Die Buddha-Natur ist das
wahre Selbst des Menschen. Ist sie in der modernen Zeit erstarrt? Der
Zen-Meister Meister Daikan Enô gibt die Antwort.
Nach Dôgen sagte er klipp
und klar, und das gehört zum Kernbestand der buddhistischen Lehre:
„Das
ohne Statik ist Entstehen und ist die
Buddha-Natur. Das, was Statik und Dauerhaftigkeit
hat, ist der ein-dimensionale Geist, der alle Dharmas entweder in gut oder
in schlecht unterteilt.“
Der hier angesprochene
erstarrte und dogmatisch bewertende Geist ist also gerade nicht die
Buddha-Natur. Er ist z. B. typisch für gewalttätige Extremisten, die wie in Hamburg, Fensterscheiben einschlagen und Autos abfackeln oder die wie in Syrien im Namen "Gottes" bomben und
sogar morden.
Dass sich die Wirklichkeit
wandelt und verändert, ist im Buddhismus eine wichtige und weit verbreitete
Lehre. Typisches Beispiel dafür ist das wechsel-wirkende Entstehen in der Welt,
also vernetzte Prozesse, die sich gegenseitig beeinflussen und jeweils Voraussetzung für alles Wachsen sind, für die Veränderungen des Gesamten und der vernetzten
Teilsysteme. So funktioniert auch unser Gehirn, das neuronale Netz.
Die Veränderungen sind von
zentraler Bedeutung für unsere Befreiung und Emanzipation von erstarrten Ideologien, Materialismus und unrealen Weltanschauungen. Sie werden häufig nur zeitlich linear und eindimensional
verstanden, was eine Verengung bedeutet. Weil man nur im Augenblick wirklich
existiert, gibt es in diesem Zeitpunkt das höchste Maß an Wahrheit und zugleich
den Impuls zur Befreiung aus Statik
und Erstarrung, das sind wahre Veränderungen.
Es geht um den Zeitpunkt der
vernetzten Prozesse, und wir erleben ihn existenziell als die Wirklichkeit gemäß der Sein-Zeit. Das ist das große Jetzt. Erstarrte Vorstellungen im Zeitablauf sind maßgeblich von eindimensionalen Denkprozessen
und Vorstellungen abhängig, bei der Existenz-Zeit
des Augenblicks sind sie demnach bedeutungslos. Erstarrte Vorstellungen und Ideologien führen zu Hass,
Zerstörungswut und Intoleranz. Wie sollten"ohne" sein, das ist die berühmte Leerheit des Buddhismus!
Daikan Enô (Hui neng) sagt ganz klar, dass die Buddha-Natur ohne statische
Dauerhaftigkeit aber voller Lebendigkeit ist, und dass der gewöhnliche Geist des
Menschen im krassen Gegensatz dazu in konstanten dauerhaften Vorstellungen
gefangen ist. Dies gilt vor allem für dogmatische Bewertungen und
Unterscheidungen, wie total gut und total schlecht, richtig und falsch,
moralisch und unmoralisch. So Etwas gibt er in der Wirklichkeit nicht. Daher
ist es wichtig, sich der Gefährlichkeit von dogmatischen Bewertungen bewusst zu
werden, sie zu erkennen und zu vermeiden.