(Aus meinem Buch: "Geheimnis der Buddha-Natur)
Im
Buddhismus geht es geht um die Ganzheit und das Zusammen-Wirken unseres Lebens
und des ganzen Universums, die Dôgen als „Schiene
aus Eisen“ bezeichnet. Das ist das spirituelle unauflösbare Ganze und gerade keine
Dualität von Subjekt und Objekt. Dasselbe japanische Wort verwendet er dafür,
dass bei der Zazen-Praxis Körper und
Geist fallen gelassen werden: Die theoretische Bedeutung, ob wir die
Buddha-Natur wie ein Objekt „haben“ also „besitzen“ muss man also ganz fallen
lassen, um zur umfassenden Gesamtheit des wahren Lebens zu kommen.
Um die rigide Bedeutung von
„haben“ und "Objekt" aufzulösen, bezeichnet Dôgen die Buddha-Natur auch
als "Weg der Vögel". Das klingt eigenartig. Was meint er damit? Im chinesischen
Buddhismus steht bei diesem Beispiel im Mittelpunkt, dass die Vögel beim
Fliegen in der Luft keine dinglichen oder gar unethischer Spuren hinterlassen. Dies
ist ein Gleichnis dafür, dass bei unserem Handeln und überhaupt im Leben kein
schlechtes Karma und kein Schaden bei anderen Menschen zurückbleibt. Der
Himmel ist außerdem ein Symbol für den Raum, der kein Ende hat, also eine
Raum-Unendlichkeit darstellt, und er ist ein Gleichnis für den höchsten Zustand
des Menschen.[i]
Dabei ergibt sich ein wichtiger Zusammenhang mit der Vierten Vertiefung (Jhana) der Meditation und des Samâdhi im
frühen Buddhismus. Diese Vertiefung wird mit verschiedenen Begriffen der
Unendlichkeit, zum Beispiel der Raum-Unendlichkeit, beschrieben.[ii]
Dôgen fasst mit folgendem
Satz zusammen, der gleichzeitig eine aufschlussreiche Umkehrung ist: „Deshalb
besitzt die Natur aller Buddhas die vielen Lebewesen.“
Das heißt, die Buddha-Natur besitzt alle Lebewesen und uns Menschen, wir sind nichts anderes als die wahre Natur, die Buddha-Natur.
Diese Umkehrung bedeutet das direkte Zusammenwirken und keine Unterteilung in
Subjekt und Objekt. Dôgen ergänzt, dass diese Aussage in besonderer Weise die
Lebewesen und gleichzeitig die Buddha-Natur erhellt, also das Wesentliche unseres
Lebens bezeichnet. Ein dingliches simples und unzureichendes Verständnis der
Buddha-Natur als Ding, Objekt oder Substanz wird damit aufgelöst
Wir vergessen laut Dôgen
manchmal, dass wir selbst die Wahrheit sind, und gleichzeitig ist die
Wirklichkeit im Augenblick der Gegenwart immer anwesend und lebendig. Dazu
gehören die vier Elemente und die fünf Komponenten der Welt (Skandas), also die einzelnen Dharmas der
Wahrheit.
Es ist von zentraler
Bedeutung, dass verbale Aussagen zur Buddha-Natur durch unser ganzes ganzes Leben erfasst werden und dass alle einzelnen Augenblicke unseres Lebens mit
solchen fundamentalen Wahrheiten direkt und unmittelbar verknüpft sind.
[i] vgl. Kap 2, ZEN Schatzkammer, Bd. 1, S. 36 ff.: „Die
große intuitive Weisheit, die das Denken überschreitet (Makahannya haramitsu)“
[ii] vgl. Gäng, Peter: Buddhismus, S. 94 ff.