Freitag, 25. November 2016

Die Buddha-Natur hier und jetzt erfahren: Oder doch weiter weg?



Die Buddha-Natur wirklich zu kennen, bedeutet, dass wir sie genau hier und jetzt erfahren. Sie ist die wahre Natur des Menschen und der Welt, die nicht von Ideologien, Täuschungen, Illusionen, aber auch nicht von Gier, Hass, Ablehnung und Neid abhängt. Und die Buddha-Natur hat in uns sehr viele positive Potentiale, mehr als Sie vielleicht denken.

Psychische Phänomene wie Enttäuschung, Verzweiflung oder Lebensangst verstellen dagegen die direkte Erfahrung der Buddha-Natur. Dasselbe gilt für gedachte oder gar konstruierte Ursachen und Umstände, dass zum Beispiel der Lehrer oder Meister in uns von außen die Buddha-Natur erzeugt und uns gibt. Solche Vorstellungen beziehen sich nicht auf den Augenblick hier und jetzt und haben keine Klarheit. Im Augenblick zu leben und den Geist gerade nicht herumwandern zu lassen, bringt uns Freude und Ruhe.

Wandernde Gedanken und einer herumwandernder Geist drückt unsere Stimmung und macht uns einsam und Grübeln erzeugt Elend. Das hat die Gehirnforschung und Psychologie ganz klar nachgewiesen! Im Zen ist das schon seit Langem bekannt.

Die wahre Bedeutung der Aussage im Zen:„wenn die Zeit gekommen ist“ kann daher nur sein: „Die Zeit ist schon gekommen“, sie ist die Gegenwart, sie ist jetzt. Daran kann es keinen Zweifel geben. Aber selbst Zweifel kann die Sein-Zeit sein: Wenn wir uns des Zweifels bewusst werden, gibt das zusätzliche Klarheit und die Möglichkeit, ihn zu überwinden – dann ist laut Dôgen die Buddha-Natur schon verwirklicht: Aus dem Zweifel in die Klarheit.

Er betont, dass wir die Zeit nicht vergeuden sollen. Den ganzen Tag, also 24 Stunden lang, existiert die Buddha-Natur genau hier und jetzt. Es geht dabei nur um die Gegenwart: Wir sollen zum Beispiel verantwortungsvoll handeln, Zazen praktizieren, die Dinge und Phänomene klar und genau ansehen, ganzheitlich hören und ohne eigenen Vorteil anderen helfen. Auch das Smartphone einmal ganz ausschalten, nicht immer erreichbar sein, und so im Jetzt zur Ruhe kommen. Präzise ausgedrückt heißt dies, „dass die Buddha-Natur nicht (irgendwann von irgendwoher) ankommt“, sie wartet oder versteckt sich nicht in der Ferne, auch nicht im Internet, sondern sie ist bereits da. Die Buddha-Natur ist selbst direkt offenbar; es hat niemals irgendeine Zeit gegeben, die nicht Buddha-Natur war.

Nun zitiert Dôgen den ehrwürdigen Ashvaghosha, den zwölften indischen Dharma-Nachfahren.[i] Ashvaghosha lehrte seinen Nachfolger Meister Kapimala den Ozean der Buddha-Natur:

„Die Berge, die Flüsse und die Erde sind alle auf der Grundlage (der Buddha-Natur) geschaffen.
Der Samâdhi und die sechs Kräfte manifestieren sich selbst und beruhen auf ihr.“[ii]

Nishijima und Cross erläutern dazu, dass Dôgen mit diesen Worten Ashvaghoshas überwiegend theoretische Untersuchungen der Buddha-Natur abschließt und auf die konkrete Welt, hier die Berge, Flüsse und die Erde, überleitet. Er bezeichnet sie als den umfassenden Ozean der Buddha-Natur und fügt hinzu, dass es genau um den Augenblick geht, in dem die Berge, Flüsse und die Erde entstehen und geschaffen werden. Dann sind sie wirkliche Berge und Flüsse.

