Der Buddhismus ist im Gegensatz zu vielen westlichen philosophischen
Theorien eine Lehre der Praxis und des wirklichen Lebens, bei der wahres
Handeln und ehrliches Erfahren im Mittelpunkt stehen.
Dōgen geht auf den fundamentalen Unterschied zwischen abstrakten
Begriffen und Vorstellungen wie „Buddha“ und „Erleuchtung“ einerseits und dem
wirklich handelnden Buddha und erwachten Menschen andererseits ein. Er grenzt
auch das wahre Handeln von Begriffen wie „allmähliche Erleuchtung“ oder
„plötzliche Erleuchtung“ ab und erteilt der Vorstellung, man solle in der
Absicht handeln, unbedingt Erleuchtung zu erlangen, eine klare Absage. Er
arbeitet heraus, dass Begriffe wie „Buddha“ und „Dharma“ manchmal nur Fesseln
sind, die verhindern, das reine und wahre Handeln zu verwirklichen.
Denkgebilde, Fantasien und das durch Begriffe und ehrgeizige Ziele eingeengte
Bewusstsein sind demnach wesentliche Hindernisse auf dem Weg des wahren
Handelns der Menschen und der Buddhas.
Auch Begriffe und Vorstellungen wie „Buddha-Natur“ und „Dharma-Natur“
führen nach Dōgen häufig in die Sackgasse, denn Denken, Bilder und Fantasien
können zwar vorbereitende und begleitende Theorien und Sichtweisen des Buddhismus
darstellen, aber sie sind nicht in der Lage, die ganze Wirklichkeit im
unmittelbaren Erleben und Handeln bei uns selbst zu eröffnen.
Dōgen zitiert eine bekannte Stelle aus dem Lotos-Sūtra, wo Buddha sagt: „Die Lebensspanne, die ich durch
meine ursprüngliche Praxis des Bodhisattva-Weges verwirklicht habe, ist auch
jetzt noch nicht beendet.“ Damit will er sagen, dass sein Handeln als
Bodhisattva und Buddha immer weitergeht, dass es nichts Bestimmtes zu erreichen
gibt und dass das Tun und Handeln selbst das Wesentliche sind, dann
verwirklicht sich unsere wahre Natur. Dōgen spricht in diesem Zusammenhang von
einer „zehntausend Meilen langen Eisenschiene“ und meint damit, dass es sich
nicht um eine begrenzte Zeitspanne handelt, sondern um ein Ganzes, um das
Handeln in der Gegenwart, das zeitlich unbegrenzt ist und kein berechnendes
Ziel kennt.
Ganz wesentlich bei buddhistischem Handeln ist die ethische Reinheit,
das heißt, dass man das tut, was im Augenblick in der bestimmten Situation
getan werden muss, um anderen auf dem Bodhisattva-Weg des Buddhismus zu helfen.
Dies wird besonders durch das Zitat des Meisters Daikan Enō deutlich:
„Gerade diese Reinheit ist es, welche die Buddhas immer bewahrt und
beherzigt haben.“ Er fährt dann in seinem Gespräch mit Meister Nangaku
fort: „Du bist so, ich bin so und die
alten Meister in Indien waren ebenso.“
Eine solche Reinheit des Handelns unterscheidet nach Dōgen nicht danach,
ob ich selbst etwas tue oder ob du handelst, denn ich und du bilden im reinen,
wahren Handeln eine Einheit. Damit ist der Dualismus aufgehoben. Es geht also
um Praxis und Erfahrung und nicht um irgendwelche Begriffe wie „Essenz“, „Form“
oder „Prinzip“, und man kann nicht unterscheiden, ob ein Ich als „Subjekt“
handelt oder ob mit mir als „Objekt“ gehandelt wird. Beide Begriffe und
Vorstellungen versagen auf dieser Ebene. Wir sehen, dass im Tun, Handeln, Erfahren
und Praktizieren als existenzielle Wahrheit eine dualistische Unterscheidung
von Subjekt und Objekt sinnlos ist. Eine solche Trennung, die allerdings in
unserer Sprache tief verankert ist, verschleiert und verdeckt das Wesentliche,
die Wirklichkeit und Wahrheit.
Das Handeln soll nach Dōgen nicht mit Gedanken und Vorstellungen
überfrachtet und damit unnötig verzerrt werden, sondern „es handelt ganz natürlich“ – so, wie es ist. Wenn das Handeln also
verengt und verkürzt wird, verliert es seine Natürlichkeit, Kraft und Reinheit,
sodass ein solches verzerrtes Handeln die Wirklichkeit sogar ausklammert.
Wahres Handeln kann durch Denken nicht ausgeschöpft und nicht erfasst werden
und kann theoretisch und philosophisch nur begrenzt beschrieben werden. Im
reinen, wahren Handeln ist der Körper nach Dōgen entspannt und gewissermaßen
durchlässig, aber trotzdem kraftvoll und voller Energie.
Wir müssen uns von quälenden Vorstellungen und Gedanken lösen, dass wir
geboren wurden und sterben müssen, denn diese sind
nicht die Wirklichkeit und kein unmittelbares Handeln.
Bei genauer Betrachtung kann man deshalb nicht sagen, dass Gautama
Buddha gestorben sei, denn seine Lehre und sein Wirken und nicht zuletzt seine
ethische Reinheit offenbaren sich im Handeln der Menschen im Hier und Jetzt.
Sein körperliches Sterben erweist sich als weniger wichtig, da seine Wahrheit
lebt und authentisch bis zum heutigen Tag weitergegeben wurde. Das wahre und
reine Handeln im Zazen und im Alltag wird durch nichts eingeschränkt und lebt
aus sich selbst. Es besitzt also umfassende Freiheit, die aber niemals auf
Kosten anderer geht.
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Nächste Woche bin ich auf La Gomera und kann keinen Blog veröffentlichen. Dort hatte mein Freund Ralf seine Finca und sein kleines Dorf gegen das Feuer verteidigt!
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