat für die Wahrnehmung der Dinge und Phänomene, also der Vielfalt und Schönheit dieser Welt. Dabei geht es hauptsächlich um die Gegebenheiten der Form und Farbe. Das Denken und die Ideen einerseits sowie die Wahrnehmung und Form andererseits stellen also nur bestimmte Sichtweisen und Perspektiven und somit Teilwahrheiten dar. Das unterscheidende und vor allem emotionalisierte Denken kann nur sehr begrenzt das reine Handeln beschreiben, es ist nut eine grobe und recht ungenaue Kopie des Handelns.