Dōgen sagt dazu, wie Fische und Vögel in dieser Welt leben:
„So können wir verstehen, dass Wasser Leben ist, und können verstehen, dass der Himmel Leben ist. Vögel sind Leben und Fische sind Leben. Es mag wohl sein, dass Vögel und Fische Leben sind.“
Wenn wir ähnlich den Fischen und Vögeln unseren eigenen richtigen Platz finden, ist dieses Handeln ohne jeden Zweifel das Leben, die Welt und das Universum selbst. Es ist das verwirklichte Universum, also das Gleichgewicht der Erleuchtung.
Der Weg und der Ort der Verwirklichung lassen sich nicht vollständig quantitativ erfassen, sie sind nach Dōgen weder „groß noch klein“, weder „subjektiv noch objektiv“. Auch die lineare Zeitdimension der Vergangenheit oder gedachten Gegenwart ist kein sinnvolles Kriterium für diesen großartigen und natürlichen Zustand. Es geht um das direkte Handeln! Damit werden unsere üblichen Unterscheidungen und Dimensionen überschritten. Die Beschreibung des erwachten Zustandes, also der Verwirklichung des eigenen Lebens und Universums, erfordert daher auch eine erweiterte Sprache, um sich von den herkömmlichen Denkgewohnheiten und impliziten emotionalen Verengungen distanzieren zu können.
„Da dies so ist, kann ein Fisch oder Vogel niemals seinen Weg oder seinen Ort im Wasser oder im Himmel finden, wenn der Fisch das (falsche) Ziel hat, sich (nur dann) im Wasser zu bewegen, wenn er dessen Grund erlangt hat, oder der Vogel im Himmel fliegen will, wenn er diesen vollständig durchstoßen hat.“
Was will Dōgen damit ausdrücken? Nishijima Roshi erläutert den Inhalt dieser Aussage wie folgt:
„Für die Vögel und Fische ist es sicher völlig unmöglich, zu fliegen oder zu schwimmen, wenn sie denken, dass sie dies nur dann können, wenn sie den Himmel oder das Wasser vollständig verstanden haben.“
Auch für uns Menschen sei es völlig ausgeschlossen, dass wir allein durch Denken und Intellektualität bestimmt sind. Unser Gehirn könne sich alles Mögliche ausdenken und dabei jeden Realitätsbezug vollständig verlieren.
Sicher will Dōgen nicht die Kreativität des Denkens sowie der Fantasie abwürgen und den Forscherdrang der Menschen für unsinnig erklären. Aber erleben wir es nicht immer wieder, dass gerade psychisch schwierige Menschen sich in komplexen Gedankengebäuden ergehen, diese immer weiter ausbauen und sich schließlich darin verlieren.
Sicher will Dōgen nicht die Kreativität des Denkens sowie der Fantasie abwürgen und den Forscherdrang der Menschen für unsinnig erklären. Aber erleben wir es nicht immer wieder, dass gerade psychisch schwierige Menschen sich in komplexen Gedankengebäuden ergehen, diese immer weiter ausbauen und sich schließlich darin verlieren.
Eine nüchterne Einschätzung, wann wir durch Denken Probleme lösen und unsere Entwicklung fördern können und wann nicht, ist also von großer Bedeutung. Bei Schizophrenen entwickeln sich wahnhafte, scheinbare Ordnungen und Denk-Konstrukte, die zwar eine gewisse psychische Überlebensfähigkeit bringen, sich aber aus der Wirklichkeit abgelöst haben, sodass ein Leben und Handeln im normalen Alltag nicht mehr möglich ist. Ähnliches gilt bei Verdrängungen und Zwangsneurosen.
Nishijima Roshi veranschaulicht Dōgens Ausführungen an folgendem Beispiel: Auch ein Baby oder ein Kind lebt zunächst in seiner kindlichen Umgebung und wächst dort auf. Die physischen und intellektuellen Fähigkeiten können dann Schritt für Schritt im Lernprozess mit der Umgebung und dem wachsenden Potenzial der eigenen Möglichkeiten bis zum Erwachsenen entwickelt werden. Und er fügt hinzu:
„Mit anderen Worten können wir unseren (richtigen) Ort in der Welt auf der Grundlage unserer (erlernten) physischen und mentalen Bewegungen finden, und an diesem Ort können wir (wirklich und natürlich) handeln.“