Dōgen betont, dass die sogenannte dreifache Welt, die nach damaliger
Auffassung aus der Form, der Nicht-Form, z. B. Denken und Ideen, und
dem Wollen besteht, wirklich existiert; sie schwindet nicht und erscheint nicht,
denn ihre Wirklichkeit besteht ganz genau im gegenwärtigen Augenblick. Diese Welt „ist nicht nur Geist“, erklärt
er, denn sonst würde man den Geist als vom Körper getrennt ansehen.
„Der Geist
existiert als Zäune und Mauern, er wird niemals schlammig oder nass und ist
niemals künstlich erzeugt.“
Diese umfassende Bedeutung des Geistes vertieft Dōgen im Shōbōgenzō besonders im Kapitel über die
drei Welten. Die Trennung von Körper und Geist lehnt er vehement ab, da ein
solcher Dualismus nicht der Wirklichkeit entspricht. Und er sagt: „Wir
verwirklichen in der Praxis, dass Geist hier und jetzt Buddha ist.“ Diese
Einheit von Geist und Buddha in der Praxis kommt auch in der folgenden Aussage
deutlich zum Ausdruck:
„Geist-und-Buddha
hier und jetzt sind richtig, und sie verwirklichen in der Praxis, dass dieser
Buddha-Geist das Hier und Jetzt ist.“
Das klingt etwas ungewöhnlich; es bedeutet, dass es bei der Sein-Zeit
keine Wirklichkeit außerhalb des gegenwärtigen Augenblicks geben kann und dass
die Vergangenheit nur Erinnerungen in unserem Gehirn sind und die Zukunft nur
Erwartungen, Hoffnungen oder Ängste, aber sie sind nicht die Wirklichkeit.
Es mag zwar sinnvoll sein, dass man die einzelnen Begriffe wie „Geist“, „Praxis“, „Wirklichkeit“ und „Zeit“
verwendet, weil sonst überhaupt keine Kommunikation und keine buddhistische
Lehre möglich wären. Aber wir dürfen diese Begriffe niemals mit der unteilbaren Wirklichkeit verwechseln:
Insbesondere eine idealistische und materialistische Sicht der Welt kann diese
großartige Einheit nicht annähernd erfassen.
Die tiefgründigen Ausführungen Dōgens stehen damit im klaren Gegensatz
zur Lehre alten indischen Lehre, die die Trennung von Körper und einer spekulativen
und erfundenen „spirituellen Essenz“ behauptet. Das Gleiche gilt für
buddhistische Strömungen im damaligen Süden von China, die zwar die Begriffe
der buddhistischen Lehre verwenden, aber die authentische Lehre verwässern oder
sogar in ihr Gegenteil verkehren.
Dōgen fasst zusammen, dass die Verwirklichung in der Praxis genau „Geist
hier und jetzt ist Buddha“ ist:
„Die Verwirklichung in der Praxis wie diese ist genau
‚der Geist hier und jetzt des Buddha‘, die sich selbst erwirbt und sich
überträgt auf ‚Geist hier und jetzt ist Buddha‘.“
Da
diese große Wahrheit authentisch von einem Meister zum anderen übertragen
worden ist, sei sie immer lebendig geblieben. Nishijima
Roshi sagt dazu:
„Die
buddhistische Lehre ist für uns nicht leicht zu verstehen, und sie wurde daher
über 2.500 Jahre authentisch weitergegeben. Durch diese direkte Weitergabe von
einem zum anderen wurden jeweils die vielfältigen möglichen Missverständnisse
vermieden. Es ist daher unsere äußerst wichtige Pflicht, den wahren Buddhismus
authentisch zu erhalten und für alle Zeiten die vielen möglichen Fehler zu
vermeiden.“
Durch
seine Formulierung im obigen Zitat will Dōgen den Eindruck vermeiden, dass ein
solcher Geist so etwas wie ein Objekt ist, das wie ein Gegenstand von einem
Menschen zum anderen weitergegeben wird. Es ist dagegen der natürliche Zustand
des Menschen, der sich im Augenblick des Handelns verwirklicht und keine
Trennung von Subjekt und Objekt duldet, sondern den Dualismus überwindet.
In
dieser Formulierung wird ein Meister als Person nicht erwähnt, denn es geht um
den umfassenden erwachten Köper-und-Geist, der unabhängig von der
Individualität eines Menschen ist. Der Körper-und-Geist wird also nicht von
einem individuellen Menschen wie eine Idee oder ein Gegenstand weitergereicht.
Ein solches Übertragungsmodell wäre für den natürlichen, ganzheitlichen Zustand
des Augenblicks völlig ungeeignet, denn es bliebe in der ersten
Lebensphilosophie des Idealismus verhaftet. Und wenn der Geist wie ein quasi
materielles Objekt betrachtet würde, wäre damit nur die Lebensphilosophie des
Materialismus realisiert. Durch die romantisierende Trennung von Subjekt und
Objekt, ist es demnach unmöglich, die Wirklichkeit
selbst zu erfahren.