In diesem Kapitel (Kap. 29,
Inmo) behandelt Meister
Dôgen das „Etwas“ im Buddhismus, um die Wahrheit und Wirklichkeit selbst zu beschreiben, die nach der buddhistischen Lehre eigentlich etwas ganz Selbstverständliches und Natürliches sind.
Gesamtanlage des Klosters Tokein
Das Wort
Inmo kann wörtlich mit "etwas" oder "es" übersetzt werden, also etwas Alltägliches , über das man eigentlich gar nicht nachdenkt, weil es so fraglos ist. Die damit ausgedrückte Wahrheit übersteigt das Denken und die Wahrnehmung durch unsere Sinnesorgane, die Meister
Nishijima jeweils als die Philosophien des Idealismus und Materialismus bezeichnet. Nach der umfassenden buddhistischen Lehre sind diese beiden Lebensphilosophien jedoch nicht in der Lage, die Wahrheit und Wirklichkeit der Welt voll zu erfassen und uns ein erfülltes Leben zu eröffnen. Denn dies geht über das einfache Denken und die materielle Wahrnehmung weit hinaus. Wir müssen uns aber auch darüber klar sein, dass schon die Begriffe „Wahrheit“ und „Wirklichkeit“ ihrerseits oft die Gefahr unzulässige Verkürzungen und Konkretisierungen für deren Bedeutung in sich tragen. Denn alle Worte sind immer in Gefahr, dass man den Inhalt mit der Bezeichnung verwechselt, und damit oft den Inhalt und seine Bedeutung unzulässig einengt oder sogar subjektiv verfärbt. So ist der häufige Streit um Weltanschauungen und Religionen denn auch meistens nur der Streit um unterschiedliche Interpretationen der Begriffe, die sich subjektiv bei den verschiedenen Menschen herausgebildet und festgesetzt haben. Es wäre daher meist sinnvoller, zunächst die Bedeutungen selbst abzuklären, bevor die heftigen Diskussionen beginnen. Es sei denn, jeder möchte nur sein eingeübtes Ego in den Kampf führen, um sich selbst zu bestätigen und den anderen zu besiegen, nicht zuletzt, weil das Ego „den Helden spielen“, und damit seine eigene Existenz unter Beweis stellen will, aber dieses Ego gibt es ja eigentlich überhaupt nicht.
Die buddhistische Wahrheit geht also über Denken, sinnliche Wahrnehmung und auch über Worte hinaus, aber die Worte und die Sprache sind unbedingt erforderlich, um die Lehre an andere zu übermitteln und Lern- und Klärungsprozesse bei anderen einzuleiten oder zu fördern. Daher ist es einerseits notwendig, sich der Begrenztheit von Worten und Sätzen bewusst zu sein, auf der anderen Seite muss versucht werden, sie im sozialen Kommunikationsprozess bestmöglich einzusetzen, weil die menschliche Kultur ohne die Sprache überhaupt nicht lebensfähig ist. Das
Shôbôgenzô von
Dôgen ist hier als ein vorbildliches Beispiel anzuführen: Er verwendete alle Möglichkeiten der Sprache, insbesondere auch die poetische Kraft der Worte, um die buddhistische Lehre an andere zu übermitteln. Es ist bekannt, dass er viele eigene neue Wortschöpfungen entwickelte, um das Neue der buddhistischen Lehre auszudrücken. Er warnte aber immer wieder davor, dass sich die Sprache, die Vorstellungen und die Ideen verselbstständigen und damit verengen. Dann würden wir wieder in der Sackgasse des Idealismus landen, der zwar als Dimension und Teilwahrheit seine Bedeutung hat, aber die Wahrheit des Lebens und Universums nicht umfassend ergreifen kann. Neben der Lehre und den Bildern des Buddhismus muss vor allem das praktische Tun in der Praxis des Zazen und Alltags entwickelt werden, damit ein unmittelbarer Eindruck und eine direkte Erfahrung des Zustandes der Wirklichkeit und Wahrheit für den Menschen ermöglicht werden. Wie Nishijima Roshi betont, ereignet sich im Zazen ein Gleichgewicht des vegetativen Nervensystems, so dass die aktiven Kräfte des Handelns und die passiven des Geschehen-Lassens ausgeglichen sind. Eine solche Erfahrung und ein solches Erleben in der Zazen-Praxis ist in der Tat mit Worten nur sehr begrenzt beschreibbar und Dogen benutzt die Sprache in seiner Anleitung zum Zazen denn auch vor allem, um die körperliche Haltung genau zu beschreiben. Der im Zazen erfahrene Zustand wird mit Begriffen wie:
"Körper und Geist fallen lassen", "das Denken aus dem Nichtdenken" oder "
Zazen ist das Tor des Friedens und der Freude im Buddha-Dharma" beschrieben.
