Dienstag, 22. Februar 2022

Der Wille zur Wahrheit: Zusammenarbeit statt Hass und Krieg

Dogens Kloster Eheiji

In China erlangte Meister Dogen das große Erwachen und die Erleuchtung. Daran besteht kein Zweifel, und er hatte vorher den Willen zur höchsten Wahrheit erweckt. Wir können seinen überlieferten Worten also vertrauen. Hier schildert er dazu sehr praktische Lebenserfahrungen. Die Medidation des Zazen gibt uns Kraft und Gleichgewicht gerade in der Krise. Auch zur Zeit Dogens gab es viele Kriege in Japan. Sein wahrer Buddhismus bleibt daher nicht im Unbestimmten und Abstrakten, sondern ist Grundlage für ein stabiles gutes Leben hier und Jetzt.

Nach seiner Rückkehr aus China suchte Dogen nach einem geeigneten Kloster für seine neue Zen-Lehre und -Praxis auf dem Weg zu Frieden und Freude. Da er das Richtige in Japan nicht finden konnte, baute er mit Unterstützung eines wohlhabenden Schülers ein neues Kloster nach den Plänen aus China. Dabei kam der Zazen-Halle für die Meditation zentrale Bedeutung zu. Dazu kamen Räume zum Sutra-Lesen, Werkstatt, Küche, Essen, Raum des Meisters usw.

Diese Rede des Willens zur Wahrheit hat Dogen vermutlich für seine Helfer, Arbeiter, Architekten, Techniker, Künstler usw. gehalten. Das waren sicher Menschen, die noch keine Erfahrung im Zen und im authentischen Buddhismus hatten. Es waren einfache Menschen, die gemeinsam an der guten Sache eines Klosters arbeiteten. Ihr Körper-und-Geist baute das Kloster. Oder, so würde Dogen fragen: Baute das neue Kloster die gemeinsam schaffenden Menschen? Oder beides, wechselwirkend?

Dort verfasste Dogen sein epochales Werk das Shobogenzo, die Schatzkammer des wahren Dharma-Auges. Genau dieses Dharma-Auge öffnete sich dort für die Buddha-Länder. Und es öffnete sich für die Arbeiter, Handwerker und Künstler genau dort. Und genau für euch! Von dort ging das epochale Werk Dogens "die Schatzkammer des wahren Dharma-Auges" in die buddhistische Welt. Denn dort wurde es von dem großen Zen-Meister Dogen geschaffen.

Wenn Du diesen Text liest, denke bitte an die Arbeiter von damals. Ohne ihr Materielles konnte Spirituelles und Geistiges nicht entstehen. Es ging also um gelungenes Handwerk, einfach, mit wunderbaren Materialien. Dann erfüllt es dich mit Ruhe, Freude und tiefer Gemeinsamkeit. Eben ZEN. Also Handwerk, sorgfältig ausgesuchte Stoffe und Kunst, in Einheit mit dem spirituellen Menschen.


Durch den Bodhi-Geist der Wahrheit entsteht der klare Entschluss, anderen Menschen und Lebewesen zu helfen und sie zu befreien, bevor man selbst die große Befreiung erlangt hat. Denn es würde zu lange dauern. Der Weg des Erwachens ist unlösbar mit dem Wir des Bodhisattva verbunden und verstärkt sich wechsel-wirkend, wie Nagarjuna sagt. Also frei und leer von den Giften Gier, Hass, ideologischer Verblendung und aufgeblasenem Ich

Das Wir ist das wahre Leben und nicht das isolierte und verkrampfte Ich. Der Bodhi-Geist ist voll lebendig, wenn wir anderen helfen, nach der Wahrheit streben, und nicht nur die eigene Vervollkommnung, Erleuchtung und sinnlose Ich-Maximierung im Kopf haben. 

Was ist zu tun? Im Gleichgewicht und in der Fülle des Augenblicks mit anderen leben und sinnvoll handeln. Deshalb ist dieses Kapitel so wichtig.

 Links: Neu: Buddhismus für Einsteiger

Vertiefung und weiter lesen

Vergl. : Meister Dogen, deutsch: Shobogenzo. Die Schatzkammer des wahren Dharma-Auges. Band 3, S. 302 ff.

 

Montag, 14. Februar 2022

Erwachen, scharfer Geist und Blüten: Harmonie oder Gegensatz?

 Zaubernuss, Hamamelis

Ein alter Meister hatte über dreißig Jahre seines Lebens Zazen praktiziert. Das ist die spezielle im Zen täglich geübte Meditation, die keine  besondere Konzentration erfordert, sondern vor Allem in richtiger Körperhaltung verwirklicht wird. Meister Dogen sagt dazu; "Körper und Geist fallen lassen" oder "Nichts als sitzen". Das ist nach meinem Verständnis die authentische Meditation Buddhas der Vierten Vertiefung, Jhana, also einfach ohne Grenzen und offen in Wechselwirkung mit dem Universum sitzen.

Eines Tages blickte der alte Meister auf einer Wanderung in den Bergen von einer Anhöhe hinab in ein anmutiges Tal. Es war Frühling und die Pfirsichbäume standen in voller Blüte. Er war im Jetzt und Augenblick, ohne etwas Besonders zu wollen und ohne Ziel-Orientierung und ohne Ziel-Objekt. Er war entspannt und relaxt, wie wir heute sagen würden.

