Bei
Dōgens Verständnis des Buddha-Geistes wird deutlich, dass es der ganzheitlichen
buddhistischen Praxis bedarf, damit wir das ethisch und moralisch richtige und
dadurch natürliche Handeln in unser Leben integrieren und verwirklichen. Er
knüpft an den großen Meister Daikan Enō
(Hui Neng) an, der als junger Mann
ein einfacher Holzsammler war und den das Diamant-Sūtra, das er zufällig auf
dem Markt hörte, spontan angesprochen und tief erfasst hatte, sodass er sich
entschloss, den Buddha-Dharma zu studieren und einen Meister zu suchen.
Der
maßgebliche Satz aus dem Diamant-Sūtra lautet:
„Während
(der Geist) keinen Aufenthaltsort besitzt, sollten wir trotzdem bewirken, dass
der Geist entsteht.“
Den
Geist gibt es also wirklich, aber nicht isoliert und unveränderlich in unserem
Schädel und Gehirn. Nach den neuen Erkenntnissen der Gehirnforschung ist unser
Gehirn viel flexibler als früher im Westen angenommen: Prof. Spitzer sagt: Das
Gehirn ist das, was wir machen! Was wir nicht machen, sind wir nicht. Ohne
Übung entwickelt sich nichts im Gehirn oder verkommt sogar das, was wir schon
einmal konnten.
Dōgen
betont in diesem Zusammenhang, dass der Buddha-Geist zum Beispiel als Zäune,
Mauern, Ziegelsteine und Kiesel existiert, in Wechselwirkung mit uns selbst und
unserem Gehirn: „Alle Buddhas der drei
Zeiten erfahren dieses als ‚Er kann nicht erfasst werden‘.“
Aber
der Geist ist kein abgegrenztes Ding, das wir einfach erfassen können. Denn wir
sind integriert im umfassenden dynamischen Netz des Lebens, dies sei der
Buddha-Geist selbst und ist die umfassende Wirklichkeit der drei Zeiten.
Für
Daikan Enō war entscheidend, dass es einen solchen umfassenden Geist wirklich
gibt. Wir sollten dafür sorgen, dass er sich entwickeln kann, obgleich er
keinen räumlichen Aufenthalt hat. Alles dies sei die Bedeutung von „(der Geist) kann nicht erfasst werden“.
Dōgen erklärt:
„Der Zustand
des Geistes, der nicht erfasst werden kann, ist die Lehre von achtzigtausend
Dharma-Toren durch alle Zeiten von allen Buddhas der zehn Richtungen.“
Damit
schlägt er einen beeindruckenden Bogen von den herkömmlichen, meist
konkretistischen Vorstellungen eines abgegrenzten dualistischen Geistes, der
seinen Sitz irgendwo im Menschen oder vielleicht im Universum haben soll, zu
den wirklichen Prozessen der Welt und des Lebens. Der Geist als erwachter handelnder Geist ist die
umfassende Wirklichkeit selbst und weist keine dualistische Trennung
zwischen Ideen, Materie, Handeln und Erleuchtung auf. Kurz gesagt ist er der Buddha-Geist.