Sonntag, 13. Februar 2011

Die Wirkungen der Zazen-Praxis

Die Praxis übt einen einen außerordentlich starken und nachhaltigen Einfluss auf den Praktizierenden aus. Ohne Praxis verpufft die buddhistische Lehre weitgehend! Nach Dōgen folgt der wahre, im Gleichgewicht befindliche Zustand

„den Wegen der intimen und mystischen Zusammenarbeit, sodass dieser Mensch, der unerschütterlich im Zazen sitzt, frei wird von Körper und Geist.“


Dadurch werden unreine, also mit der Ethik und Moral nicht übereinstimmende Sichtweisen „abgeschnitten“ und man erfährt und erlebt den Buddha-Dharma in seiner natürlichen und reinen Weise. Wenn wir im Zazen sitzen, kann man dies als Sitzen in der buddhistischen Wahrheit verstehen und dieser Einfluss verbreitet sich laut Dōgen nachhaltig und kraftvoll in der Welt. Damit werde auch der höchste Zustand der Buddhas weiter angehoben.
Anschließend bezieht er in der für den Zen typischen Weise die konkrete Wirklichkeit des Alltags ein:

„Zu dieser Zeit vollendet alles im Universum in den zehn Richtungen die Arbeit Buddhas: Boden, Erde, Gras und Bäume, Zäune, Mauern, Ziegel und Kieselsteine.“

Diese Formulierungen greifen den zentralen Ansatz des vorigen Kapitels Genjō-kōan über die Verwirklichung des Universums auf, nämlich dass sich durch unsere eigene Zazen-Praxis in der richtigen und reinen Form das Universum und wir selbst uns verwirklichen. Eine Wirklichkeit sei, so Dōgens Botschaft, ohne diesen Gleichgewichtszustand in der Praxis gar nicht möglich und Nishijima Roshi ergänzt, dass sonst nur im Denken und in den Ideen „gelebt“ würde.


Dōgen findet hier Worte von großer Prägnanz, wenngleich die Aussagen für uns westliche Menschen gewiss zunächst neu und überraschend sind. Es geht dabei um die Einheit der konkreten Dinge und Phänomene, die in der obigen Aufzählung enthalten sind, und somit um die einheitliche mystische Kraft des Buddha-Dharma in der Wirklichkeit der Praxis.
Dōgen verstärkt im Folgenden seine Ausführungen noch:

„Diesen Menschen, die das Gute empfangen, das auf diese Weise von Wind und Wasser erzeugt wird, wird auf unerklärliche Weise geholfen durch den feinen und durch Denken nicht erfassbaren Einfluss Buddhas. Und sie zeigen den unmittelbaren Zustand der Verwirklichung.“


Besonders interessant ist bei diesem Zitat die Erwähnung des Windes und des Wassers, die im Allgemeinen nur als materielle Elemente angesehen werden. Dōgen möchte hier jedoch über die materielle Dimension hinausweisen, ohne diese auszuklammern und abzuwerten. Wind und Wasser werden als Wirklichkeit unmittelbar und in mystischer Einheit mit dem Buddha-Dharma erlebt und erfahren.


Mit dem Begriff Mystik ist aber keineswegs etwas Dumpfes, Mythisches oder Magisches gemeint. Im Gegenteil: Er bezeichnet sozusagen das geheimnisvoll Natürliche, das nicht an materielle Formen und Strukturen gebunden ist, sondern im höchsten Zustand der Praxis im Augenblick Klarheit und Kraft verwirklicht. Und die Menschen, von denen im obigen Zitat die Rede ist, seien mit Buddhas großer Tugend ausgestattet, was sie in die Lage versetze, ihr Handeln in bemerkenswerter Weise auszuweiten und voranzubringen:


Sie durchdringen das Innere und Äußere des ganzen Universums mit dem Buddha-Dharma, der grenzenlos, ohne Verschwinden, undenkbar und nicht berechenbar ist.“