Der Ozean verweist auf die Grenzenlosigkeit und All-Gegenwart des Lebens. Nishijima Roshi sieht den Ozean als Symbol für die vierte und höchste Lebensphilosophie, also den Zustand des Erlangens der Wahrheit. Ein solches Leben ist jedem zugänglich. Eingeengte materielle Dimensionen wie innen, außen und in der Mitte haben damit ihre Bedeutung verloren. Dasselbe gilt für Ideologien und Dogmen.

„Die Berge und Flüsse anzuschauen, ist dasselbe wie die Buddha-Natur anzuschauen.“

In dieser Aussage kommt das tiefe Verständnis des Zen-Buddhismus für die Natur zum Ausdruck, die Dôgen in mehreren Kapiteln poetisch beschreibt.[iii] Wenn wir Tiere erleben, erfahren wir die Buddha-Natur, erklärt er und spricht in diesem Zusammenhang ganz konkret vom „den Kiefern des Esels“ und den „Nüstern des Pferdes“. Dabei wird das subjektive und objektive Verständnis, also die dualistische getrennte Sicht des Universums überschritten, es geht um die Ganzheit und Einheit mit uns selbst.
Das führt zum großen Frieden.






[i] Kap. 15, ZEN Schatzkammer, Bd. 1, S. 141 ff.: „Die Buddhas und Vorfahren im Dharma (Busso)“
[ii] Shobogenzo, Bd. 2, S. 6, Fußnote 24
[iii] vgl. Seggelke, Yudo J.: Umwelt-ZEN

Samstag, 19. November 2016

Buddha warnt vor der giftigen Schlange

 Nishijima Roshi arbeitet an seinem Buch zu Nagarjunas Mittlerem Weg

In dem Gleichnis von der giftigen Schlange geht es um das falsche und damit gefährliche Verständnis der buddhistischen Lehre oder aber um deren richtige Verwirklichung. Buddha wird deutlich:

„Manche unverständigen Leute lernen die Lehrsätze auswendig, erforschen aber nicht weise deren Sinn. Dann gewähren die Lehrsätze ihnen aber keine Einsicht. Sie erlernen sie nur, um darüber zu reden und Meinungen äußern zu können, aber den Zweck, zu dem man diese Lehren erlernt, begreifen sie nicht. Ihnen werden die falsch aufgegriffenen Lehren für lange Zeit zum Unheil und Leiden gereichen, weil sie sie falsch begriffen haben. Das ist so, wie wenn ein Mensch eine Schlange fangen möchte, tatsächlich eine große Schlange findet und sie am Körper oder am Schwanz ergreift.“

Dann würde die Schlange sich blitzschnell umwenden und ihm in die Hand, in den Arm oder in ein anderes Glied beißen. Wer so leichfertig mit der Schlange umgeht, müsste tödliche Schmerzen oder sogar den Tod erleiden, weil er sie völlig falsch ergriffen habe. Und dass es giftige Schlangen in unserer Welt gibt, wird sicher niemand bezweifeln!

In diesen kurzen Sätzen wird von Buddha unmissverständlich gesagt, dass es keinen Sinn macht, die buddhistische Lehre nur auswendig zu lernen und sich sogar damit zu brüsten, um sich vor anderen aufzuwerten. Es geht um die wirkliche Verarbeitung und Verwirklichung der Lehre als je eigenen Befreiungs- und Emanzipations-Prozess.

Man sollte die authentischen Texte sowohl verstehen als auch im eigenen Erleben konkretisieren und damit die eigenen Verhaltensweisen und Handlungen verändern und voranbringen. Die Lehre kommt damit in Wechsel-Wirkung zum eigenen Leben, verändert dieses und erreicht erst dadurch die klare Wirkung auf dem Weg der Befreiung und Emanzipation.

Buddha redet sehr praktisch und betont bei der giftigen Schlange, dass es einen gegabelten Stock gibt, mit dem der Mensch die Schlange richtig packen kann, ohne dass er selbst in Gefahr gerät und

„sie dann mit festem Griff am Halse ergreift. Wenn dann die Schlange seine Hand und seinen Arm oder ein anderes Glied mit ihrem Leib umringelt, so erleidet er deswegen doch nicht den Tod oder tödliche Schmerzen.“

Im mittleren Weg können wir bei Nâgârjuna in dem besonders wichtigen Kapitel zu den Vier Edlen Wahrheiten dieses Gleichnis wieder finden, wo er es für die falsch verstandene Leerheit benutzt. In der Tat wird mit dem Begriff und einer dogmatischen Vorstellung der Leerheit im Buddhismus vielfältige Verwirrung gestiftet oder sogar erhebliches Unheil angerichtet, ohne dass der Zusammenhang und die Bedeutung wirklich geklärt ist.

