
Ein Kritiker sagt zu Dōgen:
„Wir sollten uns beeilen, den Grundsatz zu verstehen, dass die geistige Essenz ewig ist. Selbst wenn wir unser ganzes Leben mit sinnlosem Sitzen (im Zazen) verbringen: Was können wir erwarten, dabei zu erlangen? Die Lehre, die ich beschreibe, ist im Einklang mit der Wahrheit der Buddhas und der Vorfahren im Dharma. Ist sie das nicht?“
In dieser Frage geht es um die altindische Lehre, dass der Geist ganz unabhängig vom Körper ewig existiert. Im Brahmanismus wurde ein solches rein geistiges Verstehen als maßgeblich für die Befreiung gelehrt. Man war deshalb der Überzeugung, dass man sofort die Erleuchtung erlangen und später in das Nirvāna eingehen würde, wenn man die Lehre der „ewigen Essenz“ erst einmal verstanden hatte.
Diese Auffassung wird vom Zen-Buddhismus jedoch nicht geteilt. Dōgen antwortet deshalb im Gegenteil unmissverständlich:
„Diese Sichtweise, die (hier) ausgedrückt wird, ist nie und nimmer Buddhas Dharma, es ist die Sichtweise des Nicht-Buddhisten (und Brahmanen) Senika.“
Auch im Kapitel zur Frage von Leben und Tod widerlegt Dōgen diese Trennung von Körper und Geist, ebenso im Kapitel „Der Geist hier und jetzt ist Buddha“. Zudem hält er es für eine völlig irrige Annahme, dass allein durch die gedankliche Vorstellung, dass der Geist ewig sei und sich vom Körper nach dem Tode ablöst, alle gravierenden Probleme des Lebens gelöst würden.
Es ist historisch überliefert, dass sich Gautama Buddha von dieser Lehre grundsätzlich distanzierte, da sie zwar eine schöne Illusion sei, aber der Wirklichkeit nicht entspreche und daher keine Befreiung vom Leiden bringen könne. Der große chinesische Landesmeister Echu, der Nachfolger von Daikan Enō, hat dies ebenfalls sehr klar herausgearbeitet. Die Befreiung vom Leiden gibt es nicht zum Nulltarif!
Die obige brahmanische Lehre ist ein typisches Produkt des Idealismus, also der durch Denken und Wollen festgelegten erträumten Ideenwelt, die aber irgendwann in die Sackgasse führt und zusammenbricht. Nishijima Roshi bekräftigt ebenfalls, dass man durch mentales Verstehen allein nicht zum wahren Buddhismus gelangen kann:
„Der Buddhismus kann niemals zu irgendeiner Art von intellektueller Philosophie gehören und daher kann die buddhistische Erleuchtung niemals Teil von intellektuellem Verstehen sein, sondern ist genau ein (gleichzeitiger) physischer und mentaler Zustand von Körper-und-Geist.“
Und er fasst sein Grundprinzip noch einmal folgendermaßen zusammen:
„Die Erleuchtung kann niemals intellektuelles Verstehen sein.“
2 Kommentare:
Ein Kind hat oft schnell verstanden, das es besser ist in seinem Zimmer eine gewisse Ordnung zu halten. Es ist ihm im Geiste völlig klar, und dennoch sieht es meist aus wie "Kraut und Rüben" und es findet das gesuchte nicht. Erst wenn es wirklich Ordnung hält, also etwas praktisch TUT, stellt sich der Effekt ein.
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Peter
Lieber Peter,
danke, ja das ist bei Dogen gemeint. Oft ist die Anfangshürde zum sinnvollen Handeln nicht leicht zu nehmen und man findet dafür wundervolle logisch klingende Erklärungen, besonders als Erwachsener. Denkender Geist und Reden sind ist ja so flexibel, oft ganz unabhängig von der Wirklichkeit.
Herzlich
Yudu
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