Die scheinbare
Lebenssicherheit, die man durch die Selbstüberhöhung gewinnt, kann die eigene
Angst und die eigenen Minderwertigkeitsgefühle nicht wirklich besiegen, denn
sie ist Selbstbetrug und daher eine Scheinlösung. Der
Mensch ist im Sinne von Joanna Macy in diesem Fall fixiert und kein offenes
System; er kann am „Tanz des Lebens“ nicht teilnehmen.[i]
Auch die amerikanische Zen-Meisterin
Joko Beck beschäftigt sich vor allem mit Problemen der Angst, Selbstüberschätzung,
des Ich-Bezuges und der überstarken Ich-Grenzen, die hauptsächlich die Funktion
von psychischen Schutzwällen haben.[ii]
Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung mit Teilnehmern ihrer Sesshins und
Seminare hat sie festgestellt, dass damit jedoch nur ein höchst brüchiger
Schutz erreicht wird.
Eines ihrer zentralen
Anliegen ist es, sich dieser Grenzen und Angstbarrieren bewusst zu werden, um sie
dann abbauen und neue Kräfte entwickeln zu können. Joko Beck rät, das Leben
einfach anzunehmen und dadurch „heil zu sein für das Leben“. Sie empfiehlt
Offenheit und gesunden Realismus, wenn man etwas tun will, also eine
realistische Eigenbewertung in Bezug auf die Zukunft.
Die Verhärtungen und
Erstarrungen von Körper und Geist müssen aufgelöst werden, damit Körper und
Geist wieder „fließen“ können. Man muss beweglich und offen für die Umgebung
und für sich selbst werden, dann kann die Dualität von Ich und Objekt
überwunden werden, und neue Energien fließen einem zu. Aber das ist gewiss leichter
gesagt als getan.
Was rät uns nun Dôgen, um
diese Probleme zu lösen?
Die Bedeutung des Ausdrucks „Was ohne Dauerhaftigkeit ist“, geht weit über das
hinaus, was Nicht-Buddhisten aber auch einige buddhistische Gruppen darunter
verstehen. Nishijima und Cross erläutern hierzu, dass Dôgen damit auf das
Sanskritwort anitya anspielt, das im
Allgemeinen die prozesshaft gedachte Vergänglichkeit, Veränderlichkeit und
Nicht-Ewigkeit bedeutet.[iii]
Häufig versteht man unter anitya im Buddhismus das bedingte
Entstehen, also die vernetzten Veränderungen. Diese werden wiederum im
Zusammenhang mit der Leerheit (shunyata)
gesehen, die andauernd und unveränderlich sei. Dies ist nach Dôgen und
Nishijima Roshi aber eine unzureichende Erklärung.
Es geht hier vielmehr um den
ganz kurzen Augenblick, der ja von Natur aus niemals dauerhaft und konstant ist
und sich als Zeitdauer nicht vernünftig darstellen lässt.
Da laut Dôgen die
Wirklichkeit und Wahrheit des Lebens, hier also die Buddha-Natur, genau im
Augenblick mit uns identisch ist, handelt es sich um eine ganz neue
Interpretation der Veränderlichkeit und der Buddha-Natur.