Dōgen unterstreicht die Einheit der drei Zeiten –
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – mit dem Buddha-Geist und arbeitet
heraus, dass sie nicht getrennt
werden können. Er warnt uns davor, eine solche Trennung allzu intensiv und theoretisch zu diskutieren, weil dann
der wahre Gehalt der buddhistischen Lehre, gerade beim Thema Geist, sich sofort
entfernen würde.
Eine dualistische und intellektuelle Diskussion
verliert die Wirklichkeit tatsächlich schnell aus dem Blick, verselbstständigt
sich und dreht sich fast unbemerkt um theoretische Spitzfindigkeiten. Das hat
dann mit der wirklichen Wirklichkeit
nicht mehr viel zu tun.
In jeder Unterhaltung über den Geist sollen
wir klar sagen, dass dieser in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nicht
erfasst werden kann. Er ist viel zu komplex. Außerdem ist ja gar nicht so klar,
was mit dem Begriff Geist wirklich
gemeint ist
Dōgen untersucht die Wirklichkeit dieses
unfassbaren Geistes in außerordentlich tiefgründiger Weise. Er bezieht sich
dabei auf den höchsten Zustand der Erleuchtung und des Erwachens, also auf die
vierte Lebensphilosophie nach Nishijima Roshi, und führt den Begriff und die
Bedeutung des „Buddha-Geistes“ ein.
Damit stellt er eine wichtige Verbindung zur Buddha-Natur her, die er gesondert in einem umfangreichen Kapitel
behandelt.
Die theoretisch
unlösbare Frage nach der Wirklichkeit der Buddha-Natur hatte ihn sein Leben
lang begleitet, bis sie durch die umfassende Praxis bei seinem eigenen Lehrer, Tendō Nyojō, vollständig geklärt wurde. Die Buddha-Natur ist das
buddhistische, erwachte Handeln, also das wahre Leben selbst, und sie befindet
sich stets im Einklang mit Moral und Ethik. Das bewusste Denken gibt es nur in
einem sehr kleinen Teil des Gehirns, das
Gehirn kann viel mehr.
Dann kommt Dōgen wieder auf den Geist zu
sprechen:
„Es geht zunächst nicht darum zu sagen, ob es den Geist
gibt, den wir für jetzt unfassbar nennen. Wir sagen gegenwärtig genau: ‚Er kann
nicht erfasst werden‘.“
Damit bringt er zum Ausdruck, dass wir uns
nicht voreilig mit einer einfachen Antwort auf die Frage nach der wahren Natur
des Geistes zufriedengeben sollen, sondern dass wir unsere Untersuchung
schrittweise vertiefen müssen.
„Wir sagen (an
dieser Stelle) nicht, dass es unmöglich ist, den Geist zu erfassen, wir sagen
lediglich: ‚Er kann nicht erfasst werden‘.“
Dabei
bleibt zunächst offen, ob es ihn gibt oder nicht. Wir sollten laut Dōgen aber
auch nicht sagen, dass es möglich sei, den Geist zu erfassen, sondern dass es
um den zentralen Satz dieses Kapitels – „Er kann nicht erfasst werden“ – geht. Dōgen
will uns offensichtlich warnen, diese wichtige aber schwierige Frage des
Geistes mit einer platten Antwort wegzuwischen.
Die
Ebene der Umgangs-Sprache der Begriffe „möglich“ oder „unmöglich“ ist nicht
geeignet, um der Wirklichkeit des Geistes näherzukommen. Es geht auch nicht um
eine besondere Fähigkeit eines Menschen, ob erwacht oder nicht, sondern um eine
grundsätzliche Tatsache. Kann ein erwachter Geist allwissend sein, wie manchmal
zu hören ist? Ich habe da meine Zweifel: das Erwachen wird dabei vor dem
Erwachen ins Übernatürliche verschoben: schöne Illusion, die platzen muss.
Außerdem
würde eine solche Aussage dazu verleiten, dass wir uns den Geist wie ein Ding vorstellen und die Frage nur darin
besteht, ob es möglich ist, dieses „Ding“
zu ergreifen oder nicht. Für die Wirklichkeit des Buddha-Geistes ist diese
Frage aber in der Tat unsinnig, ob es möglich oder unmöglich ist, diesen zu
ergreifen oder zu erfassen. Eine konkretistische Vorstellung vom Buddha-Geist als
etwas Dinghaftes ist absurd, denn er kann nicht von der Wirklichkeit des
Menschen in seinem Handeln und des Kosmos getrennt werden. Dagegen ist die
Formulierung
„Der Geist kann nicht erfasst werden“
unabhängig von dualistischen Erklärungsversuchen und kann die Wirklichkeit
eines so in der Praxis erfahrenen Geistes sehr viel besser bezeichnen.