Den Zustand des Gleichgewichts bei der Zazen-Praxis bezeichnet Dōgen als
„aufrechtes Sitzen im Samādhi des Empfangens und Benutzens des Selbst“.
Dies sei unzweifelhaft der richtige Weg, um den Zustand der Verwirklichung und des Erwachens zu eröffnen. Da Dōgen fest davon überzeugt ist, dass es nur einen einzigen wahren Buddhismus gibt, gilt seine Aussage selbstverständlich sowohl für Indien, China und Japan als auch für die euro-amerikanische Kultur.
Für ihn ist es von zentraler Bedeutung, dass die „mystische und authentische Übertragung der feinen Methode“ des Zazen direkt vom Meister auf den Schüler erfolgt und der Schüler damit die buddhistische Wahrheit empfängt. Die Übertragung müsse eins zu eins, das heißt von Angesicht zu Angesicht, geschehen und sei
„das Höchste des Höchsten“. Er ergänzt sogar: „Nach der ursprünglichen Begegnung mit einem (guten) Lehrer müssen wir (daneben) niemals Räucherwerk brennen, Niederwerfungen machen, den Namen Buddhas zitieren, beichten, praktizieren oder Sūtras lesen.“
Diese erstaunlichen Äußerungen setzen klare Prioritäten für die Eins-zu-eins-Übertragung in einer authentischen Linie. Sicher will Dōgen damit nicht anregen, dass diese typisch buddhistischen zeremoniellen Tätigkeiten ganz abgeschafft werden sollten. Er betrachtet sie aber nur als stützendes Beiwerk und nicht als das Wesentliche auf dem Buddha-Weg.
Leider ist es auch heute noch in manchen Zen-buddhistischen Gruppen zu beobachten, dass die bis ins kleinste Detail durchstrukturierten Abläufe der Zeremonien eine übergroße Bedeutung erlangt haben. Dann besteht die Gefahr, dass sie zum Selbstzweck werden und den wahren Kern des Buddhismus an den Rand drängen. Die Schüler müssen in diesem Fall einen komplizierten und langwierigen Lernprozess durchlaufen, um den zeremoniellen Ablauf zu erlernen.
Stattdessen rät Dōgen, sich unbedingt einen verlässlichen, guten Lehrer zu suchen und im lebendigen Kontakt mit ihm sowie mithilfe intensiver Zazen-Praxis den Buddha-Weg zu gehen.
„Wenn ein Mensch auch nur für einen einzigen Augenblick Buddhas Haltung in den drei Formen des Verhaltens manifestiert, während er ganz aufrecht im Samādhi sitzt, nimmt die ganze Welt des Dharma Buddhas Haltung an und der ganze Raum wird der Zustand der Verwirklichung.“
Mit dieser außergewöhnlichen Formulierung erklärt Dōgen ganz eindeutig, dass der Mensch sich im Samādhi, also in der Haltung Gautama Buddhas, zusammen mit dem gesamten Universum der ganzen Welt verwirklicht! Das können wir demnach als Verwirklichung von uns selbst verstehen.