Donnerstag, 8. Mai 2014

Ein erfülltes Leben: Handeln im Hier und Jetzt


Für ein erfülltes und zufriedenes Leben ist nach buddhistischer Lehre der Bereich des Handelns auf dem Mittleren Weg von zentraler Bedeutung. Wahres Handeln ereignet sich im Hier und Jetzt der Gegenwart und der Sein-Zeit. Während der berühmte Ausspruch des französischen Philosophen Descartes lautet: „Ich denke, also bin ich“, sagt Meister Nishijima: „Wir handeln, also sind wir.“ Denn das Denken kann unmöglich das wahre Leben sein und wir alle wissen, wie häufig sich Gedanken und Wirklichkeit vollständig voneinander unterscheiden. So baut zum Beispiel auf falschen Versprechungen auch die Verführungskunst der Werbung und der charismatischen, aber unlauteren Politiker auf. Aus der Gehirnforschung wissen wir, dass nur wenige Bereiche des Menschen überhaupt dem Denken zugänglich sind. Wir sollten es nicht überschöätzen.
Das reine, wahre Handeln der Buddhas und erwachten Menschen dagegen ist nach Dōgen frei von Berechnungen und Tricks. Durch das Handeln selbst eröffnet sich der Zugang zur wunderbaren Wirklichkeit und Wahrheit und diese schenken den Menschen heitere Gelassenheit, aber zudem schnelle und ausdauernde Tatkraft. Wie bekannt, entschied sich auch Goethe am Beginn des Faust für die Aussage: „Am Anfang war die Tat“ und verwarf den Satz: „Am Anfang war das Wort“. Dies ist umso beachtlicher, da Goethe ein Meister des Wortes und der Dichtung war und trotzdem das Handeln und Tun in seinem großen Lebenswerk in den Mittelpunkt stellte.
Die Praxis des Zazen wird von Meister Tendō Nyojō, dem Lehrer Dōgens, wie folgt beschrieben: „Zazen ist das Tor des Friedens und der Freude zum Buddha-Dharma“ und „beim Zazen lässt man Körper und Geist fallen“. Zazen ist ein ganz wesentlicher Bereich solchen Handelns und darf keinesfalls als statisch verstanden werden. Diese Praxis muss in den Alltag integriert werden und sollte nicht auf einzelne Sesshins und Retreats beschränkt bleiben. In der richtigen Praxis des Zazen befreien wir uns von einengenden und störenden Gedanken, von Ängsten und vor allem von der Gier nach Ruhm und Profit. In diesem Handeln werden der Geist und das Bewusstsein von egoistischen Zwängen befreit, die das Handeln einseitig aus dem Gleichgewicht bringen und uns ins Unglück rennen lassen. Nishijima sagt ganz deutlich, dass das Handeln im Augenblick den Kern der buddhistischen Lehre ausmacht, weil wir dann in der Wirklichkeit sind.