Samstag, 22. August 2009

Das Gleichnis des intuitiven Verstehens und Handelns, Saindhava (Ōsaku sendaba),Teil 3

Es wird Tendō Nyojōs Lehrer, Meister Wanshi, zitiert, der Folgendes lehrte:
„Ein Mönch fragte Jōshū: ‚Wie ist es, wenn ein König Saindhava erbittet?’ Jōshū (antwortete nicht mit Worten, sondern) verbeugte sich mit aufeinandergelegten Händen (Shashu).“
Ein späterer Meister kommentierte Jōshūs Verhalten wie folgt: „Es war die Bitte um Salz und das Geben eines Pferdes.“
Der große Meister Wanshi fügte noch hinzu, dass die Interpretation dieser Begebenheiten von ganz großer Bedeutung sei und dass wir nicht im Geringsten davon abweichen sollten. Wie können wir uns das Verhalten von Meister Jōshū erklären?

Er veranschaulicht, dass man mit Worten allein Saindhava nicht erschöpfend beschreiben kann. Durch seine Verbeugung wird zum Beispiel die Wertschätzung des anderen für das gemeinsame Handeln ausgedrückt. Damit ist die wichtige moralische und humanistische Dimension angesprochen. Außerdem will Jōshū mit der Verbeugung das intuitive Verständnis des Dieners für die Bitte des Königs darstellen.

Der zweite Meister verdeutlicht die Einheit des Handelns desjenigen, der um etwas bittet, und des anderen, der diese Bitte erfüllt. Die beiden Akteure erreichen mit ihrem wechselseitig aufeinander bezogenen Handeln eine Einheit in der Wirklichkeit des Augenblicks.
Schließlich erläutert Dōgen sein eigenes Verständnis des Saindhava-Gleichnisses: Die vier Produkte des Indus-Beckens kann man zunächst als Objekte verstehen, die von dem Menschen als Subjekt, das um die Produkte bittet, getrennt sind. Aber diese Trennung wird überwunden, indem die Wirklichkeit im Augenblick erlangt wird. Dōgen ergänzt noch einen weiteren Aspekt:

„Der Welt-Geehrte bittet um Saindhava und Mahākāshyapas Gesicht erhellte sich zu einem Lächeln.“

Damit wird im höchsten Zustand des Erwachens die tiefere Bedeutung der Bitte und des Erfüllens der Bitte deutlich gemacht. Mit dem Lächeln des ersten Nachfolgers von Gautama Buddha begann die Geschichte des Buddhismus und die Übertragung von einem Meister zum anderen. Für die buddhistische Praxis und Lehre ist es der zentrale Augenblick, wenn Dōgen das Gleichnis des Saindhava mit der Begebenheit des Erwachens gleichsetzt. Er kommt dann auf Meister Bodhidharma zu sprechen:

„Der erste Vorfahre im Dharma (in China) erbittet Saindhava und seine vier Schüler dienten mit einem Pferd, mit Salz, Wasser und einem Behälter. Wir sollten diesen äußerst wichtigen Zustand erlernen, in dem wir das Pferd bereitstellen oder das Wasser geben. Genau in dem Augenblick werden die Bitte um Saindhava, ein Pferd, das Salz, das Wasser oder ein Behälter zu einer Einheit (objektive Dinge und subjektive Funktionen).“

Mit diesen Worten unterstreicht Dōgen das Handeln im Augenblick, bei dem Subjekt und Objekt zu einer Einheit verschmelzen und damit die Wirklichkeit selbst sind. Die subjektive Bitte, die erbetenen Objekte, das Handeln, der Bittende und derjenige, der die Bitte erfüllt, bilden in der Wirklichkeit eine unauflösbare Einheit. So wird der Dualismus überwunden, der für zentrale, spirituelle Existenzfragen und das Erwachen nur unzureichende Antworten bietet.