Mittwoch, 8. August 2012

Wie sich Handeln und Denken unterscheiden



In der Augenblicklichkeit des Entstehens und Vergehens handelt Buddha, und in diesem Augenblick erzeugt Buddha genau das sinnvolle Tun und Handeln. Dabei kann es vorkommen, dass der Körper sich der Dharma-Wirklichkeit, unterordnet und weniger wichtig ist, dass wir also nicht einseitig an unserem Körper hängen. Es gibt aber auch das Umgekehrte: Wir benutzen den Körper für die Dharma-Wahrheit, wobei der Körper hier für die Wirklichkeit steht und im Gegensatz zur ideellen Lehre zu verstehen ist.

Damit fordert uns Dōgen auf, nicht den eigenen Körper und das eigene Leben anzubeten, sondern beides in den Dienst des Handelns und des Buddha-Dharma zu stellen. Das bedeutet aber keinesfalls, dass der Körper und abgewertet verachtet wird, wie es bisweilen im Idealismus und in den idealistischen Religionen zu beobachten ist!

Den Begriff und die Lehre des „Dharma“ sollten wir für die reale Wirklichkeit des Hier und Jetzt aufgeben. Darin zeigt sich das wahre und reine Handeln, bei dem wir die Theorie der Buddha-Lehre für das konkrete Gleichgewicht des klaren Körper-und-Geistes aufgeben. Nishijima und Cross erläutern diese Darlegung Dōgen in einer Fußnote zum Shōbōgenzō: „Meister Dōgen spricht eine konkrete Situation an, in der ein buddhistischer Mönch zum Beispiel sein Gelöbnis bricht, nach dem Mittag nichts mehr zu essen, um den Zustand des Gleichgewichtes und der Zufriedenheit des Geistes (im Zazen) aufrechtzuerhalten.“ Der Mönch nimmt hier also das Gleichgewicht der Zazen-Praxis wichtiger als formale Vorschriften, die sich aus den Gelöbnissen ergeben. Das formale Einhalten der Gelöbnisse reicht demnach für das reine, wahre Handeln nicht immer aus. Das ist eine mutige Aussage. Wenn wir in bestimmten Situationen etwas weniger Wichtiges aufgeben, kann das natürlich nicht einfach quantitativ gemessen werden. Eine solche Aufgabe entzieht sich im Übrigen jeder Messbarkeit.

Dōgen grenzt das Handeln sogar ganz klar von den Überlegungen und vom Denken des Buddhas ab. Auch die Buddhas können die große Wahrheit durch das Denken nicht umfassend ausloten und abschätzen:
„Überlegungen (und Denken) durch die Buddhas sind (nur) ein bestimmter Aspekt (der Wirklichkeit), genau so wie die sich öffnenden Blumen (als Erscheinung).“

Die sich öffnenden Blumen stehen in diesem Zitat für die Wahrnehmung der Dinge und Phänomene, also der Vielfalt und Schönheit dieser Welt. Dabei geht es hauptsächlich um die Gegebenheiten der Form und Farbe. Das Denken und die Ideen einerseits sowie die Wahrnehmung und Form andererseits stellen also nur bestimmte Sichtweisen und Perspektiven und somit Teilwahrheiten dar. Das unterscheidende und vor allem emotionalisierte Denken kann nur sehr begrenzt das reine Handeln beschreiben, es ist nut eine grobe und recht ungenaue Kopie des Handelns.