Dōgen präzisiert die Wirklichkeit des Geistes:
„Ferner mag
es noch den ewigen Geist geben, der Buddha praktiziert, den ewigen Geist, der
Buddha erfährt, den ewigen Geist, der Buddha wird. Es mag sein, dass das ewig
Zeitlose eines Buddhas das Wirken dieses Geistes ist.“
Der Begriff „Geist“ ist demnach umfassend zu
verstehen und schließt alles mit ein. Dies kommt in der Aufzählung der Praxis, des Erfahrens und des Buddha-Werdens
zum Ausdruck. Praktizieren und Erfahren bilden nach westlicher Vorstellung
häufig einen Gegensatz zum Geist, der
meist mit dem Denken und Bewusstsein gleichgesetzt wird. In diesem Kapitel
arbeitet Dōgen jedoch, ähnlich wie in der zentralen Aussage „Geist hier und jetzt ist Buddha“,
die Einheit
von Denken und Bewusstsein, Materiellem und Körperlichem, von Handeln und
Erfahren mit dem höchsten Zustand des Erwachens und der Erleuchtung heraus.
Anschließend
stellt Dōgen mit markanten Formulierungen über den Geist der Buddhas die
Verbindung zu verschiedenen überlieferten Zen-Zitaten
und Kōan-Gesprächen her, die er in anderen Kapiteln des Shōbōgenzō[i] genau
behandelt.
„Weil (die
Einheit von) Geist und Buddha zwangsläufig ewig ist, ist der ewige Geist ein
Stuhl aus Bambus und Holz, und es kann kein Mensch gefunden werden, der den
Buddha-Dharma (nur intellektuell !) versteht.“
Der
Kern des betreffenden Kōan-Gesprächs ist zweifellos, dass man dem losgelösten
Geist, was auch immer man darunter versteht, nicht die höchste Priorität geben kann, sondern dass es immer um
die Einheit mit den Dingen und Phänomenen dieser Welt geht, seien sie vom
Menschen gefertigt wie ein Stuhl, oder seien es die Materialien wie Bambus und
Holz. Der gegenwärtige existentielle Augenblick
ist dabei laut Dōgen von besonderer Bedeutung für die Realität des ewigen
Geistes.
Wir können Zäune, Mauern, Ziegel und Kieselsteine, von denen bereits die
Rede war, aus der Sicht eines Subjektes betrachten, wenn wir zum Beispiel direkt
davor stehen. Wenn man jedoch umgekehrt von
den Dingen ausgeht, teilen diese sich den Menschen mit, die dann eher eine
passive und aufnehmende Rolle spielen. Im Zustand der Erleuchtung und des Gleichgewichts kommen beide Sichtweisen zusammen und überschreiten die aktive und passive
Rolle des Menschen.
Erst in der Einheit mit dem Menschen sind die
Gegenstände wirkliche Zäune, Mauern, Ziegel und Kieselsteine, und genau dann
verwirklicht sich der ewige Geist der Buddhas und beschränkt sich nicht auf
Denken oder Wahrnehmung.
„In der
vollkommenen Verwirklichung gibt es Mauern, die tausend Fuß oder zehntausend
Fuß aufragen. Es gibt Zäune, die rund um die Erde und rund um die Himmel
stehen.“
Ähnliches
sagt Dōgen für die Ziegel und Kieselsteine:
„Was so
existiert, ist nicht nur der Geist, sondern auch der Körper selbst und
gleichzeitig Objekt-und-Subjekt.“
Er
stellt dann eine ganze Reihe von Fragen, die er aber nicht beantwortet und
somit uns überlässt. Zum Beispiel was die Zäune und Mauern eigentlich sind,
welche Form sie haben und wie sie gefertigt wurden oder ob sie unabhängig von
einem Arbeitsprozess entstanden sind. Wichtig ist ihm auch, ob wir mit der
sinnlichen Wahrnehmung und mit mentaler, gedanklicher Anstrengung weiterkommen
oder nicht. Damit verweisen seine Fragen auf die höchste Lebensweise, die durch
Gleichgewicht und Wirklichkeit geprägt ist:
„Kein
zusätzlicher Fleck von Schmutz ist jemals hervorgetreten, um (den Geist als
Einheit) zu verschmutzen.“