In dem Gespräch der beiden großen alten Meister Daikan Enō und Nangaku geht es darum, wie man den
Körper mit Sorgfalt und ohne Hektik wäscht und säubert; einbezogen sind dabei
gleichzeitig der Geist und die Moral. Für Menschen des Westens mag es
befremdlich erscheinen, dass Dōgen sich vor allem darauf bezieht, wie man die
Toilette benutzt und sich danach mit den damaligen Mitteln gründlich reinigt.
Aber eine solche Reinigung säubert nach seinem Verständnis zugleich den
Geist und das Land, denn im Buddhismus gibt es keine Trennung zwischen dem
einzelnen Menschen, der Gruppe und dem Land, in dem er lebt. Ein solches
Handeln wird als Übungspraxis des Dharma-Weges beschrieben. Die körperliche
Praxis wird keineswegs von dem Leben des Buddha-Dharma getrennt, sondern ist
ein wesentlicher Teil davon.
Wenn man Darm und Blase entleert, handelt es sich demnach um einen
menschlichen Vorgang und eine gute Handlung, durch die man auch den Geist
säubert und reinigt. Dabei solle man den Wunsch haben, dass auch andere
Lebewesen und Menschen einen sauberen und reinen Körper-und-Geist haben oder
erlangen.
Dōgen erwähnt hier das Beispiel des Wassers, das von Natur aus und
ursprünglich so ist, wie es ist, und daher eigentlich unabhängig von Reinheit
und Verschmutzung bleibt. Das Gleiche kann man für den menschlichen Körper und
für alle Dharmas, also für die gesamte Welt, sagen: Das Wasser hat keine
Gefühle und keinen Geist der Abneigung oder des Ekels, und dies sollte auch für
uns selbst und alle Dharmas gelten. Die Wirklichkeit ist Handeln – zum Beispiel
beim Waschen und Reinigen –, wie Dōgen mehrfach im Shōbōgenzō herausarbeitet.
Er kritisiert jene Mönche, die ungepflegt sind, viel zu lange Nägel und
Haare haben und das Gebot der Reinheit nicht beachten. Solche Menschen
vergleicht er sogar mit Tieren und hält sie auf keinen Fall für Buddhisten auf
dem Weg der Übungspraxis. Besonders falsch ist aus seiner Sicht eine solche
Nachlässigkeit, Willkür und Ungepflegtheit, wenn es sich um sogenannte Meister
handelt. Er spricht diesen grundsätzlich ab, Meister und Lehrer für andere sein
zu können. Da Körper und Geist eine Einheit sind, kann es, wie er sagt, keinen
reinen Geist geben, wenn der Körper vernachlässigt und verschmutzt ist:
„Die Menschen mit
geringem Wissen denken nicht, dass Buddhas sich in der Toilette achtungsvoll
verhalten.“
Er schildert hierzu eine Geschichte des frühen Buddhismus, in der
Gautama Buddha seinem ebenfalls adligen Sohn Rahula im Toilettenraum den Buddha-Dharma mit folgendem Gedicht
lehrte:
„Du bist niemals durch Armut
geschlagen.
Auch hast du Wohlstand und Adel nicht
verloren.
Du hast das Zuhause verlassen, nur um
nach der Wahrheit zu streben.
Du wirst in der Lage sein, alle
Schwierigkeiten auszuhalten.“
Dies ist eine kräftige
Ermutigung für Rahula, dass er den
richtigen Weg eingeschlagen hat, indem er Wohlstand, Reichtum, das bequeme
Leben und hohe Ansehen eines Adligen hinter sich ließ, um nach der großen
Wahrheit von Körper-und-Geist zu suchen.
Gleichzeitig ist dieses
Gedicht eine Absage an vordergründige Karma-Lehren, die meinen, dass Wohlstand
und Ansehen das Verdienst früherer guter Taten seien und eine echte Belohnung
darstellen würden. Gautama Buddha lehrt seinen Sohn im Toilettenraum und nicht
in einem goldenen Thronsaal oder prächtigen Dharma-Raum, denn äußerer Glanz
entartet schnell zu Materialismus und verblendet Körper und Geist des Menschen.
Am Ende des Kapitels fasst Dōgen zusammen, dass wir auf keinen Fall
ungereinigt und ungewaschen Zazen praktizieren oder uns in einem solchen Zustand
vor den drei Juwelen Buddha, Dharma und Sangha verbeugen oder Räucherstäbchen
anzünden sollen. Das mag vielleicht für manche etwas übertrieben klingen, aber
es trifft den Kern des Zen-Geistes.