Es geht dann nach dem Motto: In der Leerheit verschwinden alle Unterschiede und Schwierigkeiten der Realität, daher ist alles das Selbe und egal. Dabei wurde Bedeutung der Leerheit nicht wirklich gründlich durchdacht, erarbeitet und erfahren. Das ist auch nicht so einfach.

Nâgârjuna verwendet den Begriff der Leerheit für die Bezeichnung der Wechsel-Wirkung beim gemeinsamen Entstehen (pratitya samutpada) in der Wirklichkeit der Welt und unseres Leben. Die Leerheit bezeichnet gerade kein Nichts, sondern das Gegenteil: die lebendigen vernetzten Prozesse der Emanzipation und Befreiung, für sich selbst in der Meditation und im verantwortlichen Zusammenleben mit anderen.


Sonntag, 13. November 2016

Die freudige Achtsamkeit des Drechslers


Buddha nennt die Arbeit eines Handwerkers, des Drechslers, um die fundamentale Bedeutung der Achtsamkeit zu erläutern. Es ist dabei bedeutsam, dass das Handeln des Drechslers eine ganz praktische und von ihm häufig ausgeführte Tätigkeit ist und nicht in der Abgeschiedenheit eines Klosters vollzogen wird.

Hier ergibt sich eine enge Verbindung zum Zen – Buddhismus, der das praktische Handeln im Hier und Jetzt des Alltags bei Klarheit und ethischer Verantwortung in den Mittelpunkt stellt: „Erleuchtung ist Feuerholz tragen und Wasser schöpfen“ heißt es von einem berühmten Zen – Meister. Eine andere Formulierung lautet: „Ein Tag ohne Arbeit ist ein Tag ohne Essen“, die einem anderen alten Meister zugeschrieben wird, dem die Mönche im Kloster die Werkzeuge zur Bearbeitung der Felder und des Gartens weggenommen hatten, weil sie meinten, er sei zu alt und gebrechlich, um arbeiten zu können.

Der Meister hat daraufhin abgelehnt zu essen, ist also in den Hungerstreik getreten, um klar zu machen, dass er nicht bereit ist ohne seinen machbaren Anteil der Arbeit am Klosterleben und dem Funktionieren des Ganzen weiterzuleben. So musste man ihm sein Werkzeug wieder geben. Die Arbeit war sicher wegen seiner körperlichen Einschränkung nicht in demselben Maße möglich wie bei den jungen kräftigen Mönchen. Ist das wichtig?

Buddha erwähnt dieses Gleichnis im sutta „Grundlagen der Achtsamkeit“ und formuliert:

„Gleichwie ihr Mönche ein geschickter Drechsler oder Drechslergeselle, wenn er lang anzieht erkennt: `ich ziehe lang an`, wenn er kurz anzieht: ich ziehe kurz an`“ .

In derselben Weise solle beim Atmen in der Meditation vorgegangen werden und ein bewusstes klares Beobachten ermöglichen. Deutlich ist dabei auch, dass das Handeln im Vordergrund steht und dass der Geist, die Beobachtung dabei gewissermaßen „mit läuft“ und dadurch das Handeln bewusst wird. Handeln und Geist sind in Wechsel-Wirkung und nicht voneinander zu trennen.

Es ist nicht davon die Rede, dass der Wille und das Bewusstsein allein steuern; der Drechsler muss selbstverständlich eine gründliche lange Ausbildung durchlaufen haben, um die Aufgaben seiner handwerklichen Arbeit genau und präzis durchführen zu können. Es kann für den Drechsler sogar hoch gefährlich werden, denn bei unachtsamer Arbeit kann er sich schwer verletzen!