Ich möchte die Bedeutung von
Inmo also des Etwas anhand des berühmten Buches "Die Kunst des Bogenschießens" von
Eugen Herrigel erläutern. Er kam als deutscher Philosoph in den zwanziger Jahren nach Japan, um Buddhismus und insbesondere Zen-Buddhismus zu studieren. Seine dortigen Freunde überzeugten ihn, dass er eine buddhistische praktische Disziplin erlernen müsste, um den Buddhismus zu "verstehen", und er wählte die Kunst des Bogenschießens. Er berichtet in diesem Buch, wie er unter der Leitung eines erfahrenen Meisters die körperlichen und geistigen Bereiche des Bogenschießens Schritt für Schritt erlernte und dabei so manche schwerwiegenden grundsätzlichen Fehler beging, die nicht zuletzt durch seine europäische Kultur bedingt waren. Unter anderem hatte er das große Problem, dass sich in der höchsten Spannung des Bogens der Schuss des Pfeiles wie von selbst lösen sollte, dies ihm aber immer wieder gründlich misslang. Sein bewusster Wille, den Schuss zu lösen, erbrachte nicht die erstrebte Wirkung, dass der Schuss „wie eine reife Frucht“ abfallen sollte.
Je angestrengter und willensmäßiger seine Versuche wurden den Schuss auszulösen, desto mehr verkrampfte er und desto mehr wich er von dem Weg der „reifen Frucht“ ab, den sein Meister ihm vorgegeben hatte. Dies führte u.a. sogar dazu, dass sein Meister den Unterricht abrupt beenden wollte, weil ihm der Schüler, wie er meinte, aus dem Ruder gelaufen war. Durch Zureden der japanischen Freunde konnte Herrigel dann sein Studium bei dem Meister fortsetzen und er berichtet, dass er dabei viel einfacher und bescheidener wurde. Eines Tages dann löste sich ein Schuss im Augenblick der höchsten Spannung des Bogens wie von selbst. Das war es, das war das so lange gesuchte „Etwas“! In der vollständigen lockeren Haltung von Körper und Geist in der höchsten Spannung des Bogenschützens musste sich der Schuss von selbst lösen. Zur größten Überraschung von
Herrigel verneigte sich dann sein Meister vor ihm und dem Bogen und sagte: "Es hat geschossen". Er erläuterte anschließend, dass die Ehrung der Verbeugung nicht ihm als Person gegolten habe, sondern dem Umstand, dass sich das „Etwas“ offenbart habe und er meinte damit, dass dieses Etwas genau die buddhistische Wahrheit ist, die beim Handeln über Denken, Wahrnehmung und alles Persönliche hinausgeht.
Mit dieser Beschreibung von
Herrigel: "Es hat geschossen" können wir vielleicht besser nachvollziehen, wie sich das „Etwas“ bei der Zazen-Praxis ereignet, das über Worte und Denken hinausgeht. Das Etwas wird eventuell als vage und nicht konkret fassbar empfunden, und dies ist genau die Wahrheit der buddhistischen Lehre, denn das Etwas existiert in der Tat. Wenn man dieses Etwas erlebt, ist man locker und frei, ohne lasch oder träge zu sein und erlebt einen Zustand des Friedens und der Freude, wie Dogen dies für die Zazenpraxis formuliert. Dieses Etwas oder die Wahrheit jenseits von Denken und Wahrnehmen oder von Worten und Sätzen geschieht je im gegenwärtigen Augenblick, hebt die Trennung von Subjekt und Objekt auf und löst damit auch die Grenzen des Ichs auf, so dass sich die umfassende Einheit mit dem Universum verwirklichen kann und auch tatsächlich verwirklicht.
