Montag, 17. März 2014

Der Geist und der ganze Mensch


Wie Dōgen im Kapitel „Geist hier und jetzt ist Buddha“ untersucht und beschreibt, umfasst der Geist die ganze Wirklichkeit der Menschen, der Pflanzen, der Natur und des Universums. Eine Trennung von Geist und Materie ist im Buddhismus daher ausgeschlossen, sie kann bestenfalls innerhalb der Teilwahrheiten des Idealismus und Materialismus eine begrenzte Aussagekraft haben. Der Idealismus eines gesonderten Geistes des Menschen, der vom materiellen neuronalen Netzwerkes des Gehirns getrennt ist, widerspricht im Übrigen der neueren Gehirnforschung grundsätzlich; eine solche Vorstellung kann bestenfalls als Gleichnis verstanden werden.

Für die Lebensphilosophie des Handelns und den höchsten Zustand der Erleuchtung ist eine diese Vorstellung und Formulierung ganz unzureichend. Die ganze umfassende Wirklichkeit entzieht sich dem dualistischen Denken und Reden des Idealismus und Materialismus, sie kann aber in dem befreiten, erwachten Zustand erfahren, erlebt und vor allem praktiziert werden.

Dann stellt Dōgen die Verbindung des wahren Geistes zur Wirklichkeit des Lebens her und sagt, dass wir auf die Frage
Was ist der Zustand des vergangenen Geistes, der nicht erfasst werden kann?“
antworten sollten:

„Leben und Sterben, Kommen und Gehen.“

Damit ist genau die Wirklichkeit des Lebens und Handelns angesprochen, die sich von der Ebene des spekulativen Denkens verabschiedet hat. Dann gibt es keine Abstraktion eines zeitlich unveränderlichen Geistes, der zum Beispiel von Ewigkeit zu Ewigkeit unabhängig vom Kommen und Gehen, Leben und Sterben besteht. Eine solche Idee ist tief im westlichen Denken verankert und verweist auf den Weltgeist von Hegel. Auch unter Philosophen ist es allerdings umstritten, ob es möglich ist, einen Beweis für diesen Weltgeist zu erbringen. Es handelt sich eher um eine philosophische Spekulation, die eine große idealistische Kraft besitzt, aber nicht bewiesen werden kann. Ich kann einer derartig spekulativen Deutung der Welt und des Lebens nicht viel abgewinnen. Bei diesen Untersuchungen dürfen wir nämlich Dōgens Aussagen zur Sein-Zeit nicht vernachlässigen:

Die Wirklichkeit wird genau im jetzigen Augenblick erfahren. Dafür ist ein ewiger Weltgeist nicht erforderlich und eher irreführend.