Der große Zen-Meister Dogen beschreibt im dritten Kapitel
seines berühmten Werkes Shobogenzo, wie wir die Buddha-Wahrheit für unsere
eigene Wahrheit entdecken, erlernen und entwickeln:[1]
Uns zu erlernen, ist Buddhas
Wahrheit zu erlernen. Uns zu erlernen, bedeutet das falsche Ich zu vergessen. Um das falsche Ich zu vergessen, erfahren wir die vielen, vielen wahren Dharmas der Welt. Von den vielen
Dharmas erfahren zu werden, bedeutet dass wir fallen lassen unseren Körper und
(alten) Geist. Es bedeutet, dass wir den Körper und Geist der äußeren (alten) Welt
fallen lassen.
Wir
sollten uns also auf dem Buddha-Weg von vorgefassten und eingefahrenen
Gedanken, Vorstellungen und Gefühlen befreien, um offen für eine neue
Entwicklungen der Wahrheit zu sein. Buddha bezeichnet diesen Befreiungsprozess
von schädlichen und unnützen Prägungen als "Gemeinsames Entstehen in Wechselwirkung", also besonders
zusammen mit anderen Menschen und einer guten Gruppe.
Solche
Prägungen sind vielfach unbewusst, aber auf dem Buddha-Weg trainieren wir, wie
sie zur Ruhe kommen. Einengende Prägungen und negative Weltsichten können also
durch buddhistische Praxis "wegtrainiert" werden und verschwinden
damit. Aus der Gehirnforschung wissen wir, dass gerade unser heilsamer Geist und
unsere positiven Gefühle trainiert werden können. Dieses Training funktioniert
ganz ähnlich, als wenn wir unserer Muskeln trainieren. Hast Du das gewusst? Und
wir wissen ja: Ohne Training und Übung schrumpfen unsere Muskeln schneller als
man denkt. Aber mit Training wachsen sie und werden kräftiger genau wie unser
Geist und unsere Gefühle wachsen können.
Nach
Dogen ist es notwendig, sich für die Vielfalt der lebendigen Welt zu öffnen,
sie zu erfahren und uns so zu "trainieren". Abgrenzungen führen in
die Einsamkeit. Es ist möglich, sich von den einengenden Fixierungen auf den subjektiven
Körper und von festgefahrenen altem Geist, also dem erstarrten Ich, zu
befreien. Dogen sagt dazu: „Körper und
den (unnütz denkenden) Geist fallen lassen“. Wir können uns dann selbst
wirklich erkennen und unser altes Ich vergessen:
„Zen-Geist
ist Anfänger-Geist“ nannte das Meister Shunryu Suzuki. Wir sollten die
oberflächliche sogenannte objektive Welt des Äußeren, den erstarrten Körpers
und den eigenen ruhelosen Geist „fallen
lassen“. Im Sinne von Nishijima Roshi bedeutet dies nichts anderes, als
sich von den Lebensphilosophien des einseitigen
Materialismus und der Ideologien zu trennen. Dadurch befreien wir uns von den beengten
Vorstellungen und Gedanken-Konstrukten. Wir sollten uns auch nicht
in der einseitigen Welt der sinnlichen Wahrnehmungen und in deren
vordergründigen Genüssen verlieren. Denn solche Genüsse sind keine wirklichen
Genüsse.
Die
meisten Menschen haben sicher eine mehr oder minder feste Vorstellung von einem
unveränderlichen eigenen Ego. Das blockiert die wunderbaren Möglichkeiten der
Entfaltung des wahren Selbst. Der unbegründete westliche Glaube an einen
erstarrten Ich-Kern führt ins Leiden. Das wahre Ich ist viel mehr! Gautama
Buddha hat in aller Klarheit darauf hingewiesen, dass ein solcher Ich-Kern ein
fataler Irrtum und eine sinnlose Illusion ist. Also: das alte erstarrten Ich abtrainieren und
vergessen.
Dann wird das Buddha-Momentum des wahren Selbst verwirklicht.
Weiterlesen für Interessierte
Dann wird das Buddha-Momentum des wahren Selbst verwirklicht.
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[1]
Dogen: Shobogenzo, Genjo koan, deutsche Fassung Nishijima
und Linnebach Band 1, Seite 58; englische Fassung Nishijima und Cross Band 1,
Seite 34