Es soll noch angemerkt werden, dass wir auch in den westlichen Sprachen Formulierungen haben, die für derartige Situationen verwendet werden, in denen man also nicht einfach ein Subjekt oder Objekt bezeichnen kann. Beispiele hierfür sind: Es regnet, es schneit, es stürmt, es hat geschossen, es ergreift mich, es ereignet sich, es ertönt usw. Grammatikalisch gesehen gehören diese Formulierungen weder zum Aktiv, bei dem jemand etwas tut, noch zum Passiv, bei dem jemand etwas erleidet, sondern sie liegen in der Mitte.
Nach diesen einführenden Worten wollen wir uns nun diesem Kapitel
Dôgens zuwenden, um eine Ahnung von diesem Etwas, das die Wahrheit ist, zu bekommen.
Dogen zitiert einen alten Meister mit folgenden Worten:
"Wenn ihr das Etwas erlangen wollt, müsst ihr ein Mensch sein, der das Etwas ist, da ihr bereits ein Mensch seid, der das Etwas ist: Warum macht ihr euch Sorgen, was das Etwas ist?“.Das Erwachen und die höchste Wahrheit werden hier mit dem Begriff "etwas" bezeichnet, der einerseits eine Ungewissheit bezeichnet, aber andererseits als etwas Wirkliches und Wahres dargestellt wird. An anderer Stelle sagt
Dôgen im
Shôbôgenzô, dass man die Wahrheit nicht mit dem unterscheidenden Verstand erfassen kann oder dass die intuitive buddhistische Weisheit über das Denken und die Wahrnehmung hinausgeht. Die Bezeichnung "etwas" mag uns westliche Menschen verwundern, aber der Begriff selbst soll deutlich darauf hinweisen, dass die dahinter stehende Wirklichkeit nicht im logischen Sinne eindeutig erfasst werden kann. Als Herrigel zum ersten Mal mit dem Bogen einen richtigen Schuss abgab, verneigte sich der Meister vor diesem Etwas, indem er sagte: "Es hat geschossen". Um für dieses Etwas offen zu sein, ist es notwendig, die eigenen rotierenden und oft hektischen Gedanken und überschießenden Emotionen loszuwerden, damit dieses Etwas sich überhaupt zeigen und entwickeln kann.
Dieses höchste Erwachen übersteigt das Universum, insbesondere wenn man es nur materiell versteht oder nur als Idee in sich trägt. Mit dem Verstand können wir dieses Etwas nicht beweisen, trotzdem sind wir sicher, dass es das gibt, wenn wir es erleben und erfahren und vor allem im Handeln selbst je im Augenblick verwirklichen. Dieses Etwas, das wir selbst sind, ist mehr als der Körper und der Geist und wir merken tagtäglich, wie der Körper sich verändert und alte Zustände, z. B. der Kindheit, nicht wieder zurückkehren und für immer verschwunden sind. Auch der Geist existiert je im Augenblick und steht nie still, ist also niemals statisch, unveränderlich und konstant. Die höchste Ebene der Wahrheit kann nach buddhistischer Lehre nicht ohne moralische Reinheit bestehen und geht über ein persönliches Ich hinaus. Wie ist es sonst zu erklären, dass plötzlich der
Bodhi-Geist erweckt wird und wir wirklich nicht sagen können, dass er durch das Ich erzeugt wurde? Unser eigener Wille kann also das Etwas nicht direkt hervorrufen, wenngleich der Wille zur Wahrheit grundsätzlich notwendig ist, um auf dem Weg des Buddha-Dharma zu gehen und mit der Praxis zu beginnen. Da jeder Mensch bereits dieses Etwas ist, macht es auch keinen Sinn, sich zu sorgen, ob und wie man dieses Etwas erlangen kann. Dogen sagt hierzu:
"Deshalb könnten die Klänge und Formen der Wirklichkeit, der Körper und Geist der Wirklichkeit und alle Buddhas der Wirklichkeit dieses Etwas sein."Dieses Etwas kann man daher auch als die eigentliche Wirklichkeit und Wahrheit bezeichnen.
