Die Umwelt, andere Menschen,
die Aufgaben und soziale Verantwortung
werden im Alltag häufig zurückgestellt. Bringt uns das wirklich Vorteile?
Die Achtsamkeit in Gautama
Buddhas Lehre und der Achtfache Pfad sind aber etwas ganz anderes. Dort geht es
im Gegenteil um die Öffnung nach außen,
anderen Menschen gegenüber und eine klare Selbsterkenntnis. Dadurch kann er dem
Gefängnis des Ich-Leidens entkommen. Dies ist sicher in Zeiten des Individualismus besonders
schwierig, weil diese Lebensphilosophie ja gerade die Besonderheit und
Einzigartigkeit des Individuums und des Ich betont. Egoismus, Ich-Zentrierung,
Abschottung von anderen und der Umwelt treten dabei fast selbstverständlich als
große Gefahren für den Menschen auf. Die erhoffte Freiheit durch die
Emanzipation des Egos bleibt aber ein unrealistischer Traum, der Enttäuschung
und sogar Gefühle des Misserfolgs nach sich zieht. Was bringt das Gegenteil? Es macht Spaß!
Der Ich-Stolz tritt
psychologisch oft in Form der Opferrolle auf und ist dann nicht leicht zu
erkennen. Was bringt das? Keine Freude! Der Betreffende fühlt sich permanent
benachteiligt, in seinem Wert missachtet und ungerecht behandelt. Er sieht sich
als Spielball anderer und böser Mächte. Dies geht meistens mit dem Gefühl der
eigenen moralischen Überlegenheit einher: „Ich muss leiden, weil ich ein guter
und idealistischer Mensch bin.“ Im Ergebnis kreist ein solcher Mensch dauernd
um sich selbst und merkt nicht, dass er sich damit in einen eigenen, selbst gebauten
Käfig einschließt. Auch die Opferrolle kann also starker Egoismus sein, der den
Buddha-Weg blockiert.[i]
Der bekannte
Fernsehjournalist Ulrich Wickert fasste dies in seinem Buch Der Ehrliche ist der Dumme zusammen. Wer
immer ehrlich sei, werde Opfer der unmoralischen Welt. Ist das richtig? Nein, bestimmt nicht immer. Dies mag vielleicht
für die Unterhaltungsbranche gelten, deren Sinn für die Realität bekanntlich
besonders gering ist, die von Täuschungen und Illusionen lebt und in der
rücksichtslose Karrieristen das Rennen machen und hohe Einkommen erzielen.
Selbstverständlich gilt dies nicht für alle in der Medienbranche Tätigen, viele
sind sich ihrer Verantwortung durchaus bewusst und handeln danach.
Der Stellenwert der Medien
als kritische Begleiter der Mächtigen und Reichen ist völlig unbestritten und
sollte auch keineswegs diskreditiert werden. Aber nicht selten kommt dabei eine
unehrliche Doppelmoral zum Zuge: Die
Kritik an anderen ist dann verbunden mit einer egoistischen Rücksichtslosigkeit
von Populisten, die unbedingt im Rampenlicht stehen wollen.
Doch nun zu Nâgârjuna: Seine
Zuhörer in Südindien fragten ihn etwas naiv: „Ist die Buddha-Natur groß, oder ist sie klein?“ Seine Antwort zeugt
von dem tiefen Verständnis des Buddha-Dharma, das mit dem Dôgens übereinstimmt:
„Die Buddha-Natur ist nicht groß und
nicht klein. Sie ist nicht weit und nicht schmal. Sie ist ohne Glück und ohne
Belohnung. Sie stirbt nicht und wurde nicht geboren.“
Er argumentiert hier also im
Wesentlichen mit der Negation von naiven Vorstellungen und Vorurteilen über die
buddhistische Lehre zur Buddha-Natur. Angaben mit Maß, Zahl und Gewicht
bezeichnet er als unwesentlich, und darüber hinaus erklärt er, dass es sich bei
der Buddha-Natur nicht um seichte Glücksgefühle und vordergründige Belohnungen,
zum Beispiel im Sinne der vereinfachten Karma-Lehre, handelt. Auch er lehnt
jede dinghafte Vorstellung ab, etwa die Aussage, dass die Buddha-Natur geboren
wird und stirbt.
Und was bringt die Buddha-Natur? Sie macht Freude!