Es geht darum, sein Handwerk durch permanente Übung und Verfeinerung so weit zu vervollkommnen, dass die Feinkoordinierung mit offenem Geist ohne Schwierigkeiten und Ungenauigkeiten arbeitet und dass dabei der Geist in Achtsamkeit weilt. Dieser wird weder ausgeschaltet oder ist Störfaktor, noch ist er umgekehrt durch Ehrgeiz, Ängste, Doktrinen, Ich – Zentriertheit usw. unkonzentriert. Buddha spricht sogar von unbewussten Bereichen des Geistes, die für ein sinnvolles und erfülltes Leben auch und gerade bei der Achtsamkeit wichtig sind. Dies leuchtet beim Drechsler sofort ein: Die meisten seiner feinmotorischen Steuerungen laufen unbewusst ab und haben sich im Laufe des Übungsweges im neuronalen Netz immer feiner ausgebildet.

Das Wichtige ist also die gute Wechsel-Wirkung von bewusster Achtsamkeit und unbewussten Steuerungen und darauf aufbauender Fähigkeiten. Wie wir aus der Gehirnforschung wissen, werden dabei die speziellen Teilsysteme immer weiter trainiert.

Und wer ganz bei seinem Tun weilt, hat eine tiefe fast unerklärliche Freude, er ist zur Ruhe gekommen: Ruhe in Ruhe, Bewegung in der Ruhe und Ruhe in der bewussten Bewegung.

Samstag, 5. November 2016

Konnte der Mörder Angulimala Erleuchtung erlangen? Ja er konnte


In der mittleren Sammlung des Buddhismus wird von einem grausamen Räuber und Mörder, Angulimala, berichtet, der ohne Erbarmen und mit äußerster Brutalität sein Unwesen trieb, ohne durch sein Gewissen oder seine Ethik kontrolliert zu werden. Er verachtete seine Opfer und fädelte triumphierend einen Fingerknochen der ermordeten Opfer zu einer Kette auf, die er stolz um den Hals trug. Er war in allen Kämpfen und Mordtaten äußerst geschickt und bisher unbesiegt, vor Allem, weil er extrem schnell laufen konnte und von großer körperlicher Beweglichkeit war. Er prahlte, dass er Elefanten, Pferde und Menschen jederzeit einholen könnte und hielt sich für unbesiegbar. So griff er meist von hinten an und hatte alle Opfer fast ohne Gegenwehr überwältigt. Der Wald, in dem Angulimala hauste, war weit und breit gefürchtet, ihn zu durchqueren glich dem eigenen Todesurteil.

Buddha wollte nun auf einer Wanderung seinen Weg durch den Wald des Mörders nehmen, wurde aber von den dortigen Einwohnern auf das Heftigste vor diesem Mörder gewarnt. Er solle einen Umweg machen, um zu überleben. Buddha ließ sich trotz dieser mehrfachen Warnungen nicht davon abhalten, seinen Weg durch diesen Wald zu nehmen. Als Angulimala ihn kommen sah, war er sich sicher, ein neues Opfer gefunden zu haben. Er wartete zunächst ab, um dann von hinten anzugreifen:
„Er ergriff Schwert, Schild, Bogen und Pfeile und verfolgte den Erhabenen. Dieser aber bewirkte durch seine außergewöhnlichen Kräfte, dass Angulimala ihn nicht einholen konnte, obwohl Buddha selbst nicht schneller als gewöhnlich ging, während jener mit Aufbietung aller Kräfte lief“, um schneller voran zu kommen.

Das heißt, dass seine überlegene Schnelligkeit und seine brutalen Kräfte gegenüber Buddha unwirksam waren, er konnte sie nicht einsetzen. Obgleich er immer hoch aktiviert und schnell war, konnte er hier nichts ausrichten. So etwas war ihm noch nicht passiert.