Im Folgenden wird eine Aussage wieder gegeben, die zunächst selbstverständlich und einfach erscheint, die aber durch Dôgens Untersuchungen eine neue Tiefenschärfe gewinnt. Sie lautet:
"Wenn jemand auf den Boden fällt, steht er auch wieder vom Boden auf. Wenn er (aber) versuchen würde, neben dem Boden aufzustehen, wäre dies letztlich unmöglich".Was soll nun damit gesagt werden? Es ist sicher klar, dass man direkt wieder vom Boden aufsteht, also wieder auf die Beine kommt, wenn man hingefallen ist. Man steht also genau dort wieder auf, wo man zu Fall gekommen ist. Es ist auch wenig sinnvoll, auf andere Weise wieder hochzukommen, abseits von der Stelle, wo man gefallen ist, denn räumlich sind die Stelle des Hinfallens und des Aufstehens natürlich dieselben. Aber dieses Beispiel kann viel umfassender verstanden werden und Dogen sieht es sogar als "Sprungbrett" für das große Erwachen. Es geht um das Handeln im Hier und Jetzt, also um aktives Tun und Geschehen-Lassen. Es wird ein zeitlicher Ablauf geschildert, der aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft besteht, also die lineare Zeit umfasst, die auch für Ursachen und Wirkungen maßgeblich ist. Aber es geht vor allem je um den gegenwärtigen Augenblick, bei dem die lineare Zeit verschwindet, indem sich die Erinnerungen an das Vergangene und die Erwartungen an das Zukünftige auflösen. Die Geschichte berichtet auch von einem sehr konkreten Ablauf und Erlebnis für den, der hingefallen ist und wieder aufstehen muss.
Gedankliche Täuschungen und fantasievolle Selbstbespiegelungen werden sicher sofort verschwinden, wenn man hinfällt und Schmerzen hat. Dann erlebt man die Wirklichkeit unmittelbar und sie ist nicht durch einen Schleier von Ideen und Vorstellungen teilweise oder gar ganz verdeckt. Das kraftvolle Handeln vollzieht sich je im Augenblick, und nur dann kommt man wieder auf die Beine. Wenn man in der gedanklichen Vorstellung der linearen Zeit über eine mögliche Zukunft hängen bleibt, kann man also gar nicht handeln und wird auch niemals aufstehen können. Das eigentliche Leben gibt es nach buddhistischer Vorstellung im Gleichgewicht oder, wie es häufig formuliert wird, in der Leerheit. Dieses Gleichgewicht erfährt man vor allem bei der Zazenpraxis, aber auch im täglichen Handeln und Erleben. Das gilt natürlich auch für den so einfach erscheinenden Vorgang des Aufstehens. Das Handeln im Augenblick vollzieht sich in der Sein-Zeit des Hier und Jetzt und ist insofern nicht an Vergangenheit und Zukunft gebunden, denn beide sind nur Vorstellungen in unserem Gehirn. Daher kann man sagen, dass man beim Aufstehen sich sowohl auf den konkreten Boden stützt als auch im Gleichgewicht oder in der Leerheit ist.
In einem anderen berühmten Gespräch eines großen indischen Meisters mit seinem Nachfolger wird nach dem Klang der Glocke, die durch den Wind zu läuten beginnt, gefragt: Handelt es sich dabei um das Läuten des Windes oder der Glocke? Der alte Meister und Lehrer sagt dazu:
"Es ist jenseits des Läutens des Windes und jenseits des Läutens der Glocken. Es ist das Läuten meines Geistes."Mit dem Geist ist aber nicht der subjektive individuelle Verstand gemeint, sondern etwas Umfassendes und Grundsätzliches, das nicht konkret dem Wind oder der Glocke zugeordnet werden kann. Natürlich sind die beiden Meister in dieser Situation selbst Teil des gesamten Geschehens und es wäre nicht sinnvoll, dass sie die Glocke und den Wind als Objekte außerhalb von ihnen selbst empfinden und beschreiben würden. Dieser Geist wird als still und im Gleichgewicht befindlich beschrieben und damit ist gemeint, dass auch beim Läuten der Windglocken genau die buddhistische Stille der Mitte wirksam ist. Auch dadurch wird deutlich, dass es sich nicht um einen subjektiven, personenbezogenen „Geist“ handelt, sondern dass er jenseits davon als das „Etwas“ vorhanden ist: Das „Etwas“ hat geläutet. Das Etwas existiert so wie es ist, es übersteigt unsere subjektiven Ängste, Sorgen, Hoffnungen und Erinnerungen, aber es hat auch die ganz konkrete Wirklichkeit des Läutens und des Windes.
