In einem anderen bekannten Kōan begegnen die beiden großen Meister Seppō und Sanshō E-nen einer Herde Affen, und der eine Meister sagt:
„Auch die
Affen tragen den ewigen Spiegel auf dem Rücken.“
Was soll denn dass heißen? Das bedeutet laut Dōgen, dass auch die Tiere,
also nicht nur der Mensch, den Geist der
intuitiven Weisheit besitzen, auch wenn sie nicht sprechen und schreiben
können und nicht, wie wir Menschen, über einen hoch entwickelten Verstand
verfügen.
In der Äußerung über die Affen wird die hohe Wertschätzung deutlich, die
im Buddhismus allen Lebewesen ohne Unterschied erwiesen wird: Alle sind „Buddha
hier und jetzt“. Haben wir nicht oft bei Tieren den Eindruck, dass sie an einer
höheren intuitiven Weisheit teilhaben als wir selbst?
Diese Geschichte besagt also gerade nicht, dass der menschliche Geist in jeder Hinsicht einzigartig und allem überlegen
und der Mensch daher grundsätzlich wertvoller
als die Tiere ist, sondern im Gegenteil: Die intuitiven Fähigkeiten der Affen
werden mit dem ewigen Spiegel und dem intuitiven Geist in Verbindung gebracht.
In gleicher Weise bezieht Dōgen in diesem Kapitel über die intuitive Weisheit
andere Lebewesen ein, zum Beispiel: "Hat auch ein Hund die
Buddha-Natur?"
Er verdeutlicht durch seine Gleichnisse, dass sowohl ein Kind, das nicht
lesen und schreiben kann, als auch Tiere den Geist des ewigen Spiegels
besitzen. Damit will er sagen, dass erlerntes
Wissen und die Schärfe des Verstandes nicht allein das Wesentliche des intuitiven
Geistes sind. Er warnt davor, voreilig und unbedarft „schöne“ Begriffe zu verwenden und diese mit der intuitiven Weisheit
selbst gleichzusetzen.
Es besteht immer die Gefahr, dass Worte und Begriffe sich verselbstständigen
und ein gefährliches Eigenleben in
der Kommunikation entwickeln. Dies bringt uns nicht der Wirklichkeit und
Wahrheit näher, sondern führt uns weiter oft von ihr fort. Gerade psychische
Probleme dürfen nicht durch falsche oder ungenaue Begriffe, die vielleicht
sogar durch Scheinmoral legitimiert
werden, verdeckt werden. Nur wenn es gelingt, die problematische psychische
Wirklichkeit so klar wie möglich zu erkennen und zu benennen, kann ein
Lösungsweg gefunden werden.
Gleichwohl hält Dōgen Fragen und
Antworten zum Buddha-Dharma für außerordentlich wichtig, vorausgesetzt man
ist sich darüber im Klaren, welche Grenzen und Möglichkeiten dabei bestehen.
Denn wenn man sich wichtigen Fragen nicht stellt und keine Antworten sucht,
bleibt vieles ungeklärt und beliebig:
Der Körper-und-Geist bleibt unklar und verschwommen.
Dabei schätzt Dōgen das gütige und zugewandte Verhalten der
buddhistischen Meister auch bei törichten oder sogar unverschämten Fragen, denn
die Meister lassen sich nicht provozieren, und es liegt ihnen fern, den Fragenden
wegen seines eventuell ungebührlichen Verhaltens zu erniedrigen und
abzustrafen. Das bringt wirklich niemanden etwas.
Es zeigt
wohl eher, dass der sog. Meister selbst narzistische Probleme hat. Ist er dann
überhaupt eine Meister? Aus meiner Sicht gerade nicht!