Er rief daher Buddha verblüfft direkt an, er solle sofort stehen bleiben. Zu seinem Erstaunen antwortete Buddha, der sich zu ihm umgedreht hatte aber weiterging, dass der Mörder ja selbst stehen würde. Denn gegen seinen eigenen Willen kam der Mörder keinen Schritt näher an sein vermeintliches Opfer heran. Er sagte daher sogar in Gedichtform

„Du gehst Asket und sagst ich stehe still.
Obwohl ich stehe, nennst du mich ruhelos.
Wie soll ich das verstehen? Sag mir das:
Du ständest still und ich sei ruhelos.“

Es geht hier sowohl um die körperliche Dimension des Gehens, Laufens und Stehens, aber sicher noch um noch mehr, nämlich um die geistigen, spirituellen und psychischen Kräfte. Es ist nicht verwunderlich, dass ein Mörder keine Ruhe findet, obgleich er körperlich still steht und dass der erleuchtete Buddha geht, aber dabei ruhig erscheint. Buddha sagte in diesem Sinne:

Ich stehe still Angulimala, sag ich, weil ich den lebenden Wesen nichts zu Leide tue. Du aber wütest gegen Lebewesen, drum steh ich still und du kommst nicht zur Ruhe.“
Dies verblüffte und verwirrte den Mörder Angulimala zutiefst und er gestand dem Buddha:

Längst hätte ich das Böse aufgegeben, wäre mir dein Wahrheits-Wort zuteil geworden.“

Buddha erkannte sofort das positive Potential und die Entwicklungsmöglichkeiten dieses Mörders und sagte ganz einfach: „Tritt ein und sei ein Mönch" (Mitglied in seiner Sangha). Buddha weihte ihn als Mönch sogar höchst persönlich.
Die unglaubliche Verwandlung des gefürchteten Mörders und die Aufnahme in Buddhas Sangha erregte in der Umgebung großes Aufsehen, wie man sich denken kann. Inzwischen hatten die Menschen sogar den König Pasenadi um Hilfe gerufen und dieser hatte sich mit seinen 500 Reitern auf den Weg gemacht, um den Mörder endlich auszuschalten.
Aber nun musste er überhaupt nicht gegen den Mörder vorgehen, weil der bereits ein friedlicher Mönch der buddhistischen Sangha geworden war. Er war sehr bescheiden und einfach geworden, ihm verlangte nicht nach Reichtum und zweifelhaftem Ruhm, er lebte das Leben eines Wald-Einsiedlers. Wie es heißt praktizierte Angulimala ausdauernd und

„übte einsam für sich unermüdlich und eifrig und erreichte bald das höchste Ziel des reinen Lebenswandels schon in diesem Leben.“

Eines Tages wurde er allerdings auf einem Almosengang erkannt und von den empörten und aufgebrachten Einwohnern wutentbrannt verprügelt, er entkam mit großer Mühe und lebensgefährlichen Verletzungen. „Mit blutendem Kopf, zerbrochener Schale und zerrissenem Gewand kam er zum Erhabenen“. Buddha sagte zu ihm: “Nimm es geduldig hin, Heiliger. Die Taten für die du sonst viele tausend Jahre in der Hölle büßen müsstest, die büßt du schon jetzt in diesem Leben ab.“

Im folgenden Gedicht heißt es:
„Wer früher träge war und sich dann tüchtig macht,
der leuchtet wie der Mond in wolkenloser Nacht.
Wer alte Übeltat durch Guttat ausgeglichen, der leuchtet wie der Mond,
wenn Wolken sind gewichen.“

Dies ist eine wirklich spektakuläre Geschichte: durch eine fundamentale Begegnung und Weichenstellung eröffnen sich dem Mörder völlig neue Alternativen für ein friedliches und erfülltes Leben. Bei ihm war es die direkte Begegnung mit Buddha, die ihn zur vollständigen Änderung seines Lebens brachte und sich radikal von seinen menschenverachtenden Taten abwenden konnte. Wie es heißt, erlangte er schon in diesem Leben durch die buddhistische Praxis Erleuchtung und die höchste menschlich mögliche Lebensform.


Nun leben wir heute nicht im Zeitalter Buddhas, haben aber nach der buddhistischen Lehre mindestens dieselben Chancen und Möglichkeiten wie der Mörder Angulimala. Es kommt darauf an, dass wir tatkräftig die möglichen guten Chancen ergreifen und uns neue Lebensdimensionen eröffnen. Solche Chancen gibt es immer, wir müssen sie nur erkennen und entschlossen angehen. Dabei kommt dem ethischen Handeln eine hohe Bedeutung zu, was heute oft unterschätzt wird.