Dōgen führt seine tiefgründigen Überlegungen zum wahren Frühling in der Sein-Zeit fort:
„Es trifft aber nicht zu, dass (die Vorstellung) des momenthaften Ablaufs der Zeit der (wirkliche) Frühling ist. Weil der Frühling genau der (wirkliche) Verlauf je im Augenblick der Zeit ist, hat die (jeweils in Augenblicken) fortschreitende Zeit schon die Wirklichkeit im Hier und Jetzt der Frühlingszeit (und damit konkreten Frühling) verwirklicht. Wir sollten (dieses) im Einzelnen untersuchen, indem wir zu (dieser Frage) zurückkehren und sie verlassen, immer wieder.“
„Es trifft aber nicht zu, dass (die Vorstellung) des momenthaften Ablaufs der Zeit der (wirkliche) Frühling ist. Weil der Frühling genau der (wirkliche) Verlauf je im Augenblick der Zeit ist, hat die (jeweils in Augenblicken) fortschreitende Zeit schon die Wirklichkeit im Hier und Jetzt der Frühlingszeit (und damit konkreten Frühling) verwirklicht. Wir sollten (dieses) im Einzelnen untersuchen, indem wir zu (dieser Frage) zurückkehren und sie verlassen, immer wieder.“
Der Frühling umfasst ganz verschiedene konkrete Situationen, die alle ganzheitlich den Verlauf im Augenblick kennzeichnen und gerade nicht auf Erwartungen und Vorstellungen beschränkt sind. Hier wird ganz deutlich, dass Dōgen den Frühling nicht als eine gedachte Zeitstrecke versteht, die auf den Winter folgt und vom Sommer abgelöst wird. Eine solche Überlegung würde die abstrakte Vorstellung der linearen mechanischen Zeit voraussetzen. Aber die mechanische Zeit hat keine existentielle Kraft, sie ist kein wirkliches Leben, der wahre Frühling ist etwas anderes!
Wenn wir die Existenz des Frühlings genau untersuchen, besteht er aus verschiedene, sehr reale Zustände und Augenblicke, wie zum Beispiel die Erfahrung der milden Luft, des Eintreffens der Zugvögel, der grünen frischen Blätter, der plätschernden Bäche und der in den verschiedensten Farben blühenden Blumen.
Nishijima Roshi erläutert hierzu: „Wir sollten auch untersuchen, ob wir nur die Bezeichnung ‚momenthafter Verlauf‘ des Frühlings verwenden. Aber es gibt nichts anderes als den Frühling selbst. Der momenthafte Verlauf des Frühlings geht Augenblick für Augenblick unausweichlich durch den Frühling selbst.“ Und weiter: “Daher wird der Verlauf der Augenblicke genau zur Zeit des Frühlings verwirklicht.“
Und weiter: "Denn der Augenblick der Sein-Zeit und der Frühling sind nur im Jetzt identisch. Auf diese Weise sollten wir die Situationen im Einzelnen immer wieder wirklich erfahren.“
Aus diesen einzelnen Augenblicken der Sein-Zeit der lebendigen Erlebnisse setzt sich der Frühling wirklich zusammen. Der Begriff und die Vorstellung sind nur eine abgeleitete Abstraktion und daher ohne Kraft und wirkliche Frühlings-Energie. In der Abstraktion geht die Kraft verloren. Es sind also jeweilige Momente einer existenziellen Erfahrung des Handelns und Schauens, die jenseits von Denken und Reden liegen.
Diese verschiedenen Situationen und Augenblicke nennt Dōgen das momenthafte Verlaufen der Zeit. Demnach gibt es nichts anderes als diese Augenblicke des wirklichen Erlebens und Erfahrens und des intuitiven Verstehens in der gegenwärtigen Zeit. Die abstrakte Vorstellung und Bezeichnung „Frühling“ muss durch das Existenzielle der Augenblicke ersetzt werden, die jeweils da sind. Dann leben wir wirklich. Nur diese Augenblicke haben die Qualität der lebendigen Wirklichkeit, nicht jedoch der Begriff oder die Vorstellung des Frühlings. Wenn wir diese Augenblicke verpassen, verpassen wir den Frühling!