Montag, 3. Januar 2011

Dōgens Lehrer Tendō Nyojō

Im Folgenden geht Dōgen etwas ausführlicher auf seinen Meister Tendō Nyojō ein:

„Schließlich besuchte ich Zen-Meister Nyojō auf dem Berg Dai-byaku-hō und dort war ich in der Lage, die große Aufgabe der Praxis (meiner) Lebenszeit zu vollenden.“

Tendō Nyojō lebte von 1163 bis 1228. Dōgen schätzte ihn sehr, zitierte häufig Aussprüche und Gedichte von ihm und nannte ihn einen „ewigen Buddha“. Tendō Nyojō verfasste viele Gedichte von tiefer Poesie und buddhistischer Aussagekraft und war auch ein hervorragender Maler, der zum Beispiel die Natur in der Umgebung des Klosters meisterhaft in ein Bild bringen konnte.

Dōgen sagt einmal von seiner Malkunst, dass „der Bambus in das Bild gekommen ist“; damit drückt er aus, dass die Wirklichkeit der Natur, in diesem Falle des Bambus, im Bild selbst existent ist. Das Bild ist daher nicht eine Kopie der Natur, sondern deren Wirklichkeit.

Dōgen missachtet dabei keinesfalls Bilder und erläutert dies im Kapitel „Was bedeutet das Bild eines Reiskuchens?“ Dessen Inhalt wird im Zen-Buddhismus zum Teil missverstanden, da man das Bild des Kuchens nicht essen könne und es nicht den „Wert“ der Wirklichkeit habe. Auch in Nishijimas Buch „Begegnung mit dem wahren Drachen“ steht das Verhältnis der Wirklichkeit zu Abbildungen und Vorstellungen im Vordergrund. Denn was wäre der Buddhismus ohne Bilder und Skulpturen?
Tendō Nyojō lehrte die Zazen-Praxis als unverzichtbare, zentrale Übung, die Dōgen im obigen Zitat als die große Aufgabe seiner Lebenszeit bezeichnet. Er hatte sich zwar durch intensive Studien schon ein umfassendes Bild der buddhistischen Lehre und Theorie erarbeitet, kam aber bei der Frage des Erwachens und der Wirklichkeit mit der Theorie allein nicht weiter. Erst durch die Begegnung mit diesem Meister vollendete er seinen Weg und Lernprozess in der Praxis. Eine wichtige Rolle spielte dabei, dass er mit seinem Meister im täglichen Leben und Handeln in ganz engem Kontakt verbunden war.