Sonntag, 21. Februar 2010

Die Siebenunddreißig Elemente des Erwachens und der Wahrheit, Teil 5.



(4) Die fünf Wurzelkräfte.
Dogen zitiert:

"Das Erste ist das Vertrauen als Wurzel. Das Zweite ist Fleiß und Sorgfalt als Wurzel. Das Dritte ist Achtsamkeit als Wurzel. Das Vierte ist Gleichgewicht als Wurzel und das Fünfte ist Weisheit als Wurzel."
Er erläutert, dass das Vertrauen als Grundlage und Wurzel jenseits vom Selbst aber auch von anderen ist und dass es jenseits der eigenen Absichten und jenseits von Planungen ist. Es ist auch jenseits des Einflusses von außen und einer Ich-bezogenen, isolierten Eigenständigkeit. Er sagt weiter:
"Bis nicht die Bedingung der Buddhaschaft gegenwärtig ist, wird das Vertrauen nicht verwirklicht."

Das heißt, dass Dogen Vertrauen und Glauben sehr umfassend und ganzheitlich versteht und als Grundlage den Zustand des Gleichgewichtes sieht, der weder idealistisch noch materialistisch ist.
Fleiß und Sorgfalt setzt Dogen mit dem Sitzen der Zazen-Praxis gleich. Dabei kommt es vor allem auf die Ausdauer und Stetigkeit an, damit diese nicht unterbrochen wird. Die Achtsamkeit als Wurzel bezeichnet das Gleichgewicht, das keine überschießenden negativen und positiven Emotionen hat. Dogen sagt:

"Durch das geschickte Aufrechterhalten dieser Achtsamkeit als einer Wurzel, existiert die Tugend der vollkommenen Verwirklichung."

Das Gleichgewicht als eine Wurzel ist positives Verhalten und dabei besteht Klarheit über das Gesetz von Ursache und Wirkung. Es geht über das Denken hinaus benutzt es allerdings bewusst. Dogen sagt dazu: "Es springt aus dem Gehirn heraus und springt hinein."
Zur Weisheit als Wurzel zitiert Dogen Meister Nansen:

"Es ist Weisheit, die Existenz der Buddhas und der drei Zeiten nicht zu wissen, aber die Existenz von Katzen und weißen Ochsen zu wissen.“

Dieses Koan hatte nach der Überlieferung auch Dogen selbst sehr beeindruckt, als er es von seinem damaligen Meister Eisai in Japan hörte, der als Erster den Zen-Buddhismus von China nach Japan gebracht hatte. Dieses Koan unterstreicht die Hinwendung zum konkreten Hier und Jetzt ohne Bewertungen, Überhöhungen und Abwertungen. Die Wirklichkeit der konkreten Katzen und Ochsen soll von komplizierten Theorien und Fantasien über die Existenz der Buddhas und der drei Zeiten, wegführen. Rein theoretische, ausgedachte Weisheiten will Dogen damit nicht gelten lassen.

(5) Anschließend erläutert er die fünf Kräfte, die sich genauso wie die vorangegangenen Wurzeln gliedern, nämlich durch Vertrauen, Fleiß und Sorgfalt, Achtsamkeit, Gleichgewicht und Weisheit. Bei Fleiß und Sorgfalt verdeutlicht Dogen den Unterschied zwischen einer verbalen Erklärung und der Wirklichkeit selbst. Er zitiert damit einen alten Meister, der sagt, dass es weniger wert ist, einen Zusammenhang von „zehn Fuß Länge“ zu erklären, als „einen einzigen Fuß Länge“ zu praktizieren.

Das, was man praktiziert, könne man in Wirklichkeit nicht erklären und was man erklärt, also mit Worten beschreibt, könne man nicht genau so praktizieren. Bei der Beschreibung der Kraft, der Achtsamkeit, des Gleichgewichts und der Weisheit geht Dogen ebenfalls auf die Bedeutung der Wirklichkeit ein und grenzt sie von den Theorien, Spekulationen und Fantasien ab.