In der großen Lehrrede von den Grundlagen der
Achtsamkeit beschreibt Buddha recht genau die Fünf Hemmnisse des Erwachens[1] Durch
diese Hemmnisse werden zentrale Prozesse der Befreiung und Emanzipation des
Menschen blockiert und dauerhaft gehemmt, sodass es für uns kein Erwachen und
keine Erleuchtung geben kann. Welche Hemmnisse nennt Buddha?
Auf Sinnlichkeit
gerichtetes Wollen
Übelwollen
Erstarren und Trägsein
Aufgeregtheit und Unruhe
Zweifelsucht
Übelwollen
Erstarren und Trägsein
Aufgeregtheit und Unruhe
Zweifelsucht
Sind diese Hindernisse und Blockierungen auch heuten
aktuell und von großer Wichtigkeit und verhindern ein gelungenes Leben? Das wir wohl niemand
bestreiten! Sie stellen sich uns auf dem Weg zum Erwachen entgegen und umfassen
ein weites Spektrum menschlichen Handelns, Fühlens und Denkens. Sie werden auch
im Zen von Dōgen in vielen Kapiteln behandelt und sind auch im MMK Nagarjunas von
zentraler Bedeutung, genauso wie im Herz-Sutra.
Im Abschnitt über die geistigen Gegebenheiten sagt
Buddha zu den Fünf Hemmnisse:
„Da weilt,
ihr Mönche, ein Mönch bei den geistigen Gegebenheiten in Betrachtung der
geistigen Gegebenheiten, und zwar bei den fünf Hemmnissen.“[2]
Gäng hat bei seiner Übersetzung die Wiederholungen
Buddhas akkurat beibehalten, obwohl das vielleicht für uns etwas umständlich
klingt. Wir müssen aber bedenken, dass es sich damals um einen mündlichen
Vortrag handelte und Gautama Buddha ungewöhnlich große pädagogische Fähigkeiten
besaß, die nicht einfach zu verstehenden Lehr-Inhalte rhetorisch so aufzubauen,
dass sie wirklich zu tiefgreifenden Veränderungen des Lebens bei den Zuhörern
führten. Dazu sind Wiederholungen unumgänglich. Ich folge Gängs Entscheidung
der genauen Übersetzung daher ausdrücklich.
Beim ersten
Hemmnis handelt es sich um das auf
Sinnlichkeit gerichtete Wollen. Damit sind starke sinnlich-psychische und
affektive Energien gemeint, die eine vollständige Dominanz über den Menschen in
seinem Körper-und-Geist erlangen können. Buddha betont, dass es sehr wichtig
ist, seine eigenen Motive klar zu erkennen und sich nicht mit Selbsttäuschungen
zufrieden zu geben. Sicher ist es gerade für Mönche und Nonnen, die dem Zölibat
verpflichtet ist, nicht leicht sich einzugestehen, dass in ihnen sinnliches
Wollen – auch in sexueller Hinsicht – die Oberhand gewonnen hat.
Buddha beschreibt die notwendige Vorgehensweise
relativ sachlich: Der Mönch erkennt ein solches Wollen bei sich selbst, oder er
stellt fest, dass es nicht vorhanden ist. Weiterhin erkennt er,
„wie nicht
entstandenes auf Sinnlichkeit gerichtetes Wollen entsteht“,
wie es also überhaupt dazu kommen kann, oder wie
bereits entstandenes Wollen dieser Art wieder vergeht. Dann überlegt er,
„wie
vergangenes auf Sinnlichkeit gerichtetes Wollen künftig nicht mehr entsteht“.
In der Psychologie würde man dieses von Buddha
geschilderte Wollen als triebgesteuertes
Wollen bezeichnen. Aber es gibt selbstverständlich eine Vielfalt von
sinnlichen Genüssen, auf die sich die Gier der Menschen beziehen kann, zum
Beispiel auf Essen und Trinken oder Luxusgegenstände. Alle Arten von
Übertreibungen und Abhängigkeiten, die eine Selbststeuerung
der Affekte und des sinnlichen Wollens ausschalten und lebendige Prozesse
verhindern, gehören in diesen Bereich.
Es leuchtet ein, dass in solchen Fällen eine bewusste
Willens-Entscheidung gerade nach ethischen Gesichtspunkten kaum zu erwarten
ist. Besonders dramatisch sind Suchtabhängigkeiten wie Drogen, Alkohol,
Tabletten, aber immer stärker auch ein Übermaß des Konsums von Internet,
Fernsehen und den sogenannten sozialen Netzwerke. Das führt eventuell zu
Spielsucht und ungesteuertem "Daddeln" und kann schließlich, wie der
Gehirnforscher Manfred Spitzer warnt, in die digitale Demenz abgleiten.
Mithilfe der Vier Edlen Wahrheiten und des Achtfachen Pfades können wir uns von
solchen Hemmnissen befreien. Im
Zen-Buddhismus hilft dabei vor allem die Meditation der Zazen-Praxis, also die
Entleerung unseres Geistes von Hemmnissen, weil sie Gleichmut und Gleichgewicht
ermöglicht und den Entscheidungsraum für uns Menschen ganz maßgeblich
vergrößert. Karmische Abhängigkeiten von früheren Fehlern werden durch diese
Praxis reduziert oder ganz ausgeschaltet, und genau dies ist die Befreiung von
den Hemmnissen.