Plötzlich verwirklichte sich die große Wahrheit, direkt, ohne sich anzustrengen mit Glückswellen, die ihn durchströmten. Eigentlich ganz einfach. Ihm kam spontan folgendes Gedicht in den Sinn:

„Dreißig Jahre lang ein Wanderer auf der Suche nach dem Schwert.

Wie viele Male fielen die Blätter und sprossen die Knospen?

Mit einem Mal die Pfirsichblüten hier im Tal.

Angekommen im Jetzt. Ich habe keine Zweifel mehr.“

Das Schwert ist ein Symbol für die Präzision des Geistes, oft falsch gedeutet als Intellekt und Gedanken-Schärfe. Angeblich kann man durch äußerste gedankliche Konzentration die Leerheit verstehen und Erleuchtung erlangen. Man müsse sich nur genügend anstrengen. Das scharf trainierte Schwert werde alle Verwirrungen und Knoten des Lebens zerschlagen, so dass man zur Wirklichkeit gelangt: Schöne Worte, richtig beeindruckend! Da stimmt aber etwas nicht. Philosophie reicht eben nicht.

Das Schwert hat eine ähnliche symbolische Bedeutung wie der Diamant, der durch seine Schärfe das Dickicht aus vorgefassten Meinungen, Bewertungen und angelernten Gedanken zerschneiden soll. Müssen wir unseren Diamanten hart trainieren und mit aller Härte scharf machen?

Das Gedicht sagt etwas ganz anderes! Und ich finde es glaubhaft: Ein direktes klares Gefühl der Einheit in der Schönheit der Natur, die von selbst eine klaren Geist entstehen lässt. Ein intuitives Gemeinsames, das Ruhe, Gleichgewicht und Freude entstehen lässt. Der Frühling ist dafür eine besonders gute Zeit.


Aber ganz von allein kam die Befreiung und das Glück natürlich nicht: Der alte Meister hatte jeden Tag Zazen praktiziert und sich damit von unnötigen Zwängen des allzu normalen Lebens befreit. Das nennt mein Lehrer Nishijima Roshi die erste Erleuchtung. Er kannte natürlich die buddhistischen Schriften wie die Vier Edlen Wahrheiten und den Mittleren Weg; vor Allem die Lehren der großen Zen-Meister. Denn im Gedicht geht es um die große Erleuchtung. 

 Meister Dogens Texte:  zur Natur 

                             Das verwirklichte Universum 

                             Zen-Meditation

 


Sonntag, 6. Februar 2022

Eckpunkte des ZEN

 


Schülerinnen in Kamakura, Japan

Meister Dogen fasst die zentralen Punkte des ZEN-Buddhismus und der Meditation zusammen:

1. Buddhas Wahrheit zu erlernen, ist sich selbst zu erlernen.

Die Wahrheit Buddhas ist auch unsere eigene Wahrheit des Lebens. Beide Wahrheiten können wir erlernen und verwirklichen

2. Sich selbst zu erlernen, ist sich selbst zu vergessen.

Für diesen verändernden Prozess müssen wir unser altes verengtes und unglückliches Ich verlernen, um offen für ein neues und besseres zu sein.

3. Sich zu vergessen, ist von den unzähligen Dinge und Phänomene erfahren zu werden.

Es geht darum sich für die äußeren Phänomene zu öffnen, also die zu engen Ich-Grenzen abzubauen. Das ist gute Wechselwirkung mit der Welt.

4. Unseren Körper und Geist fallen zu lassen, ist von unzähligen Dingen und Phänomenen, Dharmas, erfahren zu werden.

Das ist der zentrale Punkt des Zen. Neben der Fähigkeit zur Konzentration und Fokussierung lehrt Dogen, dass wir in der Meditation loslassen und uns fallen lassen. Ihr werdet staunen, wie positiv sich das auf euer Leben auswirkt!

5. Die äußere Welt und deren "Körper und Geist" fallen lassen.

Eine ungewöhnliche Formulierung: Es ist wichtig, die äußeren Welt mit uns in Wechselwirkung zu bringen. Dann verschwindet die scheinbare isolierte Unveränderlichkeit der äußeren Welt und wir können uns von täuschenden dualistischen Ideologien befreien.

Was bleibt? Die Wirkung dieser oft "unbewussten Spuren sind lange, lange Zeit" wirksam (Dogen). Die Klarheit und Kraft der Zen-Meditation bleibt also in deinen Leben dauerhaft wirksam, ohne dass dir das alles bewusst ist. Genau so wie eine Glocke, die angeschlagen wird und lange nachhallt. Zen-Meditation und Handeln im Alltag führen nach Dogen zur nachhaltigen Verbesserung: "Erleuchtung ist Feuerholz tragen und Wasser schöpfen".

Vereinfacht: Wenn du deinen Geist und deinem Neuro-Computer herunterfährst hat das Ähnlichkeit mit deinem technischen Computer, den du abschaltest: Er funktioniert nachher besser als vorher und hat manche Fehler selbst bereinigt!

Links: Neu: Buddhismus für Einsteiger

Genauer Text bei Meister Dogen

Siehe auch: Dogen, Die Schatzkammer des wahren Dharma-Auges, Band 1, S. 58,