Wenn Praxis und direkte Erfahrung im Augenblick eine Einheit bilden, ergibt sich der reine höchste Zustand, den die
handelnden Buddhas bewahren und in der Praxis anstreben. Alle großen Meister
und ewigen Buddhas haben die Einheit von Lehre, Praxis und Erfahrung
verwirklicht und die beiden großen chinesischen Meister Daikan Enō und Nangaku sind sich darüber einig, dass es bei ihnen selbst genau so
verwirklicht ist. Sie sind damit handelnde Buddhas und haben die
Verschmutzungen überwunden. Indem Daikan Enō die indischen Meister und
Vorfahren im Dharma einbezieht, macht er zudem klar, dass die Zazen-Praxis
nicht erst in China entstanden ist. Sie gehört zum ursprünglichen Kern jeder
buddhistischen Lehre und Praxis, dem Samadhi.
Dōgen unterstreicht im Folgenden, dass diese Reinheit gerade das
Typische und Charakteristische der Buddhas ist:
„In diesem unverschmutzten Zustand, der wahrlich jenseits vom ‚Ich‘ und
jenseits vom ‚Du‘ ist, gibt es das wahre und reine Handeln der Buddhas, das sie
bewahren und erstreben. (Dies ist) das wirkliche Selbst, also das ganz konkrete
(offene und klare) Selbst.“
Im Gespräch zwischen den beiden großen buddhistischen Meistern gibt es daher beim wahren und reinen Handeln der
Buddhas keine Trennung zwischen Ich und Du. Gleichzeitig werden das kleine
abgetrennte „Ich“ und das isolierte „Du“ überschritten. Dōgen erklärt:
„Der Meister ist hervorragend, weil er (sagt), ‚ich bin
genau so‘, und der Schüler ist stark, weil (er sagt), ‚Du bist auch so‘. Des
Meisters Vortrefflichkeit und des Schülers Stärke sind die Vollkommenheit im
Wissen und Handeln des handelnden Buddhas.“
Wissen und Verhalten ist laut Dōgen bei beiden Meistern identisch und
lässt keine Unterscheidung von Ich und Du zu. Damit überschreitet die
Formulierung von Daikan Enō den üblichen Begriff des „Ich“ und geht deshalb
auch über das normale „Du“ hinaus. Auf keinen Fall geht es im Übrigen nur um
isoliertes, angehäuftes Wissen, sondern gerade um die Einheit mit dem wahren
Handeln.
Dann fasst Dōgen noch einmal das Wichtigste zusammen:
„Wir haben daher gesehen, dass Praxis-und-Erfahrung jenseits von
(Begriffen und Vorstellungen) wie Essenz und Form oder Substanz und Detail
ist.“
Die Einheit von Praxis und Erfahrung ist das Handeln der Buddhas und die
Wirklichkeit, und dies ist jenseits von Begriffen oder Inhalten der
buddhistischen Lehre. Gerade die Bezeichnungen Essenz und Form, aber auch
Substanz und Detail haben nämlich zunächst keinen Bezug zum Handeln und zum
Augenblick, sie suggerieren eine Dauerhaftigkeit und Unveränderlichkeit. Das
widerspricht aber ganz grundsätzlich dem Handeln im Augenblick und ist
bestenfalls ein Hinweis auf die Wirklichkeit – wie der Finger, der auf den Mond
zeigt.