Meister Onuma: Das Momentum
Was hat
das mit Bogenschießen zu tun? Ist nicht der Bogen seit vielen Jahrtausenden
eine Waffe zur Jagd und zum Kampf, wie wir dies von den
amerikanischen Indianer wissen? Das mag sein, aber japanische Bogenschießen ist
viel mehr. Denn als spirituelle
buddhistische Praxis ist es genau der klare Weg zu sich selbst.
Und
wann ereignet sich dieser Buddha-Augenblick beim Bogenschießen? Genau wenn
unser Körper seine Aufgabe der richtigen Haltung, des Hebens und Spannens des
Bogen usw. erledigt hat und wir Ruhe, Kraft und Gleichgewicht erlangt haben.
Dann
geben wir "den Stab an das Göttliche
weiter", so zitiert der große Kyudo-Meister Onuma[1]. Dann
sind wir genau im spirituellen Flow des Jetzt. Nietzsche sagt dazu: Wir müssen
den Pfeil über uns selbst hinaus werfen und unser kleines angepasstes Ich
hinter uns lassen:
Wenn Körper
und Geist ihre Aufgabe getan haben, geben wir hier und jetzt den Stab weiter an das Universum, das Göttliche: das Buddha-Momentum. Und das ist der berühmte ZEN-Augenblick des Bogenschießens: ES trifft mit direkter einfacher Klarheit von selbst. Und das eigene, oft verhärtete Ich stört wirklich nicht mehr.
Dann
hat sich die Trennung von Körper, Geist, Bogenschießen und Buddha aufgelöst. Wo
sind denn in diesem Momentum irgendwelche Unterschiede? Sie sind überhaupt nicht zu finden!
Eugen
Herrigel zitiert seinen japanischen Lehrer in dem berühmten Buch, ZEN in der Kunst des
Bogenschießen,: "Soeben hat ES geschossen". Und weiter, dass er dann seinen Bogen-Lehrer fassungslos anstarrte: "Als ich endlich begriffen hatte, was er
meinte, konnte ich die jäh aufbrechende Freude darüber nicht
unterdrücken". Warum sollte er denn auch die Freude und deren wunderbare Kraft unterdrücken?