Sonntag, 22. Mai 2011

Die Erleuchtung ist das wahre Selbst




Die Zazen-Praxis kann mit Worten nicht beschrieben werden, maßgeblich ist das Handeln selbst. Dōgen vertieft diesen Gedanken in seinen folgenden Ausführungen:


„Weil die Praxis genau die Erfahrung (der Verwirklichung) ist, hat die Erfahrung kein Ende, und weil die Erfahrung die Praxis ist, hat die Praxis keinen Anfang. Auf diese Weise wurden sowohl der Tathāgata Shākyamuni als auch der ehrwürdige Vorfahre im Dharma, Mahākāshyapa, durch die Praxis empfangen, sie haben diese benutzt und sie existiert (wirklich) im Zustand der Erfahrung.“



In der Zazen-Praxis erfahren wir unseren ursprünglichen Zustand und unser wahres offenes Selbst, das ist die große Klarheit. Dieses Selbst hat keinen Anfang und kein Ende, weil sein natürlicher Zustand ja von Anfang an in unserem Leben besteht und bis zu unserem Ende reicht. Nur wenn die Erleuchtung als etwas Getrenntes von unserem wahren Selbst aufgefasst wird, gebe es einen Anfang und ein Ende. Eine solche Auffassung ist aber nach Dōgen und Nishijima Roshi nicht korrekt.



Im obigen Zitat stellt Dōgen fest, dass auch Gautama Buddha und Mahākāshyapa das wahre Selbst empfangen haben, indem sie Zazen praktizierten. Das ist eine klare Aussage! Diesen wahren Zustand haben sie dann in ihren Arbeiten und in ihrer Lehre benutzt. Damit kommt Dōgen auf seine zentrale Aussage zurück:



„Im Zazen empfangen wir das Selbst und benutzen es.“


Er wendet sie sogar auf Buddha und Mahākāshyapa an.
Außerdem mahnt er:


„Denkt daran, dass wir auch in dem Zustand der Erleuchtung praktizieren sollten.“


Nishijima Roshi erklärt hierzu, dass man die Erleuchtung niemals verlieren kann, wenn man jeden Tag die Zazen-Praxis fortsetzt.


Da laut Dōgen keine Trennung zwischen Praxis und Erleuchtung besteht, kann man auch sagen, dass Erleuchtete immer praktizieren, also Zazen fortsetzen. Nishijima Roshi fügt in pointierter Weise hinzu:



„Wir sollten daher denken, dass wir immer genau erleuchtet sind, wenn wir im Zazen sitzen.“


Wenn sogenannte Meister behaupten, sie müssten nicht mehr praktizieren, weil sie schon erleuchtet seien, unterliegen sie also einem grundlegenden Irrtum.