Dienstag, 4. April 2023

ZEN: Befreiung im Leben und Tod


In diesem Kapitel des Shōbōgenzō beschreibt Dōgen sein tiefes Verständnis für die großen Fragen von Leben und Tod in der Wirklichkeit des Buddhismus.[i] Wir erfahren, was der Zen zur Bewältigung von Leben, Altern und Tod für uns leisten kann. Wer regelmäßig Zazen praktiziert, entwickelt sich garantiert positiv und heilsam weiter, gerade im Alter und als Stärkung in der Krankheit.

Buddha wusste schon, dass unser Leiden zum großen Teil von selbst erzeugt wird und der von uns unabhängige Teil von außen meist nicht die eigentliche Verursachung ist. Er beschreibt in den Vier Edlen Wahrheiten die wichtigsten Ursachen unseres Leidens: Jammer und Verzweiflung Oder, dass man nicht genau das man bekommt, was man unbedingt haben will. Dabei ist klar: Wir erzeugen selbst manches Leiden und können es daher auch ändern. Das gilt gerade für Krankheit, Alter und Tod. Allerdings ist das leichter gesagt als getan. Welche Hilfen gibt uns Dōgen dabei?

Er bearbeitet dieses Thema auf der Grundlage seiner umfassenden buddhistischen Praxis und Lehre. Gerade im Hinblick auf die stark mit Emotionen und Ängsten besetzte Frage nach dem Tod und dem leidvollen Leben ist er überzeugt, dass ein intellektuelles, nur theoretisches Verstehen dessen, was Tod und Leben bedeuten, unzureichend ist. Besonders gefährlich seien weltfremde Doktrinen, die nicht wirklich weiterhelfen. Die Zen-Lehre der Erfahrungen der Wirklichkeit im Jetzt darf nicht mit hoch abstrakten Doktrinen verwechselt werden.

Dōgen erklärt:

„Weil es im Leben-und-Tod Buddha (als Wirklichkeit) gibt, gibt es nicht Leben und Tod (als übliche Vorstellung und Idee).

In dieser Aussage werden die buddhistische Wirklichkeit von Leben-und-Tod und die gewöhnliche Vorstellung des Lebens und des Todes einander gegenübergestellt und voneinander unterschieden. Dōgen betont hier, dass wir uns von zementierten Vorstellungen, Dogmen und Begriffen, nicht zuletzt der Angst, lösen können, um auch "das Alter zu genießen" und ein sinnvolles aktives Leben zu führen! Diese Wirklichkeit kann nur im Augenblick erfahren werden, sodass der Gedanke an den Tod im Augenblick des Lebens nicht der Wirklichkeit entspricht, sondern nur eine Aktivität und Konstruktion des Gehirns ist. Das ist auch eine Kern-Aussage des großen indischen Meisters Vasubandhu. Dōgen fährt fort:

„Ein Mensch, der sich vom Leben und Tod befreien will, sollte genau diese Wahrheit erhellen."

Dōgen will damit bildhaft und eindeutig ausdrücken, dass die Befreiung von Leben und Tod als Leiden nur durch das Erleben der Wirklichkeit von Leben-und-Tod. Dazu gehört die Verwirklichen des Buddha-Wahrheit und durch kraftvolles ethisches Handeln.

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[i] Dōgen: Shōbōgenzō. Die Schatzkammer des wahren Dharma-Auges (deutsche Übersetzung), Bd. 4, S. 277ff.
ZEN Schatzkammer, Kap. 92, Bd. 3, S. 293ff.: „Die Befreiung von Leben und Tod im Buddhismus (Shōji)