In einer anderen berühmten Zen-Geschichte führten zwei Mönche eine erhitzte Diskussion, ob sich die Flagge oben auf dem Mast bewegte oder ob der Wind in Bewegung war. Der große Meister
Daikan Enô kam dann hinzu, und es wird berichtet, dass er damals noch nicht einmal ordiniert, also noch Arbeiter und kein Mönch war, als er sagte:
"Es ist jenseits des sich bewegenden Windes und der sich bewegenden Flagge, ihr seid der Geist, der sich bewegt".Dadurch wurde das Streitgespräch sofort beendet und beide Mönche hatten eine neue Sicht gefunden und ein neues Verständnis erreicht. Man darf diese Geschichte nicht so begreifen, dass sich der individuelle persönliche Geist der beiden Mönche bewegte. Die Mönche waren Teil des umfassenden Geistes und dieser war nicht getrennt, sondern die Bewegung war beim Geist maßgeblich. Dieses Bewegen ist je so wie es ist, es und der Geist sind das Etwas.
Von dem großen Meister
Daikan Enô wird berichtet, dass er in ganz ärmlichen Verhältnissen lebte und den kärglichen Unterhalt für sich und seine Mutter dadurch verdiente, dass er im Wald Holz sammelte und es auf dem Markt verkaufte. Sein Vater war gestorben, so dass er die Verantwortung für den Lebensunterhalt seiner Mutter hatte. Er konnte weder lesen noch schreiben. Dann hörte er auf dem Markt einige Sätze aus dem Diamant Sûtra und war sofort davon tief ergriffen. Er beschloss unwiderruflich, die Wahrheit des Buddha-Dharma zu suchen und zu studieren.
Er musste daher seine Mutter verlassen, was ihm außerordentlich schwerfiel und ging in das Kloster eines berühmten Meisters. Er konnte jedoch dort nicht als Mönch aufgenommen werden, weil er so arm und ungebildet war, sondern wurde für die praktische Arbeit im Kloster abgestellt und bediente dort unter primitiven Bedingungen die Reismühle. Mit dem Verstand ist es schwer zu erklären, warum er dann schnell und umfassend Zugang zum Buddha-Dharma bekam, obgleich er zunächst keine Dharma-Reden hören durfte und auch keine Sûtra lesen konnte. Es wird jedoch berichtet, dass sein Meister die besondere Begabung dieses Arbeiters erkannte und dass er ihn eines Nachts besuchte, so dass die übrigen Mönche dies nicht bemerken konnten. Bei diesem Besuch ereignete sich eine umfassende Übereinstimmung und ein umfassendes Verständnis zwischen Meister und Schüler. Dogen berichtet, dass
Daikan Enô, der später selbst ein großer Meister wurde, zunächst keine Kenntnis vom Buddha-Dharma hatte, dass es bei ihm zunächst als Holzsammler noch keinen Willen gab diesen zu erlernen, dass er also überhaupt keine Planung in diesem Sinne für sein Leben hatte. Aber das Etwas wurde plötzlich auf dem Markt beim Hören des Diamant-
Sûtra wirksam und führte ihn zu dem Kloster. Er wurde einer der berühmtesten Meister in China und hatte selbst mehrere herausragende Schüler, die ebenfalls Meister wurden.
Am Ende des Kapitels lässt Dogen den Meister
Daikan Enô noch einmal mit folgendem Satz zu Wort kommen:
"Was ist (das) Es, das so gekommen ist?"Dadurch wird zunächst klar, dass dieses Es oder Etwas wirklich vorhanden ist und dass es keine Einbildung oder Illusion sein kann. Trotzdem kann es mit dem Verstand nicht erfasst werden oder besser gesagt, nicht vollständig begriffen werden.
Dôgen rät uns dringend, dass wir uns daher selbst darum bemühen sollten, dieses Etwas zu erfahren und zu erforschen. Auch die vielen Dinge und Phänomene der Wirklichkeit gehören zu diesem Etwas, können also nur teilweise gedacht und beschrieben werden. Auch sie sind daher etwas letztlich Unfassbares. Aber wie Meister
Daikan Enô sagt, dieses Etwas ist wirklich so gekommen, es ist also kein Nichts, wie die Nihilisten verkünden. Das Etwas besteht ohne jeden Zweifel und ist Teil der Wirklichkeit und Wahrheit. Gerade im Westen sollten wir unsere Hyperaktivität einerseits und unsere Konsumsucht andererseits verlassen, damit sich das Etwas zeigen und ereignen kann und uns den richtigen Weg weist.