„Jene (Menschen), die sagen, dass die Buddhas sich nur im
menschlichen Bereich manifestieren, sind von der äußeren Peripherie der großen
Meister aus (nicht weit in den Buddha-Dharma) hineingekommen.“
Damit
möchte Dōgen ausdrücken, dass die Buddhas nicht auf die menschliche Welt beschränkt sind, sondern die Natur und das ganze
Universum einbeziehen. Die großen Meister, die diese
Tatsache erfasst haben, haben also eine fundamentale Grenze und Schwelle weit
hinter sich gelassen, welche die gewöhnlichen Menschen nur teilweise und nur
ein kleines Stück überschreiten. In einem anderen Kapitel führt Dōgen
aus, dass die Natur selbst den Dharma lehrt,
also selbst die Wirklichkeit ist.
Dann zitiert Dōgen seinen
eigenen Meister Tendō
Nyojō:
„Shākyamuni
Buddha ging in den Tushita-Himmel, um die Götter von Tushita zu lehren,
nachdem er die Übertragung des wahren Dharma vom Kāshyapa
Buddha empfangen hat, und er ist jetzt noch dort.“
Vorab ein paar Hinweise zu
den im Zitat genannten Namen: Kāshyapa Buddha ist ein legendärer Buddha, der
vor der Zeit von Shākyamuni Buddha in der Welt war. Tushita ist nach alter
indischer Legende ein Himmel, in dem die Götter leben. Aber diese Götter sind
nicht auf Ewigkeit dort, sondern müssen wiedergeboren werden, wenn sie ihr gutes
Karma aufgebraucht haben. Dōgen verwendet dieses Gleichnis, um
herauszuarbeiten, dass Shākyamuni Buddha nicht auf die Menschenwelt beschränkt
ist und durch sein Lehren immer weiter tätig bleibt. Sein Handeln findet also niemals
ein Ende.
Die Lehre, dass Gautama Buddha nach seinem Dahinscheiden in das
Nirvāna eingegangen ist, wird im Lotos-Sūtra als „geschicktes Mittel“ verwendet,
um die Menschen zu lehren. Dōgen betont, dass für die buddhistischen Schüler
Buddhas Sprache, sein Handeln und sein Lehren in der menschlichen Welt nur eine
bestimmte Dimension seines umfassenden Wirkens darstellen. Dies gilt für die
unzähligen Veränderungen und Verwandlungen seines Lehrens. Das Handeln der Buddhas überschreitet alle Lehren
und Theorien über die Zeit, also zum Beispiel über die lineare Zeit. Aber das
Handeln überschreitet auch die Lehre vom Augenblick, denn ohne Tun und Handeln
ist auch dies nur eine theoretische Lehre,
über die das reale Handeln als
direkte Wirklichkeit weit hinausgeht. Diese Wahrheit ist laut Dōgen im
Buddhismus authentisch übermittelt, aber sie ist leider für viele Menschen eine
völlig unbekannte Qualität.
„An den Orten, an denen der handelnde Buddha die
Lehre erweckt, existieren Lebewesen jenseits von (der Aussage) ‚der vier Arten
der Geburt‘ und es mögen Orte jenseits von den Begriffen ‚Himmel über uns‘;
menschlicher Bereich’; Welt des Dharma‘ und Ähnlichen
existieren.“
Mit
dieser Aufzählung sind Formulierungen und Ideen gemeint, die lediglich auf der Begriffs- und Denkebene des Buddhismus stehen bleiben und die Wirklichkeit des
Handelns nicht erreichen können. Laut Dōgen kann man mit den Augen der Götter
im Himmel und noch weniger mit den menschlichen Augen kaum einen Eindruck vom
reinen, wahren Handeln der Buddhas bekommen – vor allem aber nicht mit
emotionsgesteuertem Denken: „Habt nicht das Ziel, (das wahre Handeln) mit
solchen Mitteln auszuloten.“
Diese
Mittel seien ungeeignete „Werkzeuge“ und selbst die Bodhisattvas seien dazu
nicht in der Lage, stellt Dōgen fest und ergänzt: „Wie viel weniger kann der
berechnende Verstand der menschlichen Welt und des
Himmels, der über (uns ist), das erreichen.“ Das menschliche,
angesammelte Wissen sei kurz und schmal, genau wie die menschliche Überlegung.
Außerdem sei unsere Lebensdauer begrenzt, wie zusammengepresst, und dies gelte
auch für den Intellekt. Damit könne das Verhalten der handelnden Buddhas
unmöglich erfasst werden. Dōgen warnt uns davor, dass wir die menschliche Welt
mit dem Buddha-Dharma gleichsetzen und dass wir gewöhnliche „menschliche
Methoden“ so betrachten, als ob sie der Buddha-Dharma seien. Menschen, die das
glauben, sind durch ihr eigenes Verhalten und ihr Karma gefangen und können
sich nicht befreien. Dōgen drückt es folgendermaßen aus: