Wenn wir dem Tun und Handeln gerade im Hinblick auf die Freiheit einen
so hohen Stellenwert einräumen, muss auch unsere Einstellung zur Arbeit ganz
neu bedacht und grundsätzlich geändert werden. Arbeit ist dann das Tun und
Handeln im Augenblick, also das Leben selbst, und nicht mehr die Mühsal, um das
nötige Geld zu erwerben, um überleben zu können. Dōgen zitiert dazu Meister
Daichi: „Ein Tag ohne Arbeit ist ein Tag ohne Essen.“
So ergibt sich eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Dōgens Aussagen zum
Zazen, weil die Übungspraxis im Augenblick nicht von dem Ziel des Erwachens und
der Erleuchtung abgetrennt werden darf, sondern beides im Augenblick des wahren
Handelns verschmilzt. Übungspraxis bedeutet also,
handelnd das Erwachen selbst zu erfahren, und Nishijima nennt dies
folgerichtig die erste Erleuchtung.
Wer „richtig“ Zazen praktiziert, hat
bereits alles erreicht, was möglich ist, und sitzt in der wahren Wirklichkeit.
Das ist der große Beitrag von Meister Dōgen zum japanischen Buddhismus, der in
der heutigen Zeit in den Westen gekommen ist. Das Handeln im Augenblick ist
also die Wirklichkeit und unser wahres Leben.
Dōgen behandelt verschiedene Begriffe
und Vorstellungen davon, was ein
Buddha sei, und grenzt sie entschieden ab vom wirklichen Handeln. Auf diese
Weise verdeutlicht er, dass die Begriffe von „Buddha“ nicht die Wirklichkeit
selbst sind, sondern eben nur Bezeichnungen auf der Wortebene. Er erinnert
daran, dass die wahren Buddhas, die im Zustand der Wirklichkeit sind, nicht
sehnsuchtsvoll auf die Erleuchtung warten, sondern im Augenblick handeln.
„Das Meistern des
Handelns in Buddhas höchstem Zustand der Wahrheit gehört allein zum handelnden Buddha. Er wird niemals von dem Buddha
als subjektive Natur und Ähnlichem
verwirklicht, nicht einmal im Traum.“
Mit dieser Feststellung legt Dōgen den Schwerpunkt auf die Meisterschaft
des Handelns im höchsten Zustand der Wahrheit, die Nishijima als vierte
Lebensphilosophie bezeichnet. Allein dieser handelnde Buddha ist nach Dōgens
Verständnis ein wirklicher Buddha und nur wer ein solches Handeln meistert, kann sich im höchsten Zustand
befinden. Ob wir dabei den Begriff „Erleuchtung“ verwenden oder nicht, hat
gegenüber der Wirklichkeit des Handelns keine große Bedeutung. Solche Begriffe
dienen zwar der Kommunikation und sind wohl notwendig für das Verständnis des Lernprozesses auf dem
Buddha-Weg, aber sie können die Wirklichkeit nicht voll erfassen. Sie liegt
nach Dōgen im Handeln selbst, das nicht egoistisch nach eigener Erleuchtung
strebt und mit großer Willensanstrengung darauf hinarbeitet; sie ist das reine
und wahre Handeln.
„Weil dieser handelnde Buddha die Wahrheit in
jedem Augenblick verwirklicht, ist die Wahrheit (schon) vor (der Trennung) von
Körper (und Geist) verwirklicht.
(Schon) vor den verbalen Formulierungen umfasst das Herausströmen des Wesentlichen der Lehre die Zeit, umfasst
(alle) Richtungen, umfasst Buddha und umfasst das Handeln.“
Diese schwierige Textstelle hat Nishijima kürzlich wie folgt erklärt:
Beim Handeln gibt es keine Trennung von Körper und Geist, das Handeln ist das
Ursprüngliche. Wenn wir handeln, ist der Körper daher nicht isoliert. Eine
solche mögliche Isolierung erfolgt immer nach dem Handeln und die Wirklichkeit
der handelnden Buddhas gibt es deshalb vorher.
Die verbalen Formulierungen erfolgen später als das Handeln. Das Handeln
als Wirklichkeit gibt es daher vor dem Denken und Reden.