(Nishijima Roshi)
Nach Dôgens Lehre gibt es vier Phasen
oder Sichtweisen auf dem Buddha-Weg: Idealismus, Materialismus, Lehre des
Handelns und die Erleuchtung. Die höchste Phase der Erleuchtung ist
unauflöslich mit der Wirklichkeit der Welt, der Buddha-Natur und unseres Lebens
verknüpft.
Die
Sichtweisen des Idealismus und Materialismus sind für das Verständnis der
Buddha-Natur zwar wichtig, aber sie decken nur einen Teilbereich ab. Als polare
Lebensphilosophien, die sich fundamental widersprechen, sind sie für ein Leben
im Gleichgewicht auf dem lebendigen Mittleren Weg wenig geeignet. Deshalb werden
diese beiden entgegengesetzten Gesichtspunkte im Buddhismus in einer dritten,
realistischen Sichtweise zusammengeführt: der Lebensphilosophie des wahren Handelns,
die eine praktikable Synthese schafft. Nach meiner festen Überzeugung schließen
diese drei grundlegenden philosophischen Standpunkte alle existierenden
philosophischen Systeme der Welt ein. Jedes System kann daher einer dieser drei
Kategorien zugeordnet werden.
Gautama Buddha war der erste Mensch,
der eine sehr einfache, aber wichtige Tatsache herausarbeitete und auf dieser
festen Grundlage seine Lehre und Praxis aufbaute. Er bestand darauf, dass wir
nicht entsprechend einem philosophischen System des Denkens und der Theorie
leben, sondern in der wirklichen Welt
selbst. Obgleich dies eigentlich eine offensichtliche und selbstverständliche
Schlussfolgerung ist, glauben dennoch viele Menschen, dass die wirkliche Welt,
in der wir leben, dieselbe sei, die wir in
unserem Kopf aufbauen. So haben sie vielleicht eine feste Vorstellung von einer
ganz wunderbaren Buddha-Natur und verfehlen aber damit gerade das existenziell
Wesentliche. Andere vertrauen auf die materielle Welt, die wir direkt mit
unseren Sinnen wahrnehmen, und halten sie für die ganze Wirklichkeit. Die überwiegende
Mehrheit der Menschen nimmt entweder die eine oder andere dieser Positionen und
Weltanschauungen ein. Das bedeutet, dass sie bewusst oder unbewusst entweder an
den Idealismus oder an den Materialismus glauben.
Eine vergleichbare Situation existierte
im alten Indien. In der Auseinandersetzung damit erkannte Gautama Buddha, dass
alle Menschen tatsächlich in der realen Welt leben. Große Wahrheiten sind oft
ganz einfach! Und er sah, dass die Menschen dazu neigen, fälschlich die
Repräsentation der Welt, die sie in ihrem Gehirn gebildet haben, als die
wirkliche Welt selbst zu nehmen, oder zu denken, dass die Welt, die ihre Sinne
wahrnehmen, die gesamte existierende Welt sei. Beide Ansichten sind jedoch nur
Theorien im Gehirn und nicht die Wirklichkeit.
Gautama Buddha wurde nicht müde, darauf
zu drängen, genau diese wirkliche Welt, in der wir leben, zu sehen und zu
erfahren. Sein ganzes Leben widmete er der Aufgabe, die Menschen dies zu
lehren. Er erklärte, dass es für uns notwendig ist, die intellektuellen Gedanken zu überschreiten, um zu erkennen, dass wir
in der Wirklichkeit leben.
Und diese Wirklichkeit ist das eigentlich Wunderbare, sie
ist die Buddha-Natur.