Freitag, 7. Januar 2011

Die authentische Übermittlung der Lehre und Praxis


Dōgen kommt erneut darauf zu sprechen, dass große und häufig dauerhafte Schäden beim lernenden Menschen entstehen, wenn der ehrliche Wille zur Wahrheit durch falsche Lehrer und eine unrichtige Theorien fehlgeleitet wird.
Manche buddhistische Lehrer und angebliche Meister verbergen nämlich ihre unreife Persönlichkeit hinter der Behauptung der eigenen Omnipotenz; sie erklären also, sie seien allmächtig und allwissend.


Psychologisch betrachtet dürfte es sich dabei jedoch eher um narzisstische Störungen handeln, die zur Ich-Überhöhung sowie zur Entwertung der Schüler führen. Deren Entwertung und Erniedrigung werden sogar buddhistisch als Überwindung des „Ich-Wahns“ deklariert.


Dōgen ist der Überzeugung, dass es besser sei, überhaupt nicht den Buddha-Dharma zu studieren als bei falschen Lehrern zu lernen, weil dies in menschlichen Katastrophen enden könne. Daher sei die authentische Weitergabe des Buddha-Dharma von einem wahren Meister zu seinem Nachfolger von zentraler Bedeutung. Diese authentische Übermittlung der Lehre und Praxis lässt sich für jeden wahren Meister bis auf Gautama Buddha selbst zurückführen und ist in China und Japan sorgfältig dokumentiert. In der Linie Dōgens kommt vor allem den Meistern Nāgārjuna, Bodhidharma, Daikan Enō, Daishō und Tendō Nyojō eine herausragende Bedeutung zu; Dōgen bezeichnet sie als „ewige Buddhas“. Für die neuere Zeit möchte ich in dieser Linie die großen Meister Kodo Sawaki, Rempo Niwa und Nishijima Roshi nennen.

Dōgen betont, dass die Zazen-Praxis in einer Kette von Nachfolgern, die nicht ein einziges Mal unterbrochen wurde, immer authentisch übermittelt wurde, sodass sie bis in seine Zeit erhalten und lebendig geblieben ist.


„Nachdem der Vorfahre und Meister aus dem Westen kam, zerschnitt er direkt die Wurzel der Verwirrung und verbreitete den unverfälschten Buddha-Dharma.“

Dōgen bezeichnet hier den indischen Meister Bodhidharma, der zu Beginn des 6. Jahrhunderts nach China kam und dort als Erster die richtige Zazen-Praxis lehrte, als Vorfahren und Meister aus dem Westen. Nach der Zen-buddhistischen Überlieferung gab es in China zwar vorher schon Lehrer mit umfangreichen theoretischen Kenntnissen, es waren bereits viele Sūtras aus dem Sanskrit in das Chinesische übersetzt worden und es existierten auch Klöster mit vielen Mönchen. Aber der unverfälschte Buddha-Dharma aus der Praxis und Theorie einer verlässlichen Übertragungslinie war noch nicht nach China gelangt, bis schließlich Bodhidharma kam.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Soweit kann ich Ihnen zustimmen, was Dogen sagte und meinte. Aber Lehrer aus der neueren Zeit hier gleich zu stellen, ist doch arg vermessen.
Warten wir 500 Jahre, und dann dürfte Dogen's Echo noch immer zu hören sein. Wie das mit den Geräuschen von Sawaki, den ich sehr schätze, der aber nur aus unserer heutigen Zeit zu verstehen ist, sein wird, das wissen wir nicht. Dogen's Schriften wurden lange "geheim" gehalten und es ist sicherlich das große Verdienst von Nishijima das Shobogenzo auch ins Deutsche übertragen zu haben, gemeinsam mit seiner Schülerin. Nur es ist EINE Variante - .
Richtige und falsche Lehrer voneinander zu unterscheiden ist eine hohe Kunst - es gibt nur sehr wenige, die sich damit verstehen.

Yudo J. Seggelke hat gesagt…

Vielen Dank für den Kommentar.
Es ist hier die Übertragungslinie von Meister Dogen zu den neuen Meistern gemeint.
Allerdings schätze ich die drei neuen Meister dieser Übertragungslinie außerordentlich. Ein wertender Vergleich mit den alten Meistern war von mir nicht gemeint.
Herzlich
Yudo