Von besonderer Bedeutung ist
im Buddhismus das Handeln im Augenblick, bei dem weder die materielle, noch die
gedankliche Seite des Lebens dominiert. Wir können genau in der intuitiven
Klarheit handeln, die Denken und Fühlen übersteigt. Dabei geht es primär nicht
um die Zielerreichung, die in der Management-Lehre so sehr im Vordergrund
steht. Das Ziel wird durch diese Klarheit gewissermaßen intuitiv und automatisch erreicht, ohne dass wir uns speziell darauf
konzentrieren und fokussieren: Wer klar und effizient handelt, kann das Ziel
kaum verfehlen, gerade weil er nicht verkrampft und im Handeln seine
Kreativität behält. Im Übrigen ist die Fehlerwahrscheinlichkeit beim
intuitiven, klaren Handeln sehr gering.
Die willensmäßige
Geistesschulung kann sicher einen wichtigen Beitrag zur Transformation des
Selbst in Richtung spiritueller und ethischer Klarheit bringen. Aber wir dürfen
dabei nie die untrennbare Einheit von Körper-und-Geist vernachlässigen, und
häufig hat der denkende Geist für die intuitive Klarheit nicht einmal die
Hauptbedeutung. Wir wissen heute auch durch die Hirnforschung, dass sehr viele
Prozesse im Gehirn, also im neuronalen Netz, unbewusst ablaufen und nur ein
kleiner Teil dem Bewusstsein überhaupt zugänglich ist.
Durch intensives Training
ist es zweifellos möglich, den bewussten Teil des Erkennens, Beobachtens und
Erinnerns nachhaltig zu vergrößern. Aber wir dürfen niemals vergessen, dass das
nur ein begrenzter Teil der Informations- und Steuerungsprozesse des Menschen
ist, denn der Geist kann niemals vollständig erfasst werden: der wahre Geist
ist viel größer.
Nishijima Roshi spricht
daher davon, dass es bei der Klarheit vor allem auf das Gleichgewicht des
vegetativen Nervensystems ankommt, das bekanntlich durch das Bewusstsein und
den Willen nur sehr eingeschränkt oder überhaupt nicht beeinflussbar und
steuerbar ist. Beim intuitiven, klaren Handeln ist sicher das Bewusstsein nicht
ausgeschaltet, sondern es nimmt Teil an den Vorgängen. Ich nenne das gern „mitlaufendes Bewusstsein“.
Im Zen hat die Meditation
ohne Objekte des Denkens und Fühlens einen zentralen Stellenwert, denn die Zazen-Praxis ist „Nicht-Denken“. Dabei
sind die besonderen Schwingungen des neuronalen Netzes beim Zazen sogar präzise
messbar; sie unterscheiden sich signifikant von den Schwingungen beim konzentrierten Denken und bei objektbezogener
Fokussierung. Zazen bewirkt nach meiner festen Überzeugung eine „Tiefen-Heilung“
des Menschen und führt genau zu der strahlenden Klarheit, die Dōgen in diesem
Kapitel behandelt.
Nishijima und Cross betonen,
dass das Universum unser eigenes Leuchten und die strahlende Klarheit ist und
dass sich dies genau in unserem Verhalten und Handeln verwirklicht: „Es gibt
nichts anderes als diese leuchtende Klarheit.“ Sie ist das buddhistische Licht,
von dem viele Meditierende berichten.