Dôgen berichtet ausführlich
von dem großen indischen Meister Nâgârjuna des Mittleren Weges und der Leerheit. Was sagt dieser große indische
Meister zur zur Buddha-Natur?.[i] Er
legt den Schwerpunkt auf die unauflösbare
Verbindung der Buddha-Natur mit dem Körper und der Form. Eine getrennte
Buddha-Natur von dem Handeln im Alltag und von anderen Menschen lehnt er ab!
Nâgârjuna stammte aus dem
Westen Indiens[ii]
und ging dann nach Südindien. Seine Lebensgeschichte ist von vielen zum Teil
fantastischen Mythen umrankt, aber zweifellos ist er einer der wichtigsten
Meister des Buddhismus insgesamt, und er gilt als bedeutendster Meister des
Madhyamaka, Mahâyâna in Indien, Tibet, China Japan usw.. Als größte Leistung
wird ihm die Formulierung der Leerheit
und des Entstehens in Wechselwirkung – zwei Eckpunkte des Buddhismus –
zugeschrieben. Es ist spannend, wie Dôgen die Lehre Nâgârjunas interpretiert.
Er schreibt, dass damals im
Süden Indiens eine stark vereinfachte Lehre des Karma-Gesetzes vorherrschte. Es
war das Ziel der meisten Buddhisten, als Gegenleistung für gute Taten ein gutes
Karma zu erhalten, das ein glückliches Leben und vor allem eine gute
Wiedergeburt garantierte. Ihr zentrales Anliegen war also ganz einfach das
„Karma-Glück“. Aus ihrer Sicht war die Lehre von der Buddha-Natur unwichtig und
sogar nutzlos, weil sie zum Karma-Glück
nichts beitragen konnte.
Nâgârjuna sagt aber etwas
ganz anderes:
„Wenn ihr die Buddha-Natur
verwirklichen wollt, müsst ihr zuerst den Ich-Stolz überwinden und beseitigen.“
Er bezeichnet die egozentrierte Haltung des Ich-Stolzes
als gravierende Hürde, die es den Menschen unmöglich macht, die Buddha-Natur zu
verwirklichen. Das heißt, dass jeder egoistische Ich-Bezug und jede
Konzentration allein auf sich selbst die Erfahrung dessen, was mit Buddha-Natur
bezeichnet wird, verhindert. Das Streben nach dem eigenen Vorteil durch ein
gutes Karma muss als spiritueller
Egoismus gesehen werden.
Die meisten psychischen
Störungen, die in der neueren Psychologie untersucht werden, sind gerade
dadurch gekennzeichnet, dass sich die Menschen hinter einer oft
unüberwindlichen Ich-Barriere verschanzen
und aus diesem selbst gewählten und eingeübten Gefängnis nicht mehr herauskommen. Viele neuere Interpretationen
der Achtsamkeit tappen ebenfalls in die Falle der Ich-Zentrierung, indem man die Aufmerksamkeit und Achtsamkeit
allein auf sich selbst bezieht und sich dabei auf sein Selbst fixiert anstatt
sich zu öffnen und Empathie zu entwickeln.