Nachdem Dōgen die Sein-Zeit des Handelns sowie die
Abgrenzung von Vorstellungen und Begriffen untersucht hat, geht es ihm nun um
den Ort:
„Obgleich es
Hunderttausende zahllose Orte gibt, wo es keine Buddhas und Menschen gibt,
beschmutzen (jene Orte) nicht den handelnden Buddha.“
Anders ausgedrückt: Das reine und wahre Handeln ist unabhängig von
anderen Orten, die ohne Buddha sind und wo keine
menschlichen Lebewesen wohnen und die daher nicht in der Wirklichkeit des
Buddhismus sein können.
Eine „Verschmutzung“ der handelnden Buddhas kann auch nicht eintreten,
wenn die Praxis getrennt wird von der Erfahrung, wenn also im Zazen die
Übungspraxis einem entfernten und getrennten Ziel dienen soll, zum Beispiel
Buddha zu werden.
Dōgen räumt jedoch ein: „Dies bedeutet
nicht, dass Praxis und Erfahrung (immer) unbeschmutzt sind.“ Nishijima und
Cross erläutern diese Äußerung in einer Fußnote zu ihrer Übersetzung des Shōbōgenzō folgendermaßen: „Mit anderen
Worten ist die Motivation im Zustand des handelnden Buddhas immer rein, aber
die Motivation im Zazen und in anderen buddhistischen Übungen (der normalen
Menschen) ist nicht immer rein. ‚Verschmutzung‘ beschreibt zum Beispiel den
Zustand, dass man im Zazen mit der Erwartung von Vorteil und Belohnung sitzt,
die sich vom Handeln und von der Erfahrung des Zazen selbst unterscheidet.“
Durch diese Trennung von Handeln und Erfahrung und die Konzentration auf das
gierig angestrebte Ziel entsteht also die von Dōgen angesprochene
Verschmutzung.
Nishijima betont in diesem Zusammenhang, dass handelnde Buddhas niemals
unrein sind und niemals beschmutzt werden können. Wenn wir selbst dieses
ursprüngliche Handeln im Augenblick verwirklichen, werden wir frei! Ferner weist
er darauf hin, dass Zazen genau dieses Handeln im Augenblick ist, das uns
befreit und keine Befleckung aufweist. Dōgen erklärt diese Wahrheit des Zazen
in mehreren Kapiteln im Shōbōgenzō
und in seiner Schrift Fukan zazengi.
Um dieses Thema zu vertiefen, zitiert er hier ein berühmtes, aber häufig
missverstandenes Kōan-Gespräch zwischen den Meistern Daikan Enō und Nangaku,
das im Shōbōgenzō sowie in der Kōan-Sammlung
Shinji Shōbōgenzō ausführlich
wiedergegeben ist.
In diesem Gespräch fragt Daikan Enō den Meister Nangaku: „Verlässt du
dich auf die Praxis-und-Erfahrung oder nicht?“ Nangaku antwortet: „Es ist nicht
so, dass es keine Praxis-und-Erfahrung gibt. Aber der Zustand kann niemals
beschmutzt werden.“ Damit bestätigt Nangaku also, dass es die Praxis-und-Erfahrung
als Einheit wirklich gibt und hat so den ersten Teil der Frage von Daikan Enō
positiv beantwortet. Dann fügt er hinzu, dass dieser Zustand in der Einheit von
Praxis-und-Erfahrung immer rein ist, also nicht beschmutzt werden kann. Eine
Beschmutzung würde nur dann entstehen, wenn Praxis und Erfahrung voneinander
getrennt würden und man irgendetwas aus egoistischen Motiven anstrebt.
Daikan Enō geht darauf ein und erwidert: „Genau diese Unbeschmutztheit
ist es, welche die Buddhas bewahren und erstreben. Du
bist genau so, ich bin auch so. Und die alten Meister von Indien waren auch
genau so.“