Der große lebende Meister Nishijima Roshi bezeichnet den Zustand des Zazen als die erste Erleuchtung und genau die Erfahrung, in diesem Augenblick ein Buddha zu sein!
Die erste Erleuchtung ist aber kein willentliches und absichtsvolles Tun und nicht das Erreichen eines ersehnten Zieles, denn dadurch würde das wahre Handeln des Zazen im natürlichen Zustand gerade unmöglich und verhindert werden. Zazen soll nicht verknüpft sein mit der Erwartung, etwas Grandioses zu erhalten, beziehungsweise den eigenen Aufwand mit besserer Münze zurückzubekommen.
Von wesentlicher Bedeutung ist allerdings der feste und klare Wille zur Wahrheit und das tiefe Vertrauen, dass die Wirklichkeit und Wahrheit des Lebens und der Welt das Leiden überwinden und auflösen. Vertrauen ist nicht unkritischer Glaube, denn die unmittelbare Wirkung des Zazen kann und soll jeder genau bei sich selbst analysieren. Wenn der Wille zur Wahrheit einen Menschen auf den Buddha-Weg geführt hat und der Betreffende Zazen praktiziert, ereignet sich die direkt erste Erleuchtung.
Dann verschwinden die Gedanken des gewöhnlichen Verstandes und die von Gier gesteuerten Emotionen und Ängste. Dann verflüchtigen sich Zwangsvorstellungen und Zwangsbilder.
Dōgen grenzt Zazen als Streben nach der Wahrheit von falschen oder unklaren Lehrmeinungen ab. Er widerlegt vielfältige Argumente seiner Zeit gegen die Zazen-Praxis. Dabei vertieft er die wahre Bedeutung und Kraft des Zazen.
Er nennt die Zazen-Praxis das wahre Tor zum Buddha-Dharma und macht auf die Frage, ob dies das einzige richtige Tor sei, ganz deutlich, dass alle Buddhas und Vorfahren im Dharma des westlichen Himmels (Indien) und des östlichen Landes (China) den großen Weg tatsächlich durch Zazen vollendet haben.
Dies sei keineswegs müßiges Sitzen in Untätigkeit. Das Lesen der Sūtras und Rezitieren von Buddhas Namen komme dem Zazen keineswegs gleich, denn dies sei der Samādhi der Buddhas, „in dem sich das Selbst empfängt und sich erfährt“. Er beschreibt es als Erfahrung und intuitive Erkenntnis jenseits des gewöhnlichen Denkens des Alltags. In seiner Klarheit und Einfachheit könne man Zazen fast als schmucklos bezeichnen.
Romantische Verzierungen und Träumereien sind ihm fremd. Einseitige Verstandestätigkeit, Einbildungen, Vorstellungen und Erinnerungen sind etwas anderes als diese Übungspraxis, die niemals nach Ruhm, Gewinn und Ich-Überhöhung strebt, sondern sich im Handeln selbst erfüllt und genau dadurch vollendet wird. Zazen als Kern des Zen-Buddhismus übersteigt Mythos und Ideologie und hat mit Populismus nichts gemein. Diese Praxis ist keine einseitige körperliche und auch keine asketische Übung, denn dadurch würde die Einheit von Körper-und-Geist gerade zerstört werden und wir wären im körperlichen Materialismus gefangen. Zazen gleicht also dem Yoga, das von Anfang an die Einheit von Körper-und-Geist voraussetzt.