Die Inhaftierten und Verurteilten der Gefängnisse haben meist ein schweres Leben und sind verbittert. Wie können sie wieder Lebensmut und Frieden mit sich, anderen und der Umwelt entwickeln? Das ist keine leichte Aufgabe, aber sehr sinnvoll und notwendig. Denn irgendwann geht es zurück in ein "normales" Leben. Aber was ist eigentlich normal in der heutigen Zeit mit Stress, Fake-News und Einsamkeit? Antwort: Wir alle sollten die Dankbarkeit wieder entdecken
In Japan wurde in den
fünfziger Jahren die Methode Naikan
entwickelt, die sich auch in Deutschland bewährt hat und kürzlich in BUDDHISMUS AKTUEL in
zwei Artikeln sehr klar und für mich überzeugend beschrieben wird.[1]
Worum geht es dabei im Kern? Dazu wurde eine wirksame und genau in Schritten
ausgearbeitete Methode entwickelt die
transformierende Kraft der Dankbarkeit, um trotz des schweren Schicksals zur
Dankbarkeit zurück zu finden. Oder besser gesagt, eine neue psychische Energie
zu schaffen, die eine Umkehr und einen Neustart des eigenen Weges leistet.
Verurteilte und Inhaftierte Menschen sind
allein oft nicht in der Lage, den Zweifel oder Hass auf sich selbst und andere zur "Ruhe
kommen zu lassen", wie Buddha sagen würde. Sonst kann es keine Dankbarkeit und kein
Mitgefühl für andere geben, also für Verwandte und Freunde. Und auch für sich selbst. Aber wem schaden
der eigene Hass und die eigene Undankbarkeit eines so getroffenen Menschen?
Sich selbst! Wem den sonst. Weder ein aufgeblasener Heldenstatus noch die ich-zentrierte
Verzweiflung überwinden das eigene Leiden. Denn "Kummer, Jammer, Gram und
Verzweiflung" sind gerade zentrale Ursachen des Leidens, wie es in den
Vier Edlen Wahrheiten überzeugend heißt.
Durch intensive und sehr
konkrete Re-Aktivierung der eigenen Erlebnisse mit wichtigen Menschen in der
Vergangenheit gelingt die Umwandlung von negativen gespeicherten Informationen
und Gefühlen. Das ist ein konsequenter Weg in das eigene Innere, eine sehr
wirksame Reise zu sich selbst. Diese Funktionen sind auch durch aktuelle Ergebnisse
der Gehirnforschung nachgewiesen. Denn unser Gehirn ist "plastisch"
und verändert sich durch eigene Initiative, durch geistiges und psychisches
Handeln hier und jetzt, wie es im Zen heißt.
Bei der Methode von Naikan stehen drei Frage und deren Bearbeitung im Mittelpunkt:
Was hat der bestimmte Mensch für mich getan?
Was habe ich für diesen Menschen getan?
Womit habe ich ihm oder ihr Schwierigkeiten bereitet?
Daraus entwickelt sich
Offenheit. Alte Krusten und dogmatisierte Abwehr-Mechanismen brechen auf und
ein neuer Weg kann begangen werden. Oder einfacher gesagt: Die eigenen geistigen und psychischen Gifte werden entsorgt. Das ist Leerheit von Gier, Hass und Verblendung. Die Reise in neue Lebenswelten geht los! Mein Lehrer Nishijima Roshi hatte diese Reise gemacht. Er war der dankbarste und glücklichste Mensch, den ich kenne.
Dann brechen sogar im Knast Glückgefühle auf: "So viel Glück auf einmal! Mehr kann ich nicht
aushalten." Sagt jemand, der wegen schwerer Verbrechen verurteilt wurde.
Hättest du das gedacht?
Kritiksucht ist eines Fünf
Hemmnisse auf dem Weg der Befreiung. Dankbarkeit
überwindet solches Leiden: Genau hier und jetzt! Im Gefängnis und im normalen
Leben.