Erleuchtung
ist die reale Erfahrung, dass wir genau hier und jetzt in der wirklichen
Welt leben,
die sich grundsätzlich von unserem Denken und von der Sinneswahrnehmung
unterscheidet und beides weit übersteigt.[1]
Es ist eigentlich eine einfache Tatsache, dass wir genau in dieser Wirklichkeit
des gegenwärtigen Augenblicks leben. Vor etwa 2.500 Jahren fand Gautama Buddha
diese Tatsache und lehrte sie vielen Menschen, welche die Wahrheit ernsthaft
studieren und erlangen wollten. Sie strengten sich sehr an, um diese Wahrheit
direkt zu erfahren. Solche menschlichen Anstrengungen wurden in den vielen
Jahrhunderten seit jener Zeit vielfach unternommen. Sie sind unauflösbar mit
der Zazen-Praxis des Buddhismus verbunden, da diese eine enorme
Leistungsfähigkeit und Wirksamkeit auszeichnet, die Menschen zur Wahrheit und
zum Glück zu führen.
Die Arten der Erleuchtung
Seit jeher
kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen um verschiedene Arten der
Erleuchtung, nämlich einerseits um die plötzliche Erleuchtung, japanisch Ton-go, und andererseits die allmähliche
Erleuchtung, japanisch Zen-go. Der
Begriff Ton-go bedeutet, dass
plötzlich eines Tages die Erleuchtung erscheint, wenn wir fortgesetzt und über
eine ziemlich lange Zeit Zazen praktiziert haben. Ton heißt „schnell“ und go „Erleuchtung“.
Im Gegensatz dazu bedeutet bei dem japanischen Wort Zen-go der Begriff Zen
„allmählich“. Zen-go steht also für
eine allmähliche Erleuchtung. Meister Dogen bestätigte sowohl Ton-go als auch Zen-go.
Verschmelzung der plötzlichen und allmählichen Erleuchtung
Nachdem ich
diese Theorie der Erleuchtung gefunden hatte und sie sich immer wieder als
richtig erwies, entwickelte sich bei mir durch die Praxis des Zazen Schritt für
Schritt ein Verständnis der verschiedenen buddhistischen philosophischen Fragen
und Probleme und schließlich erreichte ich das meines Erachtens vollständige
Verständnis der buddhistischen Lehre. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass
es für mich ohne die Einsicht in den klaren Zusammenhang von buddhistischer
Erleuchtung und dem Gleichgewicht des vegetativen Nervensystems nicht möglich
gewesen wäre, die umfassende Bedeutung der buddhistischen Lehre und Philosophie
als Gesamtsystem überhaupt zu verstehen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich
sonst niemals die höchste Bedeutung des Buddhismus überhaupt erfahren hätte.
Der Kernpunkt
der Kontroverse zwischen den Anhängern der plötzlichen Erleuchtung (Ton-go) und der allmählichen Erleuchtung
(Zen-go) kann nun geklärt und damit
dieses Problem gelöst werden. Wir bauen dabei auf der Theorie des Zazen auf,
nach der die erste Erleuchtung genau und unmittelbar das Gleichgewicht im Zazen
und des vegetativen Nervensystems ist.
Zazen und die Lebensphilosophie des Handelns
Wenn wir die
theoretische Seite des Zazen erklären wollen, stoßen wir auf ein bestimmtes
Problem, das wir zuerst angehen sollten. Zazen kann nämlich auf keinen Fall in
den Bereich des Denkens und der gedanklichen Überlegungen eingeordnet und auch
nicht der Sinneswahrnehmung zugerechnet werden. Zazen gehört tatsächlich in den
Bereich des Handelns im Hier und Jetzt. Wir sollten bei der buddhistischen
Theorie im Wesentlichen dem Grundsatz der vier Lebensphilosophien folgen:
Idealismus, Materialismus, Handeln und die Wirklichkeit selbst. Diese vier
Lebensphilosophien kann man wiederum in zwei Gruppen gliedern, sodass wir auf
der einen Seite den Idealismus und Materialismus haben und auf der anderen
Seite das Handeln und die Wirklichkeit selbst. Dabei sind Idealismus und
Materialismus in der europäischen und amerikanischen Kultur weit verbreitet,
denn beide philosophische Richtungen und Weltanschauungen sind seit der antiken
griechisch-römischen Kultur im Westen immer weiterentwickelt worden.
Das wirkliche
Handeln kann niemals in der Vergangenheit stattfinden und es kann auch niemals
in der Zukunft liegen, sondern das wirkliche Handeln geschieht nur genau hier
im jetzigen Augenblick. Dagegen ist die Vergangenheit nur Erinnerung und die
Zukunft nur gedachte Erwartung. Eine solche wirkliche Zeit der Gegenwart ist
Grundlage des Handelns im gegenwärtigen Augenblick.
Deshalb sagte einer alter Meister: "Erleuchtung ist Feuerholz tragen und Wasser schöpfen!"