Dōgen vertieft seine Erläuterungen zur Existenz, Sein-Zeit und damit zu der ganz zentralen Frage: Was ist unsere ursprüngliche Natur, die wir beim Zen wieder entdecken?:
„Weil (das wirkliche Sein) nur dieser genaue Augenblick ist, sind alle Augenblicke der Sein-Zeit das Ganze der Zeit und alle existierenden Dinge und alle existierenden Phänomene sind Zeit. Das Ganze der Existenz und das ganze Universum existieren in einzelnen Augenblicken der Zeit.“
Das heißt nichts anderes, als dass wir zu unserer ursprünglichen Natur durch die volle Öffnung zum Augenblick finden, am einfachsten durch die einzigartige Methode das Zazen. Oder anders ausgedrückt: Nur das reale Sein im Augenblick der Zeit ist wirklich, er ist der Zugang zu unserer wahren Natur.
Die Sein-Zeit ist die ganze Zeit, weil es daneben keine andere wirkliche Zeit gibt. Demgegenüber ist die lineare Zeit, die keine existenzielle Sein-Zeit ist, nur eine bestimmte Dimension der Zeit, aber sie ist nicht umfassend und nicht unsere existenzielle Wirklichkeit. Wenn wir an die lineare Zeit, glauben, haben wir es ganz schwer, wirklichen Zugang zur psychischen und spirituellen Realität zu bekommen. Die lineare Zeit ist für technische und organisatorische Randbedingungen nützlich, aber mehr auch nicht. Es gibt keine echte Liebe mit der Stoppuhr!
Sein-Zeit und ein wirklich existierendes Phänomen sind also beide die reale Zeit und beide existieren nach Nishijima in jedem Augenblick der Gegenwart:
„In der buddhistischen Philosophie sind Existenz und Zeit immer zu einer Einheit (der Wirklichkeit) verbunden. Wir können daher annehmen, dass die ganze Existenz und das ganze Universum genau zu der Zeit eines jeden Augenblicks existieren.“
Dōgen bittet uns, gründlich darüber nachzudenken, ob es überhaupt irgendetwas auf der Welt der ganzen Existenz gibt, das aus diesem gegenwärtigen Augenblick der Zeit herausfällt oder sich daraus wegbewegen kann. In diesem Zusammenhang beschreibt er die gewöhnlichen Menschen, die von dem Begriff der Existenz-Zeit nur Ungenaues gehört haben und denken, dass sie selbst vielleicht nur in der Vergangenheit in einer solchen existenziellen Sein-Zeit gelebt haben. Für sie sei die Sein-Zeit dann nur eine Erinnerung im Gehirn, aber nicht die Wirklichkeit, und damit haben sie sich leider schon aus der Gegenwart und dem wahren Sein verabschiedet. Sie meinen vielleicht, dass sie einmal früher, vielleicht für eine bestimmte Zeitstrecke, ein erwachter Mensch oder gar wie ein goldener Buddha gewesen wären, aber das sei jetzt vorbei.
Sie denken vielleicht, dass sie jetzt in einem schönen Palast sitzen, nachdem sie früher bei ihrer Wanderung die Berge mühsam überstiegen und die Flüsse durchquert haben und nun daran zurückdenken. Beides können wir auch als Gleichnis für den Weg der Praxis verstehen. Sie glauben deshalb, dass die Berge und Flüsse ganz weit weg sind und mit ihnen jetzt nichts mehr zu tun haben, bestreiten aber nicht, dass die Berge und Flüsse irgendwie noch existieren. Wörtlich sagt Dōgen:
„Der (erinnerte) Berg und der Fluss sind (so weit entfernt) von mir wie der Himmel von der Erde.“
Es geht ihm also darum, Missverständnisse des Begriffs der Sein-Zeit und der menschlichen Existenz aufzuzeigen und klarzustellen, dass die wirkliche Sein-Zeit etwas anderes ist als eine Erinnerung, die wir jetzt vielleicht haben. Er betont, dass umfassende Vernunft des Buddhismus nicht auf eine solche Sichtweise des unterscheidenden Denkens und Erinnerns der gewöhnlichen Menschen beschränkt ist. Erinnern ist nur das Wetterleuchten im Gehirn aber nicht die Realität des Hier und Jetzt selbst.